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Das Haus der verlorenen Kinder

Titel: Das Haus der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena Mackesy
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schon im Bett waren. Deshalb sind wir einfach liegen geblieben.«
    »Und?«
    »Sie sind gekommen und haben gegen die Tür getrommelt. Zuerst an die unten, und dann ist er hochgekommen und hat an der Tür oben im Korridor gerüttelt.«
    »Wie gut, dass Sie abgeschlossen hatten.«
    »Allerdings. Man stelle sich vor, eine Horde von …«, sie senkt die Stimme, damit Yasmin und Chloe sie nicht hören können, »… mit Koks zugedröhnten ehemaligen Models kommen hereinspaziert und bumsen mit jedem, der sich ihnen bietet, herum. Es war schon schwierig genug, die Kleine abzulenken, als sie noch draußen waren, ohne dass sie hereinkommen und es in ihrem Zimmer treiben. So, wie es aussieht, werde ich die ganze Woche mit der Wäsche beschäftigt sein.«
    Tina verzieht das Gesicht. »Igitt.«
    »Ich schwöre«, sagt Bridget, »dass die da unten Schlüssel-Swingerpartys gefeiert haben.«
    »Igitt«, sagt Tina wieder. »Macht man das noch?«
    »Offenbar schon. In den teuren Gegenden im Norden Londons.«
    »Was glauben Sie, welcher Autoschlüssel geht als erster weg?«
    »Nicht der vom Ferrari, das ist mal sicher«, stellt Bridget fest. »Oder vielleicht bin ich die Einzige, die bemerkt hat, dass Ferrarifahrer immer Pferdeschwanz tragen, um zu kaschieren, dass oben was fehlt.«
    »Baseballkappen«, sagt Tina.
    »Bomberjacken mit Schriftzug.«
    »Igitt. Wann, haben Sie gesagt, reisen die ab?«
    »Übermorgen. Die Hälfte von denen ist schon abgereist. Daher weiß ich das mit der Wäsche. Ich werde eine Woche brauchen, um alles wieder richtig in Ordnung zu bringen, wenn sie erst einmal weg sind.«
    Tina atmet zischend durch die Zähne ein. »Ein frohes neues Jahr«, sagt sie.
    »Prost«, sagt Bridget und hebt ihren Becher. »Zum Glück liegen für eine Weile keine Buchungen vor, sodass ich zumindest Zeit dafür habe.«
    Sie trinken Cidre, mitten am Nachmittag. Bridget fühlt sich frivol und frei, auch wenn sie ihrem Führerschein zuliebe darauf achtet, wie viel sie trinkt. Wenn sie in London etwas getrunken hatte, bevor Yasmin im Bett war – nicht etwa, dass sie sich das oft hätte leisten können –, hatte sie sich immer so viel Sorgen um das Jugendamt gemacht, dass sie es gar nicht genießen konnte. Hier, während draußen der Regen aus der Dachrinne schießt und ihre Tochter in ein Spiel mit Schlangen und Leitern vertieft ist (Schlangen und Leitern! Wann hat ein Londoner Kind zum letzten Mal etwas gespielt, was nicht automatisch zu Explosionen führte?), fühlt sie sich einfach – wohlig. »Ein guter Cidre«, stellt sie fest.
    »Eigentlich ein Scrumpy.«
    »Scrumpy.«
    »Mark hat ihn gemacht.«
    »Das ist eine sinnvolle Beschäftigung.«
    »Er hat die Äpfel aus Ihrem Garten geklaut, das ist Tatsache. Aus dem alten Obstgarten hinter dem Teich.«
    Bridget lacht. »Ich wette, Tom Gordhavo freut sich darüber.«
    »Und ich wette, er hat es nicht einmal bemerkt. So weit ich weiß, geht keiner da hin, und er meidet den Ort wie die Pest, wenn er irgend kann.«
    »Na ja, Mark kann das nächstes Jahr gern wieder machen«, sagt Bridget. »Solange ich einen Anteil bekomme.«
    »Ich sage es ihm«, erklärt Tina. »Sie haben also vor, auch nächstes Jahr noch hier zu sein?«
    »Ich wüsste nicht, warum nicht.«
    »Das freut mich für Sie.«
    »Warum denken Sie, dass ich nächstes Jahr nicht mehr da sein könnte?«
    »Ich weiß nicht«, antwortet Tina. »Er hat offenbar kein Glück, die Angestellten dort oben zu halten.«
    »Das habe ich schon gehört.«
    »Was hat Sie überhaupt hierher geführt?«, fragt Tina.
    Bridget schaut sie an, überlegt. Bin ich bereit, allen von meinen Angelegenheiten zu erzählen? Ist das klug? Was ich bisher von diesem Dorf gesehen habe, legt den Schluss nahe, dass niemand ein Geheimnis lange für sich behalten kann.
    »Ach, wissen Sie«, sagt sie. »Ich habe mich von meinem Mann getrennt. Das Geld war knapp. Und ich habe mir überlegt, warum in aller Welt soll ich ein Kind in der Großstadt aufziehen. Es war sinnvoll, hierher zu kommen.«
    »Und wie«, sagt Tina mit der ganzen Selbstzufriedenheit derjenigen, die schon immer auf dem Land gelebt haben. »Und, was hat Ihr Ex dazu gesagt? Dass Sie so weit wegziehen?«
    »Er …« Er hat mich angerufen und bedroht. »Ich habe nicht die geringste Ahnung«, fährt sie fort. »Er war nicht gerade besonders zuverlässig, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    »Zahlungssäumige Väter«, sagt Tina. Scheint sich mit der Antwort zufriedenzugeben, denkt, sie würde die ganze

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