Das Haus der verlorenen Düfte: Roman (German Edition)
frühere Zeiten ermöglichen konnte. Das hatte sie Robbie schon seit ihrer Kindheit klarzumachen versucht. Und selbst wenn es so etwas gab, würde sie nach all den Jahren dennoch nicht so tun, als sei sie eine Parfümeurin.
Malachai stand ebenfalls auf und geleitete sie zur Tür. Jac glaubte nicht an Gott, doch in diesem Moment betete sie inständig darum, nur nicht Griffin zu begegnen.
»Dann hat dich nichts von alldem, was ich gesagt habe, neugierig gemacht?«
Sie lachte. »Ich kann mir den Luxus nicht erlauben, neugierig zu sein.«
»Und wenn ich dir anbieten würde, die drei Millionen zu bezahlen, die ihr der Bank schuldig seid? Würdest du dann annehmen?«
»Bietest du es denn an?«
»Würde das deine Meinung ändern?«
»Selbst wenn ich in der Lage wäre, ein solches Parfüm zu erschaffen, hätte ich nicht die Zeit dazu. Ich brauche das Geld sofort.« Jacs Stimme verriet ihre Verzweiflung genauso deutlich wie ihre Augen.
»Würdest du mir zumindest versprechen, darüber nachzudenken? Überleg doch, was es bedeuten würde, die reale Existenz dieses Mythos zu beweisen.«
»Ich bin die ewige Zweiflerin. So hast du mich selbst einmal genannt. Und jetzt forderst du von mir, dass ich an einen wirren Traum glauben soll.«
»Bist du dir so sicher? Was, wenn du dich irrst, Jac? Was, wenn es mehr ist als ein Traum?«
Neun
PARIS, FRANKREICH
MONTAG, 23. MAI, 10:15 UHR
Griffin hatte noch nie so teure
poupées
gesehen, und er wusste, dass seine Frau Einwände haben würde. Doch Therese war nicht hier. Und die Vorstellung, wie seine Tochter die Schachtel öffnete und eine original Pariser Porzellanpuppe darin fand, war einfach unwiderstehlich. Die sechs Jahre alte Elsie hatte das blonde Haar ihrer Mutter und Griffins blitzende graublaue Augen. Sie war ein ernstes Kind und spielte verblüffend gut Klavier. Ein potentielles Wunderkind, doch Therese und er hatten beschlossen, ihr die Belastungen einer frühen Profikarriere zu ersparen. Er hatte zu viel von seiner eigenen verloren, um nicht zu wissen, wie wichtig eine unbeschwerte Kindheit war.
Ein Grund mehr, warum sein Herz so sehr an diesem Mädchen hing und er sich darum sorgte, was eine Scheidung ihr antun könnte. Natürlich konnte er sie nicht vor allem bewahren, doch er wollte zumindest nicht derjenige sein, der Leid in ihr Leben brachte. Wenn Therese und er sich trennten, würde er Elsie nicht so verlassen, wie sein eigener Vater ihn verlassen hatte. Dennoch wäre das Endergebnis ähnlich.
Neben der Kasse lag eine kleine Broschüre aus – die Geschichte des Ladens in fünf Sprachen. Das Maison de Poupée hatte seinen Standort seit über hundert Jahren in demselbenEckgebäude. Hier in Europa schien man einen größeren Respekt vor Traditionen und Institutionen zu haben. Das Neue war nicht so ein Fetisch wie bei ihm zu Hause.
Zu Hause.
Ein guter Versuch, dachte Griffin. Er hatte es geschafft, seine Gedanken der Vergänglichkeit alles Irdischen zuzuwenden, nur um gleich darauf doch wieder bei seiner kleinen Tochter zu landen.
Griffin hatte sich dagegen gesträubt, Vater zu werden. Und er hatte nicht erst lange Therapien gebraucht, um herauszufinden, weshalb. Doch abgesehen von seiner Angst davor, die Fehler seines Vaters zu wiederholen, machte er sich auch aus anderen Gründen Sorgen. Therese wollte nicht umziehen, und er war die berufliche Verpflichtung eingegangen, mindestens fünf Monate im Jahr in Ägypten zu verbringen. Seine häufige Abwesenheit belastete ihre Ehe. Wie groß wäre diese Belastung erst, wenn ein Kind dazukam? Doch Therese hatte nicht nachgegeben. Und schließlich hatte sie sich durchgesetzt.
Schon in den ersten Tagen seiner Vaterschaft war Griffin von seinen starken Gefühlen für Elsie überrumpelt worden. Zu Therese hatte er gesagt, es fühle sich an, als hielte das Kind sein Herz in den kleinen Händen.
Die Verkäuferin kam mit einem großen Geschenkkarton aus dem Lager zurück. »Voilà, Monsieur North«, sagte sie und überreichte ihm die kunstvoll verschnürte Kostbarkeit.
Er bat darum, dass sie in sein Hotel, das Montalambert, geliefert wurde, und ging zu Fuß drei Blocks weiter in die Rue des Saints-Pères, wo zwischen zwei Antiquitätenläden die Parfümerie L’Étoile zu finden war.
In den Sommermonaten, die er vor Jahren mit Jac und Robbie in Grasse verbracht hatte, hatte deren Großmutter ihm die alten Familiengeschichten erzählt. Sie reichten bis in das vorrevolutionäre Paris zurück, wo Jean-Louis,
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