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Das Haus der toten Mädchen

Das Haus der toten Mädchen

Titel: Das Haus der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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ließen.
    Mrs. King schrubbte dieselben Flächen, die sie gestern geschrubbt hatte – vielleicht in der schwachen Hoffnung, dass sie
noch
sauberer würden –, behielt dabei den Kopf gesenkt und bewegte im stummen Gebet die Lippen. Sie tat jedes Mal einen Satz, wenn er die Küche betrat, um sich mehr Kaffee zu holen, und schließlich bekam er Mitleid mit ihr und beschloss, sie eine Weile von seiner vermeintlich teuflischen Gegenwart zu befreien. Er brauchte ein Schläfchen, aber in seinem Haus würde er heute keine Ruhe finden.
    Auch zum Gasthaus konnte er nicht hinübergehen, so verlockend der Gedanke auch war. Im Augenblick hätte er nichts lieber getan, als sich an Sophies sinnliche Gestalt zu schmiegen und so einzuschlafen, aber sie wäre vermutlich mit einem Küchenmesser auf ihn losgegangen. Sophies zweite Lektion in der Kunst des Liebens würde noch eine Weile auf sich warten lassen.
    Er stieg in seinen Wagen und fuhr los, ohne ein Ziel vor Augen. Der Himmel war bewölkt, die Luft noch warm, und vielleicht würde es Sturm geben. Er erinnerte sich gut an diese Stürme: wie der makellos blaue Himmel über Vermont sich dann schlagartig verfinsterte, wie der Wind die Bäume peitschte, wie der Hagel manchmal die Getreideernte vernichtet und sogar Fenster zerschlagen hatte. Normalerweise brauchte so ein Unwetter Tage, um sich aufzubauen, aber er hatte schon lange keinen Draht mehr zur Natur und zum Wettergeschehen, und für ihn sah es ganz danach aus, als kündige sich hier ein Hurrikan an. Aber das Unwetter war ihm herzlich egal, solange es seine Pläne nicht durchkreuzte.
    Die Zeit wurde knapp. Er hatte das Whitten-Cottage für sechs Monate gemietet, aber er beabsichtigte nicht, länger als ein paar Wochen zu bleiben, höchstens drei. Die Uhr tickte, und er war der Wahrheit noch kein Stückchen näher gekommen; vielmehr trübten mögliche weitere, frühere Morde das Bild.
    Er fühlte sich nicht wie ein Killer. Er hatte sich nie so gefühlt, aber was bewies das schon? Tatsache war, dass er sich an nichts erinnern konnte, was in jener Nacht geschehen war, bevor er mit Loreleis Blut auf der Haut aufgewacht war. So wie es aussah, konnte er sie durchaus getötet haben. Oder er war bei dem vergeblichen Versuch, ihr Leben zu retten, ohnmächtig geworden.
    Sie hatte sich gegen ihren Mörder zur Wehr gesetzt – das hatte er später im Prozess erfahren. Er hatte die Verhörprotokolle mitgebracht, um sich die Details in Erinnerung zu rufen. Vor zwanzig Jahren hatte die DNA-Analyse noch in den Kinderschuhen gesteckt, und niemand hatte sich die Mühe gemacht zu testen, ob die Hautfetzen und das Blut unter Loreleis Fingernägeln tatsächlich von ihm stammten. Zumal er wirklich Kratzspuren auf dem Rücken gehabt hatte. Lorelei hatte ihre Liebhaber gerne so gezeichnet, und sich die Kratzer auf seinem Rücken anzuschauen hatte ihr ein perverses Vergnügen bereitet.
    Doch das Blut und die Haut unter ihren Nägeln waren bestimmt keine Überreste ihrer leicht sadistischen Ader gewesen. Ihre langen Fingernägel, auf deren Pflege sie immer so viel Wert gelegt hatte, waren im Kampf abgebrochen. Wenn er selbst sie im Drogenwahn so zugerichtet hätte, hätte sein Körper sicher mehr abbekommen als nur ein paar Kratzwunden. Aber warum hätte er sie überhaupt töten sollen? Gut, Lorelei hatte ihn manchmal zur Weißglut getrieben. Sie hatte ihn provoziert, verhöhnt und betrogen, und er war ein ungestümer Bursche gewesen, voller Stolz und Testosteron. Aber damals hatte er bereits den Entschluss gefasst gehabt, die Stadt zu verlassen. Warum sie dann noch töten?
    Sein Instinkt und sein gesunder Menschenverstand hatten jedoch nie ausgereicht, um ihm seinen Seelenfrieden wiederzugeben. Nicht, als er feststellen musste, dass er keinerlei Erinnerungen an den Vorfall besaß, nicht, als er rechtskräftig verurteilt worden war. Dass das Urteil später aufgrund eines Formfehlers aufgehoben worden war, änderte nichts daran: Immer noch nagte ein Rest von Selbstzweifel an ihm, und er würde sich erst von der Sache lösen können, wenn er die Antwort auf seine Fragen kannte.
    Was, wenn es die falsche Antwort war? Was, wenn im Inneren des verlassenen hinteren Gasthausflügels Erinnerungen zurückkehrten, auf die er lieber verzichten würde? Er war nun seit vier Tagen wieder in Colby, und alles, was er zuwege gebracht hatte, war ein kurzer mitternächtlicher Rundgang um das Gebäude, um die möglichen Zugänge auszukundschaften. Die Fenster waren fest

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