Das Haus der Sonnen
Vielleicht würde Hesperus auf diese Weise seinen Wünschen klarer Ausdruck verleihen können.
»Ich danke Ihnen«, sagte ich, als ich mich wieder gefasst hatte. »Ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar.«
»Hatten Sie erwartet, dass wir Sie behindern würden?«, fragte Kaskade mit dem Anflug eines Lächelns.
»Ich wäre nicht verärgert gewesen, wenn Sie meinen Vorschlag abgelehnt hätten. Er ist unser Gast, aber er ist auch einer der Ihren. Wenn Sie einen besonderen Anspruch auf ihn geltend gemacht hätten … dann hätte ich mich nicht gesträubt.«
»Aber Sie wären betrübt gewesen«, sagte Kadenz.
»Ja. Ich hätte das Gefühl gehabt, ihn im Stich gelassen zu haben.«
»Das wollten wir verhindern. Sie haben sich bis jetzt um ihn gekümmert, und dafür sind wir Ihnen sehr dankbar.« Kaskade wandte das Gesicht seiner silbernen Begleiterin zu, dann sah er wieder mich an. »Wann dürfen wir Ihr Schiff besuchen, Portula?«
»Sobald mir das Einverständnis meiner Familie vorliegt, dass ich mit dem Shuttle in den Orbit fliegen darf. Das sollte kein Problem sein, doch es dürfte ein paar Stunden dauern.«
Kadenz neigte den Kopf. »Dann werden wir auf Ihre weiteren Anweisungen warten.«
Fünfzehn
Am frühen Nachmittag des ersten Tages auf Neume wurden die anderen drei Splitterlinge, die wir an Bord hatten, aus der Stasis geholt. Als sie auf das große Landedeck hinaustraten, auf dem wir uns am Abend zuvor versammelt hatten, wirkten sie verwirrt und misstrauisch, als könnten sie an diese Wendung ihres Geschicks nicht recht glauben. Es war, als wären sie aus einem Traum erwacht und könnten das Gefühl nicht abschütteln, sie wären in einen neuen Traum eingetreten, aus dem sie jederzeit aufgeweckt werden konnten.
Als sie die anwesenden Splitterlinge, Gäste und einheimischen Politiker begrüßt hatten – es waren weniger Personen erschienen als am Abend zuvor, doch das würden Luzerne, Melilo und Valeria nie erfahren -, kamen sie zu Portula und mir herüber.
»Akonit hat uns erzählt, was passiert ist, Campion«, sprach Melilo mich an. »Was ihr für uns getan habt, dafür werden wir uns niemals revanchieren können.«
»Ihr hättet das Gleiche getan«, sagte ich.
»Das würde ich gern glauben, doch ich werde es niemals erfahren. Ihr aber habt es tatsächlich getan, im vollen Bewusstsein der Risiken. Ich danke euch, Campion und Portula. Ich bin stolz, ein Gentianer zu sein.«
»Es steht eine Rüge im Raum«, sagte ich und vergewisserte mich mit einem Blick über die Schulter, dass Betonie nicht in Hörweite war. »Wenn es zur Abstimmung über unsere Bestrafung kommt, sind Portula und ich auf die Stimmen all unserer Freunde angewiesen.«
»Das darf doch nicht wahr sein«, sagte die dunkelhäutige Valeria.
»Doch, leider ist es wahr«, sagte Portula. »Aber jetzt, wo ich weiß, dass wir wenigstens ein paar Verbündete haben, fühle ich mich schon wieder besser.«
»Ihr habt mehr Verbündete, als ihr glaubt«, sagte Luzerne. Dann musterte sie die anderen beiden scharf. »Was ist mit Grilse und den anderen Gefangenen passiert?«
»Sie sind hier«, antwortete ich. »Befinden sich noch in der Stasis. Mezereum wurde damit beauftragt, Informationen aus ihnen herauszuholen.«
»Dann wird sie das auch tun«, meinte Valeria.
»Aus deinem Mund klingt das so, als wäre das etwas Schlechtes.«
Melilo senkte die Stimme. »Als es darum ging, Grilse zu befragen, war Mezereum … ausgesprochen eifrig bei der Sache.«
»Ich an ihrer Stelle wäre auch eifrig gewesen«, sagte Portula.
»Aber nicht so sehr wie Mezereum. Wir hätten sie beinahe zurückhalten müssen. Wir wollten nicht, dass die Gefangenen sterben, bevor wir etwas Nützliches in Erfahrung gebracht haben. Und jetzt soll sie die Befragung leiten?«
»Man wird sie beaufsichtigen«, sagte ich.
»Dazu kann ich nur dringend raten«, meinte Luzerne. »Keinen von uns schert es, was aus Grilse wird – meinetwegen kann man ihn ruhig den Wölfen zum Fraß vorwerfen. Aber erst dann, wenn der Scheißkerl geredet hat.«
Der Nachmittag verlief ereignisreich. Miere traf die nötigen Vorbereitungen, um meinen Strang anhand des Gedächtnisinhalts der überlebenden Splitterlinge zu rekonstruieren, was bedeutete, dass wir alle uns einem heiklen, zeitraubenden Gehirnscan unterziehen mussten. Das Problem dabei war nicht die Vorbereitung der Geräte, denn die erforderlichen Apparate ließen sich mühelos anhand der standardmäßigen Realisator-Daten
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