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Das Haus der verlorenen Kinder

Titel: Das Haus der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena Mackesy
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gehabt.«
    »Ich wundere mich«, sagt sie aufs Geratewohl, »dass niemand hier den Job machen wollte.«
    Wieder dieses Flackern.
    »Ach, mich überrascht das nicht, meine Liebe«, sagt Chris, ein wenig hastig. »Es ist, wenn man es genau bedenkt, keine besonders gute Bezahlung. Als Haushälterin, wenn man dort wohnt und alle Rechnungen beglichen werden, dann ist es okay, aber hier haben ja alle ihre Wohnung, sonst wären sie ja nicht hier, oder?«
    »Ja«, pflichtet ihr Ivy bei. »Und außerdem ist die Sache mit der Abgeschiedenheit eher etwas für die Fantasie von Stadtmenschen als für Leute wie uns. Die meisten Menschen auf dem flachen Land würden lieber in einem Dorf wohnen. Wo ein bisschen Leben herrscht. Jemand in der Nähe ist. Sie wissen schon.«
    »Da oben sind Sie halt sehr isoliert«, sagt Chris, »das müssen Sie bedenken. Wenn es schneit, können Sie völlig abgeschnitten sein, wo es doch so steil den Hügel hinaufgeht. Und der Stromanschluss ist da oben nicht wirklich zuverlässig. Sie müssen sicherstellen, dass Sie immer genügend Kerzen und Vorräte im Haus haben, weil es manchmal zu tagelangen Stromausfällen kommen kann. «
    »Ach, das macht mir nichts aus«, sagt sie. »Nach dem Leben in London kommt mir das hier geradezu luxuriös vor.«
    »Das wird es wohl«, antwortet Ivy. »Ich persönlich würde nicht einmal für Geld da oben wohnen wollen.«
    Chris lacht. »Na ja, sie bekommt Geld dafür, Ivy. Ich denke, sonst wäre sie wohl nicht hier.«

16
    Die Alarmanlage des Autos geht los, und Carol weiß, dass er wieder da ist. Sie hat Monate gebraucht, bis ihr klar wurde, dass es einen Zusammenhang zwischen der losheulenden Autoalarmanlage und dem Auftauchen von Kieran gibt, aber selbstverständlich besteht eine solche Verbindung. Dieser verdammte Idiot in der Erdgeschosswohnung lässt die Haustür wohl immer offen, wenn er hinausläuft, um sie auszuschalten, und dann muss Kieran die Gelegenheit nutzen, um sich hereinzuschleichen und sich in dem Schrank unter der Treppe zu verstecken.
    Scheiße, denkt sie. Ich wusste ja, dass es mich am Ende erwischt. Ich habe Bridget gesagt, dass es mir nichts ausmacht, aber das stimmt nicht. Er wird sehr, sehr wütend sein, und ich werde irgendwie damit fertig werden müssen.
    Der Typ unten braucht immer fünf Minuten, bis er hinausgeht und sich um seine Alarmanlage kümmert. Carol hegt den Verdacht, dass das Absicht sein könnte, dass er seine Nachbarn genau wissen lassen möchte, wem der Audi gehört, der am Straßenrand geparkt ist, aber es ist wahrscheinlicher, vermutet sie, dass er nackt schläft und langsam ist. Sie hat ihn ein paar Mal gesehen, wie er mit der Fernbedienung an seinem Schlüsselbund versuchte, die Alarmanlage auszuschalten, aber dabei nichts anderes tat, als die Türen an die hundert Mal zu öffnen und zu verschließen, bis er die ganze Straße mit seiner protzigen Anlage geweckt hatte. Sie muss Kieran vertreiben, bevor er in seinen Calvin-Klein-Unterhosen und dem schwarzen Satinmantel über seiner künstlich gebräunten Haut die Stufen hinunterjoggt und die Tür offen stehen lässt, während er die Anlage abschaltet. Es fällt ihr schwer, zu glauben, dass er beim Zurückkommen nicht bemerkt haben will, dass sein ehemaliger Mitbewohner auf der Lauer liegt, aber das hat er nicht. Der sieht doch nur sich selbst.
    Sie geht ans Fenster, schiebt die Vorhänge zurück.
    Jemand duckt sich an der dunklen Stelle zwischen den großen Mülltonnen und der Hecke. So macht er das also. Natürlich.
    Sie schiebt das Fenster hoch. Beugt sich hinaus.
    »Kieran?«, schreit sie.
    Niemand antwortet, aber sie spürt, dass jemand an der dunklen Stelle hinter der Mülltonne erstarrt. Da ist er: Ich weiß, dass er da ist. Und er hat mich gehört, aber irgendwie glaubt er, wenn er sich ruhig genug verhält, würde ich nicht merken, dass er da ist.
    »Kieran?«, schreit sie noch einmal. »Ich weiß, dass du da unten bist.«
    Noch immer keine Antwort.
    »Schau zu, dass du von hier verschwindest, Kieran«, schreit Carol. »Sie ist nicht da.«
    Jetzt regt sich hinter den Mülltonnen eindeutig etwas. Er hat sie also gehört.
    Die Haustür geht auf, und der Mitbewohner von unten erscheint auf der Stufe. Er schaut beim Klang ihrer Stimme hinauf und sieht, dass sie sich aus dem Fenster beugt. Verschränkt die Arme und starrt nach oben. Carol strengt sich an, sich an seinen Namen zu erinnern. Er hat sich weder ihr noch irgendeinem der Nachbarn je vorgestellt. Sie kann sich nur

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