Das Haus der Tänzerin
hat jetzt seine Tochter.« Paloma bestellte ein Glas Wein. »Tut mir leid, dass ich zu spät komme. Wartest du schon lange?« Sie wühlte in ihrer Handtasche nach ihrem Handy. »Mamá … nun ja. Du hast sie ja jetzt kennengelernt. Sie sollte heute Abend auf die Kinder aufpassen, damit Olivier und ich ins Theater gehen können, aber wir haben uns gestritten.« Sie machte eine Geste, als würde eine Bombe explodieren. »Deshalb habe ich Luca gefragt, aber er kommt nicht rechtzeitig aus Madrid zurück. Ich muss Olivier anrufen und absagen …«
»Ich kann sie nehmen«, sagte Emma.
»Nein, das geht doch nicht.«
»Wirklich, das würde ich gerne. Bring sie doch am Spätnachmittag bei mir vorbei, ich mache sie bettfertig, und Luca kann sie später abholen.«
»Wirklich?« Palomas Miene erhellte sich. »Wir sind schon so lange nicht mehr abends ausgegangen. Ich habe ganz vergessen, wie es ist, ein Rendezvous mit meinem Mann zu haben.«
»Das wird eine gute Übung für mich.« Emma lehnte sich wieder zurück. »Und, ist es dir gelungen, von Macu etwas über das Haus zu erfahren? Ich würde ja zu gerne wissen, warum dieses Zimmer versiegelt war.«
Paloma schüttelte den Kopf. »Ich merke ihr an, dass sie darüber sprechen möchte, aber irgendetwas hält sie zurück. Mamá weiß es auch, da bin ich mir sicher, aber sie will es mir nicht sagen.« Sie beugte sich vor. »Ich glaube, es ist irgendetwas Beschämendes für meine Familie.«
»Ich will dir keine Schwierigkeiten machen. Ich habe Freya gefragt, aber sie will auch nicht darüber reden.« Emma schwenkte das Wasser in ihrem Glas, und die Bläschen perlten in der Sonne. »Ich wünschte, sie würde sich öffnen. Ich habe das Gefühl, sie trägt schon lange eine Last mit sich herum.«
»Ich glaube, viele Menschen, die den Krieg miterlebt haben …« Paloma zögerte. »Sie sind der Meinung, Erinnerungen sollten im Verborgenen bleiben.«
»Auf welcher Seite war deine Familie?«
Paloma war über die Direktheit dieser Frage irritiert. »So einfach ist das nicht. Viele Familien wollten einfach über die Runden kommen, ein friedliches Leben führen. Mein Großvater Ignacio war ein guter Mensch, aber es war schwer für sie, denn …« Sie lehnte sich zurück und seufzte. »Ich glaube, es war bekannt, dass Macu eine Rote war, und Rosa genauso. Wahrscheinlich steckten sie in irgendwelchen Schwierigkeiten. Es ist ein kleiner Ort, die Leute reden. Mamá … sie macht gern alles richtig. Ihr ist der gute Ruf des Namens Santangel sehr wichtig. Vergangenheit ist Vergangenheit.«
»Ist das der Grund, weshalb deine Mutter mich nicht mag? Kommen alte Erinnerungen hoch, weil ich in dem Haus wohne?« Emma sah sie an. »Das ist also auch der Grund, weshalb sie nicht möchte, dass ich mit Luca zusammenarbeite.«
»Sie will ihn schützen, aber mein Bruder ist ja schon groß.« Paloma lächelte. »Wir haben es ihm zu verdanken, dass die Santangels so erfolgreich sind. Er hat den Landbesitz und unser Vermögen verdoppelt.«
»Wirklich?«
»Mein Bruder, das stille Wasser.« Sie trank einen Schluck Wein. »In den letzten Jahren hat er vielleicht zu hart gearbeitet.«
Das Gefühl kenne ich, dachte Emma. »Erzähl mir von Luca.«
»Was möchtest du wissen?«
Emma errötete und spielte am Stiel ihres Glases. »Hat er eine Freundin? Ich meine, ich weiß, er interessiert sich nicht für mich … aber warum hat er keine liebevolle Frau und eine Schar Kinder?«
»Ach, er hat viele Verpflichtungen.« Sie sah Emma in die Augen. »Manche Männer sind so – sie gehen völlig in der Arbeit auf …«
»Aber ich meine, er ist so … es muss doch Frauen gegeben haben?«
»Du meinst Sex? Natürlich hatte er … hat er Freundinnen. Er ist einfach kein Familienmensch.«
»Nein.« Emma schüttelte den Kopf. »Ich habe etwas in seinen Augen gesehen, wenn er mit deinen Kindern spielt – es ist Liebe, aber da ist noch etwas … Kummer vielleicht. Er wurde verletzt. Ich weiß, wie das ist … ich erkenne es.«
»Eine ganze Menge Frauen haben versucht, sein Herz für sich zu gewinnen. Vergeblich. Ich mag dich, Emma. Erspar dir weitere Schmerzen. Du hast schon zu viel durchgemacht. Wenn du eine Beziehung willst, einen Vater für dein Kind, da kann ich dir einige Männer nennen, die dich anbeten würden. Setze deine Hoffnungen aber nicht auf Luca.«
»Natürlich nicht. Und, nein, ich brauche niemanden. Es hat fast ein Jahr gedauert, bis ich mich wieder stark fühlte. Ich will nicht riskieren
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