Das Haus in den Dünen
schmunzelnd. »Auf der Straße wären sie hoffnungslos verloren, aber vor den Bildschirmen sind es wahre Helden.«
»Haben Sie die Bilder?«, fragte Mike mit krächzender Stimme.
Trevisan reichte ihm das Kuvert. Mike nahm die Fotos heraus, warf einen kurzen Blick darauf und legte eines nach dem anderen auf einen Scanner.
»Dann wollen wir mal sehen«, sagte er, bevor er sich an den Schreibtisch setzte und mit flinken Fingern die Computertastatur bediente. Kurz darauf wurden die Bilder auf einem der Monitore sichtbar.
»Wie lange wird es dauern?«, fragte Trevisan.
Mike wandte sich um. »Wenn wir Glück haben, sehen wir in einer halben Stunde das Ergebnis.«
Giesmann warf einen Blick auf die Armbanduhr. »Dann gehen wir in die Kantine und schauen in einer Stunde wieder bei dir vorbei.« Er blickte Trevisan an und machte eine einladende Geste.
Trevisan zögerte.
»Kommt nur, hier können wir sowieso nicht helfen.«
*
Till Schreier legte den Hörer zurück auf das Telefon. »Puh, das war eine schwere Geburt«, seufzte er. »War mir fast schon peinlich. Zweimal musste sie in den Keller, um die Akten zu finden.«
»Dann hat die Dame vom Amt wenigstens ein bisschen Bewegung«, antwortete Alex. »Die sitzen doch eh nur den ganzen Tag auf ihren vier Buchstaben. Hat es sich wenigstens gelohnt?«
»Das will ich meinen. Trevisan hatte wieder mal recht. Hans Kropp war vom 2. bis zum 15. Mai auf Spiekeroog. Er war im Evangelischen Jugendhof untergebracht. Zusammen mit drei weiteren Jugendlichen aus dem sozial schwachen Umfeld. Schwer Erziehbare eben. Sie hatten zwei Betreuer dabei, aber Kropp wurde vorzeitig nach Hause geschickt. Er wurde mit Alkohol auf dem Zimmer erwischt.«
»Das reichte, um ihn nach Hause zu schicken?«
»Er war Wiederholungstäter.«
Alex lehnte sich im Stuhl zurück. »Jetzt fügen sich die Puzzleteile langsam zusammen. Kropps Halbschwester sprach von der Insel, Lohmann hat Briefe von Spiekeroog geschickt und Brunken wie auch Grevesand haben Bilder von der Inselkirche. Ich wette einhundert Mark, dass die Jungs auf den Fotos Brunken, Lohmann und Grevesand sind.«
Monika kam herein. »Seid ihr weitergekommen?«
»Die Verbindung ist Spiekeroog«, sagte Till. »Alle vier hielten sich im Mai 1981 auf der Insel auf. Vermutlich haben sie sich dort kennen gelernt.«
Monika schaute auf die Uhr. »Martin wird noch eine ganze Weile brauchen, bis er aus Hannover zurück ist. Wir könnten inzwischen schon weiter an der Sache arbeiten. In welchem Zeitrahmen waren alle vier gleichzeitig auf der Insel?«
Till schaute auf den Notizblock. »Vom 2. bis zum 15. Mai.«
»Ich schlage vor, wir überprüfen unser Polizeiarchiv nach Vorfällen, die unsere Kollegen auf der Insel in diesem Zeitraum beschäftigt haben. Einbrüche, Unfälle, egal, alles könnte interessant sein.«
Alex erhob sich. »Ich kümmere mich mit Tina darum.«
Monika wandte sich Till zu. »Dann versuchen wir, Leute ausfindig zu machen, die zusammen mit den vier Opfern auf der Insel waren. Vielleicht haben wir Glück.«
»Und wo fangen wir an?«, fragte Till.
»Wie wäre es mit den Betreuern von Kropp?«
*
»Ist das absolut sicher?«, fragte Trevisan.
»Klar doch«, antwortete Mike. »Das Programm irrt sich nicht. Der schmächtige Junge ist nicht unter euren Mordopfern.«
Das Foto aus dem Jahr 1981 zeigte Brunken und Lohmann, aber der dritte Junge war weder Bernd Grevesand noch Hans Kropp.
»Dann könnte das unser Täter sein«, murmelte Trevisan und griff nach dem Animationsbild, das der Computer anhand simulierter Alterungserscheinungen erstellt hatte. Er reichte es Anne Jensen.
»Die Technik schreitet unaufhaltsam fort«, sagte Giesmann. »Bald muss man keinen Schritt mehr vor die Tür setzen, um einen Mörder zu identifizieren.«
»Es könnte aber auch ein weiteres potentielles Opfer sein oder der Junge hat überhaupt nichts mit dem Fall zu tun«, überlegte Trevisan laut. »Das müssen wir erst noch feststellen.«
»Also doch wieder zurück auf die Straße.«
»Daran wird sich nie etwas ändern«, scherzte Trevisan.
40
Als Trevisan gegen sechzehn Uhr wieder auf seiner Dienststelle eintraf, waren die Mitglieder seiner Crew noch im Konferenzsaal versammelt.
»Hast du uns etwas mitgebracht?«, fragte Monika.
»Das will ich meinen«, antwortete Trevisan. Er legte seine Jacke ab und befestigte das Bild, das der Drucker des Computers im LKA ausgespuckt hatte, mit einem Magneten an der Tafel. »Das ist der dritte Junge
Weitere Kostenlose Bücher