Das Haus der Tänzerin
Stiefel klapperten auf dem Fliesenboden.
»Buenos días.« Eine Empfangsdame blickte lustlos hinter einer alten mechanischen Schreibmaschine auf. Ihre langen glatten Haare fielen über eine gerüschte Nylonbluse, und sie wirkte etwa so enthusiastisch wie die verstaubten Plastikblumen auf dem Deckchen neben ihr.
»Buenos días, Señorita«, sagte Emma vorsichtig. »Es tut mir leid, mein Spanisch ist ein wenig eingerostet.«
Das Mädchen zuckte mit den Schultern. »Mein Englisch auch.«
»Ich heiße Emma Temple. Meine Assistentin wollte Sie anrufen …«
In einem Büro nebenan kratzten metallene Stuhlbeine über die Fliesen.
»Fidel! Hey! Fidel!«, rief das Mädchen. Eine Rauchwolke kündigte ihn an. Ein untersetzter Mann in einem selbstgestrickten Pullover kam mit einer schwarzen Zigarette zwischen den Zähnen heraus und streckte ihr seine Wurstfinger entgegen. Dicke graue Haare fielen ihm über die Augen. Emma schätzte ihn etwa auf das Alter ihrer Mutter.
» Encantado . Fidel Pons Garcia. Kommt Ihr Mann noch dazu?«
»Mein Mann?«
»Ach, geht mich nichts an, wie?« Er warf dem Mädchen, das dem Gespräch neugierig lauschte, einen Blick zu. »Maria!« Er klatschte in die Hände, und sie tippte weiter. Aus einem Schrank holte er einen großen Ring mit Schlüsseln daran.
Emma trat hinaus auf den Gehsteig. »Es ist schön hier. Wohnen Sie in der Stadt?«
»Ich? Nein, ich wohne in dem alten Haus meiner Eltern in La Pobla, nicht weit von der Villa del Valle.« Er führte sie zu einer Seitenstraße. »Mein Auto steht dort drüben. Sie müssen wissen, ich arbeite mit meinen fünf Brüdern und meiner Schwester zusammen. Wir wohnen alle in einem Haus, arbeiten zusammen …« Er warf die Zigarette in den Rinnstein, als sie um die Ecke bogen.
»Sie können sich glücklich schätzen«, sagte Emma. »Es ist wunderbar, eine große Familie zu haben.« Jemand rief Fidel aus einem Auto heraus etwas zu, und Fidel trat einfach zwischen die Autos. Er beugte sich zum Fahrerfenster hinab und hielt ein freundliches Schwätzchen, während sich der Verkehr hinter ihnen staute. Niemand hupte. Als das Gespräch beendet war, winkte Fidel großzügig, und alle fuhren weiter.
»Wollen Sie allein in dem Haus wohnen?«, fragte er, während er mit kurzen federnden Schritten über den Gehsteig ging. Neben einem kleinen, verbeulten Seat blieb er stehen und sperrte auf.
»Ja.« Emma hatte Mühe, mit ihren langen Beinen Schritt zu halten.
Schulterzuckend öffnete er ihr die Tür. »Sie sind mutig. Das halbe Dorf glaubt, dort spukt es.« Er schob einen Stapel Papier in den Fußraum. Als Emma sich in das Auto setzte, roch es nach feuchtem Hundefell. Beim zweiten Versuch sprang der Motor an.
»Ach ja?«
»Die andere Hälfte hält es für verflucht.«
Sie fuhren ein kurzes Stück aus der Stadt hinaus und befanden sich bald inmitten von Orangenhainen und Zwiebelfeldern. Er bog von der Hauptstraße in Richtung eines kleinen Dorfes ab und fuhr auf einem Nebenweg hinter den terrakottagefliesten Häusern vorbei. Emma kurbelte das Fenster herunter und atmete tief ein. Sie roch feuchte Erde, den klaren, grünen Duft des Wassers, das durch die Bewässerungsgräben floss. Unter einem alten Olivenbaum neben dem Friedhof drängten sich braune Schafe. Fidel deutete den Hügel hinauf zu zwei hohen schmiedeeisernen Toren in einer massiven weiß getünchten Mauer. Darüber ragte ein viereckiger Glockenturm mit einem maurischen Bogen auf.
»Da ist es.« Eine Staubwolke wirbelte auf, als er plötzlich abbremste. »Lassen Sie sich Zeit, ich sperre schon mal die Tore auf.«
Als sie ihn eingeholt hatte, stritt Fidel mit einem Marokkaner, der vor den Haupttoren Teppiche und Rosen verkaufte. Gestikulierend brachte er dem Mann bei, ihnen aus dem Weg zu gehen.
»Nein, das ist schon in Ordnung, wirklich«, sagte Emma. Sie fuhr mit dem Finger über ein angeschlagenes Keramikschild: »Villa del Valle«.
»Das ist jetzt Ihr Haus. Das müssen Sie nicht dulden.«
»Aber die Blumen sind schön.« In ihrer Tasche fand sie einen Geldschein und reichte ihn dem Mann. »Hallo. Ich heiße Emma.«
»Aziz.«
Aus der Nähe erkannte sie, wie jung er war. Sie schätzte ihn auf vielleicht fünfzehn, sechzehn Jahre. »Du kannst bleiben, das ist in Ordnung. Es ist mein Haus.« Nickend reichte er ihr einen Arm voll Rosen.
»Seien Sie vorsichtig.« Der Makler sah den Jungen finster an. »Solche Leute sind hier nicht willkommen.«
»Mauren und Christen? Ich habe alles über das
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