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Das Haus der verlorenen Kinder

Titel: Das Haus der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena Mackesy
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wenn man da eingeschlossen ist, allein, mit keiner anderen Gesellschaft als dem Gei… dem Wind.«
    »Ich sage Ihnen was«, scherzt Bridget, »wenn wir bis zum Wochenende nicht auftauchen, dann schicken Sie bitte eine Suchmannschaft los.«
    Sie denkt: Warum habe ich, wenn ich so etwas sage, nur das Gefühl, als würde ich das Schicksal herausfordern? Diese Bensons waren eindeutig verrückt. Ganz eindeutig. Die haben die Sache einfach nicht objektiv betrachtet. Bridget, du darfst nicht hinnehmen, dass solche Leute dir etwas einreden. Rospetroc ist jetzt dein Zuhause, und du darfst nicht zulassen, dass solche Irren dich verscheuchen.
    »Das mache ich«, antwortet Chris. »Drüben in Lanivet gibt es einen Mann, der ausgerechnet Huskies züchtet. Ich bin mir sicher, dass es ihm nichts ausmachen wird, uns welche zu leihen.«
    »Wie viel Uhr ist es?«, fragt Penny. »Meine Füße fallen mir gleich ab.«
    »Kurz nach vier«, antwortet eine Stimme.
    Alle drehen sich um und lächeln. »Hallo, Mark«, sagt Chris. »Ich habe gar nicht gewusst, dass du Abholdienst hast. Wo ist denn Tina?«
    »Beim Zahnarzt«, antwortet Mark, schaut zu Bridget hinüber, hält ihrem Blick stand. Sie spürt, dass sie rot anläuft und wünscht sich, er möge zur Seite sehen. Wünscht sich, er möge es nicht tun. »Wie geht es Yasmin, Bridget?«, fragt er. »Hat sie ihren Anfall überstanden?«
    »Ja«, sagt sie. Er hat die Augen noch immer nicht von ihr gewendet. Sie senkt den Blick, kann die Intensität seiner forschenden Augen nicht länger ertragen. »Danke. Heute Morgen haben wir auf dem Weg hierher miteinander geredet. Ich denke, sie hat mir verziehen.«
    »Gut«, antwortet Mark. »Das freut mich.«
    Sie blickt wieder zu ihm auf. Er schaut gerade zum Schulhof hinüber, die Hände tief in den Taschen vergraben, und seine Miene wirkt enttäuscht. Nein, denkt sie, nein, Mark, es ist nicht etwa, dass … es ist nur, hier vor all den Leuten … ich kann nicht …
    »Du warst mir eine echte Hilfe«, sagt sie freundlich. »Danke. Ich weiß nicht, was ich getan hätte.«
    »Hat Yasmin Theater gemacht?«, fragt Chris. Sie schaut neugierig von einem zum anderen.
    Bridget reißt sich am Riemen. »Ja«, antwortet sie. »Ich musste Mark anrufen, weil ich ein bisschen Zuspruch gebraucht habe.«
    »Das kann er gut«, stellt Chris zutreffend fest.
    »Ja«, pflichtet ihr Bridget bei. »Ja, das kann er.« Und blickt ihr direkt in die Augen.
    Chris wendet sich ab, und ein schwaches Lächeln umspielt ihre Mundwinkel. Jetzt weiß es gleich das ganze Dorf, denkt Bridget. Oh, mein Gott.
    »Das war nicht der Rede wert«, sagt Mark. »Jederzeit wieder.«
    »Es muss manchmal schwer sein«, stellt Penny mitfühlend fest. »Jeder braucht doch hin und wieder mal jemanden, an den er sich wenden kann.«
    Sie spürt, dass sie wieder errötet. Richtet den Blick auf das Schultor. »Vielleicht sollten wir eine Gruppe alleinerziehender Eltern gründen«, scherzt sie.
    Alle lachen.
    Kieran, der das aus sicherer Entfernung aus dem Auto heraus beobachtet, rutscht auf dem Sitz hin und her. Er verschränkt die Finger und lässt die Knöchel knacken.

53
    Sie wacht auf und stellt fest, dass ihre Mutter ihr über das Gesicht streicht. Sanft, mit ihren Fingerrücken. Und ihr ins Haar flüstert: »Wach auf, Schätzchen. Guten Morgen. Guten Morgen, mein Schatz.«
    Yasmin streckt sich, kneift die Augen zu, dann schlägt sie sie auf. Schlingt den Arm um den Hals ihrer Mutter, lässt sich halten und liebkosen. Das Morgenritual: Sie weiß es nicht, aber sie wird sich ihr ganzes Leben lang daran erinnern; an jene Tage, als das Aufwachen etwas Schönes, etwas Angenehmes war. Schau. Wir haben die Nacht überlebt.
    »Rate mal?«
    »Was?«
    »Keine Schule heute«, sagt Bridget. »Steh auf und schau. Du wirst es nicht glauben.«
    Yasmin setzt sich auf. Ihr Zimmer ist dunkel, aber das Licht, das an den Vorhängen vorbei hereinfällt, ist blendend weiß. Ihre Mum hat sich hereingeschlichen, während sie schlief, und hat den Heizlüfter angestellt, sodass es hier jetzt wohlig warm ist. Sie hat ihr bereits eine Jeans, dicke Socken und einen Pulli auf das Bett gelegt, und sie sieht heute – anders aus. Irgendwie aufgeregt; als strahle sie von innen heraus.
    »Was ist los?«, fragt Yasmin. »Was ist passiert?«
    »Zieh dich an, dann zeig ich es dir.«
    Sie hat Yasmins kleinen runden Hut in der Hand und ihre dunkelroten Handschuhe mit den Pompons. »Beeil dich«, sagt sie. »Wir wollen doch keine Minute

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