Das Haus der Seelen: Roman (German Edition)
mit dem Projekt oder dem Carnacki-Institut zu tun haben. Wir müssen rausfinden, wer diese Leute sind. Bevor sie etwas noch Übleres anrichten als das hier.«
»Könnten wir bitte erst einmal einen Tag freinehmen?«, bat Happy. »Ich bin so müde, dass ich jederzeit in den Rückwärtsgang fallen könnte.«
»Na klar.« JC grinste seine Leute breit an. »Immer nur Arbeit und kein Vergnügen ist doch Scheiße. Aber trotzdem würde ich eins gern wissen – wie die Welt ausgesehen hätte, die die Neuen Menschen geschaffen hätten. Ob es wirklich so etwas wie das Paradies gewesen wäre …«
Kapitel 9
Sturmreiter
Ein paar Stunden später außerhalb des Chimera House
Die Nacht war beinahe vorbei. Die Sonne kämpfte sich schon über den Horizont und schob die Dunkelheit mit roten und goldenen Streifen fort. Die Schatten waren nicht mehr so tief oder so bedrohlich, und ein paar optimistische Vögel sangen bereits. Der Londoner Verkehr erhob sich, das gedämpfte Rauschen war in der Ferne kaum hörbar. Doch es war immer noch bitterkalt.
Das Carnacki-Institut hatte sämtliche Anstrengungen unternommen, um das Chaos, das die letzte Mission hinterlassen hatte, zu beseitigen. Dutzende Menschen rannten die Straße vor dem Chimera House auf und ab. Alle möglichen Spezialisten waren darunter, alle sahen so aus, als hätten sie den Durchblick. Oder wenigstens versuchten sie, so geschäftig auszusehen, dass man sie nicht anschrie. Einige waren in der Lobby und zeichneten mit einer beeindruckenden Phalanx von Geräten Daten auf. Andere waren bereits tiefer und höher ins Gebäude eingedrungen und säuberten es gründlich, bevor den üblichen Behörden erlaubt wurde, es zu betreten. Alle Spuren des Seltsamen und Unheimlichen und überhaupt alle Indizien, die geringeren Sterblichen Albträume beschert hätten, wurden entfernt. Wissenschaftliches Gerät wurde beseitigt, Computerfestplatten gelöscht und bestimmte Objekte eingetütet und zur Untersuchung und Obduktion – oder gleich für den Ofen – abtransportiert.
Jeder bewegte sich schnell und arbeitete hart, weil der Straßenblock schon zu lange abgesperrt und isoliert worden war. Die Leute hätten anfangen können, Fragen zu stellen. Obwohl das Carnacki-Institut dafür gesorgt hätte, dass sie – zu ihrem eigenen Wohl! – keine Antworten erhielten. Der beste Weg, ein Geheimnis zu wahren, ist sicherzustellen, dass keiner genug weiß, um zu kapieren, welche Fragen gestellt werden müssen.
JC, Happy und Melody warteten geduldig vor dem Chimera House und wurden von dem institutseigenen medizinischen Team untersucht. Das bestand in so kurzer Zeit und zu so einer unchristlichen Stunde am Morgen nur aus einem Krankenwagen mit Fahrer, einer verschlafenen Krankenschwester und ein paar Sanitätern. JC war bereits durchgecheckt und für kerngesund erklärt worden. Er setzte für die Krankenschwester sein elegantestes Lächeln auf, als er sein eiskremfarbenes Jackett wieder anzog.
»Natürlich geht’s mir großartig«, erklärte er würdevoll. »Das hätte ich Ihnen gleich sagen können. Mir geht’s immer gut.«
»Eigentlich siehst du so aus, als habe dir etwas Großes und sehr Entschlossenes den Arsch versohlt«, sagte Melody.
»Richtig«, bestätigte JC geduldig. »Aber abgesehen davon geht’s mir gut.«
»Na prima«, murmelte Kim. »Ich hatte mir schon ein klein wenig Sorgen gemacht.« Keiner konnte sie im Moment sehen oder hören. Sie hatte sich unsichtbar gemacht, um die Hinzugekommenen nicht zu erschrecken – und weil sie Fremden gegenüber immer noch schüchtern war. JC konnte ihre Gegenwart in seiner Nähe spüren wie den Duft einer wilden Rose oder die Wärme eines kaum spürbaren Atems auf seiner Wange.
Happy saß hinten im Krankenwagen und nippte an einem Becher heißer Hühnersuppe, auf dem der legendäre Satz Er ist tot, Jim stand. »Ich fühle mich ebenfalls besser, wenn es irgendjemanden interessiert. Die Suppe ist übrigens gut. Ein guter Anfang. Mag jemand den Pizza-Service anrufen? Wenn wir alle zusammenwerfen und die ganz große bestellen, dann kriegen wir sie mit Käsekruste.«
Die Krankenschwester brachte ihn zum Schweigen, indem sie ihm ein Thermometer in den Mund steckte. Sie hatte schon Blutproben genommen und schüttelte traurig den Kopf. Happy hob eine Augenbraue.
»Glauben Sie nicht alles, was Ihr Chromatograph ausspuckt«, sagte er vorsichtig um das Thermometer herum. »Es war ein Notfall. Ich nehme keine Pillen mehr. Nun, jedenfalls nicht so
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