Das Haus in den Wolken
sie.«
Sie hatte die Hände auf dem Schoà ineinandergekrampft. »Richard, ich kann dich nicht heiraten.« Ihre Stimme zitterte. »Es tut mir sehr leid, aber ich kann nicht.«
Er sagte beschwichtigend: »Du bist nur ein wenig nervös, Liebes. Wenn das morgen vorbei ist, wird es dir gleich viel besser gehen.«
»Nein.« Sie schüttelte heftig den Kopf. »Das ist keine Nervosität. Diese Hochzeit â sie darf nicht stattï¬nden. Ich hätte es nie so weit kommen lassen dürfen.«
»Isabel, ich begreife dich nicht.«
»Als du mich in Lynton gebeten hast, deine Frau zu werden, glaubte ich, es wäre aufrichtig gemeint. Aber als ich dann nach London kam und gesehen habe, wie du lebst, dachte ich â«
»Was hast du gedacht?«
Mit verstörtem Blick sah sie ihn an. »Dass ich mich geirrt haben müsse. Dass du mich keinesfalls heiraten würdest. Dass du mich doch nur zur Geliebten machen wolltest.«
Von einem Pagen gefolgt, der einen Servierwagen schob, trat der Kellner an den Tisch, und Richard musste seine zornige Erwiderung hinunterschlucken. Mit viel Zeremoniell und Feuerzauber wurden die Crepes serviert. Als sie endlich wieder allein waren, sagte er: »Du lieber Gott, Isabel. Wie kannst du so etwas denken?«
Sie wurde rot. »Ich habe dich völlig falsch beurteilt, ja. Das erkenne ich jetzt.«
»Und jetzt, wo du erkannt hast, dass ich kein Lügner bin«, versetzte er wütend, »dass ich dich nicht getäuscht habe, jetzt erklärst du mir, dass du mich nicht heiraten kannst?«
»Wirklich. Ich kann nicht.«
»Was soll das heiÃen? Dass du lieber meine Geliebte werden würdest? Dass du keine dauerhafte Bindung wünschst â dass du lieber frei und ungebunden deiner Karriere nachgehen möchtest?«
Ihre Augen blitzten zornig. »Richard, das ist deiner nicht würdig.«
»Was soll ich denn sonst glauben?«
»Das ist alles meine Schuld«, sagte sie voll Bitterkeit. »Kein Wunder, dass du ärgerlich bist. Kein Wunder, dass du das Schlimmste glaubst. Aber ich kann dich nicht heiraten, Richard. Es wäre nicht recht von mir, ich weià es.«
Sie sah müde und niedergeschlagen aus. Ãber den Tisch hinweg neigte er sich ihr zu. »Gib mir deine Hand«, sagte er, und sie tat es nach kurzem Zögern. »Ich bin nicht ärgerlich«, erklärte er. »Aber du machst mir Angst. Bitte sprich nicht so, Liebes.«
Sie senkte die Lider und seufzte leise. »Richard, ich muss dir noch etwas sagen â«
Eine laute Stimme unterbrach sie. »Guter Gott, Finborough, ist das die Möglichkeit?« Ein groà gewachsener Mann mit lockigem Haar lavierte zwischen den Tischen hindurch. »Ausgerechnet hier treffe ich dich!«
Richard ï¬uchte leise. Dann stand er auf. »Isabel, darf ich dich mit Frederick McCrory bekannt machen, einem alten Freund von mir? Freddie, das ist meine Verlobte Miss Zeale.«
»Du alter Heimlichtuer.« McCrory musterte Isabel bewundernd. »Sehr erfreut, Sie kennenzulernen, Miss Zeale.«
»Freddie und ich sind zusammen zur Schule gegangen«, erklärte Richard.
Die Männer unterhielten sich, Zeit verging, und der Kellner trug die Nachspeise ab, die unberührt geblieben war. Bald nachdem Freddie McCrory sich von ihnen verabschiedet hatte, verlieÃen Richard und Isabel das Restaurant, nahmen nicht einmal mehr Kaffee und Brandy.
DrauÃen schneite es leicht. »Wollen wir ein Stück zu Fuà gehen?«, fragte Richard. »Oder ist es dir zu kalt?«
Isabel schüttelte den Kopf. Sie gingen zum Embankment. Das Wasser der Themse wirkte eisig, träge, als begänne es gerade zu gefrieren. Unter einer Platane nahm Richard Isabel in die Arme und küsste sie zum ersten Mal frei und ungehemmt. In den unwirklich scheinenden Wochen vor ihrer Hochzeit hatte er stets Zurückhaltung geübt, weil er wusste, wie wichtig es war, ihren Ruf nicht zu beschädigen. Jetzt aber schob er die Hände unter das Pelzfutter ihres langen Mantels, und als er die Wärme ihres Körpers unter dem seidenen Mieder spürte, drückte er sie an sich, als könnte er sie so zu einem Teil seiner selbst machen. Und das Wunder geschah; er fühlte, wie die Leidenschaft erwachte, wie das Eis schmolz und die Starre sich löste. Sie ï¬Ã¼sterte seinen Namen und warf mit geschlossenen Augen den Kopf in den Nacken, während
Weitere Kostenlose Bücher