Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition)

Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
Vom Netzwerk:
»Oh! Der Geist fürchtet sich entsetzlich vor dem, was noch bevorsteht! Er will uns warnen … Die Stimme wird schwächer … Komm zurück, ich bitte dich, Geist! Ich verliere dich, ich kann nicht mehr hören, was du sagst«, fleht das Medium. Dann stößt Mrs. Dunthorpe laut und erschrocken hervor: »Gott steh uns bei!«
    Plötzlich gibt es einen lauten Knall, ein Krachen erschüttert den Tisch, hebt ihn heftig vom Boden an und lässt ihn wieder herabstürzen. Wie aus einer Kehle schreien die Frauen vor Entsetzen auf, unterbrechen den Kreis und schlagen sich die Hand vor den Mund, um weitere Schreie des Grauens und der Erregung zu ersticken. Dann beginnen alle auf einmal zu sprechen wie eine Schar Spatzen.
    »Meine Güte, was war das denn?«
    »Haben Sie das gespürt? Habt ihr etwas gesehen?«
    »Du lieber Himmel, beinahe wäre ich in Ohnmacht gefallen!« Mrs. Dunthorpe kehrt als Letzte in die Wirklichkeit zurück. Ihre Arme bleiben seitlich ausgestreckt, obwohl niemand mehr ihre Hände hält. Langsam rollt ihr Kopf nach vorn, der Mund schließt sich, ihr Atem beruhigt sich. Gebannt beobachten die Frauen ihre geschminkten Lider, bis diese sich flatternd heben. »Heute Abend kann ich nicht mehr tun. Unser Besuch wurde von einem anderen Geist verscheucht, den Trauer und Wut über seinen eigenen Tod umtreiben. Welch ein Jammer, dass ich von der ersten Stimme, die zu uns durchdrang, nicht mehr erfahren konnte, denn offensichtlich wusste sie etwas, das für eine von uns von größtem Wert gewesen wäre. Diese schreckliche Erfahrung hat mich sehr angestrengt. Wir haben Glück, dass jener dunklere Geist weitergezogen ist, statt zu bleiben und uns zu verfolgen«, verkündet das Medium.
    Bestürztes Raunen füllt den Raum. Hester schaudert bei der Vorstellung, dass sie einem rachsüchtigen Ghul Tür und Tor geöffnet haben könnten, der sie fortan gejagt, verfolgt und gequält hätte. Esme neben ihr ist selbst so weiß wie ein Gespenst geworden.
    »Ist dir nicht wohl, liebe Esme?«, fragt Hester.
    »Ich konnte ihn fühlen. Ich habe den letzten Geist gespürt – den Kummer und den Schmerz!«, flüstert die junge Frau.
    Mrs. Avery brummt ein wenig undamenhaft und klingelt mit einem silbernen Glöckchen. »Einen Cognac für Mrs. Bullington. Nein, für uns alle, bitte, Sandy«, sagt sie zu dem eintretenden Dienstmädchen.
    »Sie sagten er , Mrs. Dunthorpe – haben Sie denn genau gehört, dass die Stimme männlich war? Die eines Kindes oder eines Erwachsenen?«, fragt Sarah Vickers. »Können Sie uns sagen, weshalb der Geist so bekümmert war? Wurde er – oder sie – vielleicht … ermordet?«
    »Solch kurze Begegnungen vermitteln eher einen Eindruck von Emotionen, Gefühlen, und keine zusammen hängenden Erklärungen«, entgegnet Mrs. Dunthorpe. »Ich konnte den Geist nicht so weit beruhigen, um derart rationale Fragen zu stellen.«
    »Aber wenn Sie ihn gehört haben, konnten Sie doch gewiss zumindest das Geschlecht des Geistes bestimmen?«, beharrt Sarah Vickers. In ihrer Stimme schwingt eine leise Herausforderung mit, die Mrs. Dunthorpe keineswegs entgeht.
    »Klänge in der geistigen Welt sind völlig anders als die menschliche Stimme, das kann ich Ihnen versichern, Miss Vickers. Aber wenn ich anhand des Tonfalls eine Vermutung äußern sollte, so würde ich sagen, dass die Stimme männlich war. Ein erwachsener Mann.«
    »Aha. Nun ja. Ein Jammer, dass er nur lang genug geblieben ist, um gegen den Tisch zu treten, statt uns von sich zu berichten. Womöglich hätten wir etwas für ihn tun und seinen Mörder überführen können!« Sarah lächelt.
    »In der Tat«, stimmt Mrs. Dunthorpe frostig zu. Die beiden Frauen funkeln einander an.
    »Aber was ist mit der ersten Stimme, die zu Ihnen gesprochen hat, Mrs. Dunthorpe?«, bricht Claire Higgins hastig das unangenehme Schweigen. »Konnten Sie etwas über ihn – oder sie …«
    »Das war ein freundlicher Geist, eine Frau, glaube ich. Sie war so fest entschlossen, uns ihre Warnung zu vermitteln, dass ich sie nicht überreden konnte, mir mehr von sich zu erzäh len. Ich habe hohes Alter und große Weisheit an ihr gespürt, und dass sie eine kultivierte und vornehme Person war.«
    »Nun, wenn sie mit einer von uns verwandt ist, muss sie natürlich aus gutem Hause stammen«, sagt Mrs. Avery nachdenklich. »Meine Mutter ist vor wenigen Jahren gestorben«, fügt sie hinzu. Esme Bullington stöhnt leise auf.
    »Glauben Sie, dass es Ihre Mutter war, die eben gesprochen hat? Meinen Sie,

Weitere Kostenlose Bücher