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Das Haus des Buecherdiebs

Titel: Das Haus des Buecherdiebs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Pechmann
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Methode, um aus dem Herz und Verstand des Sklaven alle rechtmäßigen Vorstellungen von der Heiligkeit der
Familie
als Institution zu tilgen.«
    In seinen Memoiren »My Bondage and My Freedom« zeichnet Douglass ein realistisches Bild seiner Kindheit und des Lebens der Sklaven in den amerikanischen Südstaaten. Die Kinder waren mehr oder weniger sich selbst überlassen, wurden notdürftig ernährt und gekleidet, bis sie einfache Arbeiten verrichten konnten. Ältere Kinder wurden nach Bedarf an andere Plantagenbesitzer verkauft, und es war reiner Zufall, ob sie in die Hände eines sadistischen Schinders gerieten oder in einem freundlicheren Haus unterkamen. Douglass hatte nach einigen schrecklichen Erlebnissen das Glück, an eine wohlhabende Familie in Baltimore verkauft zu werden. Seine Herrin, Sophia Auld, brachte dem dreizehnjährigen Jungen das Lesen und Schreiben bei und behandelte ihn gut, bis ihr Mann die freundlichen Zuwendungen unterband. Wer einem Sklaven auch nur den kleinen Finger reiche, meinte er, werde nichts als Unheil heraufbeschwören. Der kleine Frederick suchte sich andere Lehrer und fand diese auf den Straßen von Baltimore: Die weißen Schulkinder, die er beim Spielen traf, waren stets bereit, ihm schwierige |129| Wörter und deren Aussprache zu erklären, wenn er sie mit seinem alten, zerfledderten Wörterbuch in der Tasche aufsuchte. Sie waren sich auch darin einig, die Sklaverei zu verdammen und ihren Freund zu bestärken, nach Freiheit zu streben. Von ihnen erfuhr er von einem Buch, das damals oft in der Schule gelesen wurde: »The Columbian Orator«, einer Textsammlung mit Reden berühmter englischer Politiker wie Richard Brinsley Sheridan, William Pitt oder Charles James Fox, der sich erfolgreich für die Abschaffung der Sklaverei im britischen Empire eingesetzt hatte. Frederick gelang es, ein kostbares Exemplar zu ergattern. Wieder und wieder las er die Reden. Seine Sprache verfeinerte sich und seine rudimentäre Bildung wuchs beständig. Und schließlich fand er in dem Buch auch all die Argumente gegen die verhasste Sklaverei. Zum ersten Mal in seinem trostlosen Leben erfuhr er, dass Freiheit das natürliche Recht eines jeden Menschen ist und dass seine Existenz als Sklave auf einem Verbrechen gründete. Freiheit war der natürliche Zustand – nur ihm blieb sie verwehrt: »Frei heit ! Ich hörte sie in jedem Ton und sah sie in allen Dingen. Sie war überall, um mich mit dem Bewusstsein meines eigenen elenden Daseins zu quälen. Je schöner und bezaubernder das Lächeln der Natur schien, desto schrecklicher und hoffnungsloser war mein Zustand. Ich sah nichts, ohne sie zu sehen, und ich hörte nichts, ohne sie zu hören. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass sie von jedem Stern herabschien, in jeder Kalme lächelte, in jeder Brise atmete und sich in jedem Sturmwind regte.«
    |130| Frederick Douglass hatte zwanzig Jahre lang als Sklave gelebt. Schließlich gelang ihm 1838 die Flucht in den Norden, wo er sich in verschiedenen Berufen durchschlug. Er wurde ein erfolgreicher Journalist und einer der einflussreichsten Redner der Abolitionisten, jener Bewegung, die sich für die Abschaffung der Sklaverei in Amerika engagierte. Ein gewöhnliches Schulbuch hatte seinem Leben neuen Sinn gegeben.
    Das richtige Buch zur richtigen Zeit kann ein Leben retten, indem es neue Wege eröffnet. Zuweilen bestimmt es das künftige Schicksal seines Lesers. Für T. S. Eliot war die Lektüre des »Rubaiyat« von Omar Khayyam in der Übersetzung von Edward FitzGerald ein solches Schlüsselerlebnis. Er hatte die Verse des persischen Dichters im Alter von etwa vierzehn Jahren geschenkt bekommen, und sie waren für ihn der überwältigende Eintritt in die Welt der Poesie. Die Lektüre war, wie er später meinte, eine Art Bekehrung, durch die die Welt erneuert »und mit hellen, köstlichen und schmerzlichen Farben bemalt schien«. Plötzlich wusste er, dass er Schriftsteller werden wollte, und begann mit der Komposition kleiner vierzeiliger Gedichte nach dem Vorbild Omar Khayyams.
    Zugegeben: Vielleicht hätte Eliot auch ohne diese prägende Leseerfahrung irgendwann »The Waste Land« geschrieben, aber manchmal erscheint das Aufeinandertreffen eines Buchs und eines Lesers wirklich wie ein Akt der Vorsehung. Jean-Eugène Robert-Houdin hatte gerade widerstrebend seine Ausbildung als Uhrmacher begonnen, als sein Meister ihm die Anschaffung eines bestimmten Lehrbuchs empfahl. Der Junge ging also in |131| das

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