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Das Haus der verlorenen Kinder

Titel: Das Haus der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena Mackesy
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dass man keinem von euch trauen kann.«
    Ach, herrje. Wer immer dieses Kind auch ist, es muss ernsthaft versaut sein und trifft Yasmin genau an ihren wunden Punkten. Ich weiß ja, dass sie Angst hat, ich könnte mich genauso aus dem Staub machen, wie es ihr Vater getan hat. Das weiß ich. Es wird eine Ewigkeit dauern, bis man sie vom Gegenteil wirklich wird überzeugen können.
    »Wir werden uns darüber unterhalten«, sagt sie. »Das verspreche ich dir. Aber im Augenblick ist es wichtig, dass du begreifst, dass ich mich hin und wieder, wenn es um Erwachsenendinge geht, darauf verlassen kann, dass du gehst, ja, oder den Mund hältst. Es tut mir leid. Ich dachte, das hättest du verstanden.«
    »Was verstanden?«
    »Dass das Erdgeschoss nicht unsere Wohnung ist, Yasmin. Da arbeite ich. Wir müssen darauf achten, nicht in die Privatsphäre der Leute einzudringen.«
    »Die dringen in unsere ein!«
    »Ja, nun, die bezahlen eine Menge Geld dafür. Und es ist nicht unser Haus, wenn Gäste da sind. Und das Geld, das sie bezahlen, ist das, von dem wir leben. Du hast den Garten und die Felder und du kannst jederzeit hinuntergehen und Chloe oder Carla oder, wie heißt sie noch mal, Lily, besuchen.«
    »Sei nicht aaalbern.«
    »Was?«
    »Nichts«, schnaubt Yasmin.
    »Was ist bloß in dich gefahren?«
    »Nichts. Draußen ist es eisigkalt, und mir ist langweilig, und jetzt sagst du, dass ich nicht einmal mehr spielen darf. Es tut mir leid, dass ich dir im Weg bin.«
    »Yasmin! Ich habe nie etwas Derartiges gesagt!«
    »Na ja, ich kann nicht einmal meine Freundinnen hierhaben, oder?«
    »Nein! Nicht, wenn Gäste da sind! Schau! Wenn ich in einem Büro arbeiten würde, dann würdest du ja auch nicht erwarten, dass du einfach kommen und dort spielen kannst, oder?«
    Yasmin verdreht die Augen. »Ich hab es satt, immer allein zu sein«, verkündet sie. »Immer ruhig sein zu müssen und niemandem zum Reden zu haben, außer Lily.«
    Wovon sprichst du eigentlich? »Na ja, ich sag dir was«, erklärt Bridget, »ich bin nicht gerade wild darauf, bei dir zu sein, wenn du so missmutig bist.«
    Yasmin bricht in Tränen aus. »Ich hasse dich auch!«, heult sie los. »Ich hab es gewusst! Ich hab gewusst, dass das irgendwann passiert!«
    Bridget seufzt. Nichts kommt gegen die Unlogik eines Kindes an, das überzeugt ist, ihm werde Unrecht getan. Mein Gott, das ist ja alles schön und gut, wie in diesen Elternhandbüchern das Thema Selbstwertgefühl breitgetreten wird, aber sie machen es euch Kindern nicht halb so schwer wie uns Eltern. Sie verschränkt die Arme. »Ich habe nicht gesagt, dass ich dich hasse«, erklärt sie ihr. »Ich habe gesagt, dass es mir nicht gefällt, wie du dich benimmst.«
    »Verpiss dich!«, schreit Yasmin.
    Oh, mein Gott. Sie wirft einen Blick auf die Wohnungstür in der Ecke des Zimmers und hofft wider besseres Wissen, dass die Bensons hinuntergegangen sind, um sich vor den Kamin zu setzen. Die werden alles mithören, wenn sie noch im Zimmer mit dem Himmelbett sind. Hier ist nicht einfach nur ein Kind, sondern ein schreiendes Kind, das sich in einen solchen Wutanfall hineingesteigert hat, dass es schon ganz rot angelaufen ist. Dem muss ich Einhalt gebieten. Ich muss sie fortschaffen.
    Mit zwei großen Schritten durchquert sie das Zimmer, schlingt die Arme um ihre Tochter und hebt sie hoch. Allmählich wird sie dafür zu schwer. In sechs Monaten werde ich das nicht mehr tun können. Yasmin schreit wieder, tritt um sich und schlägt ihr ins Gesicht, als Bridget sie hochhievt und sich über die Schulter wirft.
    »Au! Hör auf damit!«
    »Verpiss dich! Ich hasse dich! Ich hasse dich!«
    Sie gelangen in den Flur, sie schließt die Tür und setzt Yasmin ab. Dann geht sie in die Küche und lässt ihre Tochter brüllend auf dem Sisalteppich sitzen. Wer möchte schon alleinerziehend sein? Alles, ich muss alles selbst schultern. Die schlaflosen Nächte, das Genörgel und das Trösten. Ich muss sämtliche Entscheidungen treffen, den Widerstand aushalten, und das wird nicht besser werden, oder? So wird es noch zehn Jahre weitergehen – wahrscheinlich sogar länger –, und ich möchte bloß ein bisschen Ruhe und eine Chance haben, wieder ich selbst zu sein. Ich bin jetzt seit sieben Jahren Mutter, aber ich kann mich noch immer erinnern, wie ich war, als ich eine Bridget war, als man mich nicht für alles verantwortlich gemacht hat.
    Sie vergräbt das Gesicht in den Händen und lauscht dem Geräusch des Schluchzens ihrer Tochter

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