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Das Haus der verlorenen Kinder

Titel: Das Haus der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena Mackesy
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ausgehen.«
    »Ich werde es mir merken«, antwortet Bridget.
    »Mein Bruder ist Elektriker«, erklärt Tina.
    »Ach.«
    »Ich bin unten im Dorf«, sagt er. »Rufen Sie mich einfach an, wenn Sie ein Problem haben.«
    »Okay«, antwortet sie und fragt sich, wie sie das tun soll, ohne die Telefonnummer zu haben. »Das mache ich.«
    »Komm schon«, sagt Tina. »Wir sollten lieber nach Hause gehen, sonst ist vom Weihnachtsessen nichts mehr übrig.«
    »Okay«, antwortet Mark. »Ich hole die Kinder.«
    »Schön, Sie kennengelernt zu haben, Bridget«, sagt Tina. Und schüttelt ihr wieder die Hand. Macht sich daran, davonzugehen, dreht wieder um. »Vielleicht sollten wir unsere beiden Mädchen mal zusammenbringen, bevor die Schule anfängt. Damit Yasmin schon jemanden kennt, wenn sie in die Schule kommt.«
    Bridget freut sich. »Ja«, antwortet sie. »Ja, das wäre nett.«
    »Bringen Sie sie doch mal rüber. Im neuen Jahr.«
    »Das wäre klasse.«
    »Gut«, sagt Tina. »Wir wohnen unten am anderen Ende des Dorfs. In dem Neubaugebiet. Na ja, relativ neu. Betjeman Grove Nummer vier. Kommen Sie einfach vorbei. Ich habe ja nicht wirklich was zu tun. Als arbeitslose alleinerziehende Sozialhilfeschnorrerin …«
    »Cool«, sagt Bridget. »Da haben wir schon eine ganze Menge gemein. Wie finde ich hin?«
    »Fragen Sie einfach, wenn Sie’s nicht gleich finden«, antwortet Tina. »Mich kennt jeder.«
    »Okay. Und Ihr Familienname?«
    »Teagle.«
    »Teagle.«
    »Erschrecken Sie nicht. Meine Eltern wussten nicht, dass ich einen Teagle heiraten wollte. Na ja. Es hätte schlimmer kommen können. Der Mädchenname meiner Mutter war Bastard, falls Sie das wissen wollen. Sie war froh, den loszuwerden. Wahrscheinlich hat sie Dad deshalb geheiratet, als sie gerade volljährig wurde.«
    »Bastard?«
    »Bastard. Eigentlich bedeutet das ›hohes Haus‹. Übrigens, wie heißen Sie?«
    »Sweeny«, antwortet Bridget.

21
    »Hallo?«
    Am Ende der Leitung ist es still, dann hört man jemanden atmen.
    Sie klemmt sich das Telefon zwischen Ohr und Schulter und rührt die Brotsauce um.
    »Hallo?«
    Yasmin sitzt am Küchentisch, trommelt mit ihren Absätzen gegen die Stuhlbeine, hält Messer und Gabel mit den Fäusten umklammert wie ein hungriges Kind in einem Comic. Sie kaut auf einer Haarsträhne herum, die sich unter ihrer Tiara gelöst hat. Gleich als sie aus der Kirche zurückgekommen sind, hat sie sich als Prinzessin verkleidet – pinkfarbenes Tutu, pinkfarbener Modeschmuck, pinkfarbene Schuhe, das alles hat sie heute Morgen beim Aufwachen am Fuß des Bettes vorgefunden. Bridget ist noch immer überrascht, dass sie es geschafft hat, sie zu überreden, nicht in dieser Aufmachung in die Kirche zu gehen.
    »Hallo?«
    »Verdammte Schlampe.«
    Er ist betrunken. Die zwei simplen Schimpfwörter werden gelallt, aber seine Gehässigkeit ist trotzdem spürbar.
    Sie sagt nichts. Überlegt: Ich sollte jetzt auflegen, die Verbindung unterbrechen. Aber sie ist wie erstarrt, machtlos, als stünde er tatsächlich hier im Raum. Sogar die Lichter scheinen schwächer zu werden, während sie nach Atem ringt.
    »Frohe Weihnachten, verdammt«, sagt er.
    Lautes Gelächter dringt durch den Fußboden herauf. Unten sitzen achtzehn Personen beim Essen.
    Er kann dir nichts tun. Es sind Leute da.
    Er weiß nicht, wo du bist. – Ich darf nicht zulassen, dass Yasmin sieht, wie viel Angst ich habe.
    Sie dreht ihrer Tochter den Rücken zu, schiebt sich die Haare vors Gesicht.
    »Wie geht’s meiner Tochter?«
    »G-gut.«
    Lass dich nicht auf ihn ein. Was machst du denn da? Rede nicht mit ihm.
    Leg einfach auf.
    »Ich möchte mit ihr reden.«
    »Tut mir leid, aber das ist nicht möglich.«
    »Lass mich mit ihr reden. Ich möchte mit meiner Tochter sprechen.«
    »Nein«, sagt sie.
    Mein Gott, ich habe gerade nein zu ihm gesagt.
    Er brüllt: »Lass mich mit meiner Tochter reden, VERDAMMT! Das kannst du nicht machen! Du kannst nicht einfach davonrennen, verdammt, und erwarten, dass ich – das werde ich dir noch BEIBRINGEN, Bridget! Verflucht, du wirst …«
    Sie legt auf. Unterbricht die Verbindung und knallt das Telefon hin.
    Er kriegt dich nicht, Bridget. Er ist meilenweit weg. Er weiß nicht, wo du bist.
    Ihre Hände zittern, und sie fühlt, dass sie schwitzt.
    Es ist gut. Es ist gut. Atme weiter.
    Es riecht verbrannt. Die Brotsauce, die immer noch auf dem Herd steht, ist angebrannt. Sie nimmt sie von der Platte und rührt wie wild. Atmet durch.
    »Wer war das?«, fragt

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