Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Titel: Das Haus in der Löwengasse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
Vom Netzwerk:
gebracht: Bügeln war eine ebensolche Plackerei wie das Waschen. Und zeitraubend obendrein. Doch darüber wollte sie heute Abend nicht mehr nachdenken.
    Sie stellte die Leiter auf und hatte gerade drei Sprossen erklommen, als sie hinter sich Schritte vernahm. «Pauline, gut, dass du noch auf bist.»
    Pauline verdrehte die Augen und kletterte wieder hinab. «Ja bitte, gnädiger Herr? Kann ich etwas für Sie tun?»
    «Meine Gemahlin ist unpässlich. Sie wünscht, ihre Kopfschmerzmedizin einzunehmen und außerdem einen Tee. Bring ihr beides hinauf, so schnell es geht.»
    «Natürlich, gnädiger Herr. Sofort.»
    Pauline wollte sich bereits abwenden, doch ein Räuspern des Hausherrn hielt sie auf. «Willst du die Leiter etwa hier stehenlassen? Es könnte sich jemand auf dem Weg zur Hintertür daran stoßen.»
    «Oh, natürlich. Entschuldigen Sie, gnädiger Herr.»
    Pauline machte wieder kehrt und beeilte sich, das Hindernis aus dem Weg zu räumen.
    Er nickte zufrieden und ging zurück in die Bibliothek, in der er die meisten Abende verbrachte, wenn er sich nicht mit Freunden auswärts traf.
    Seufzend ging sie in die Küche. Die Köchin war natürlich längst zu Bett gegangen. Sie hatte ihr Lager in einem Verschlag neben der Speisekammer. Von dort und vom Hängeboden über der Küche, wo Elfie und Tine schliefen, war leises Schnarchen zu hören.
    Rasch stellte Pauline den Wasserkessel auf den Herd. Zum Glück war noch ein wenig Glut darin, sodass es nicht allzu lange dauern würde, bis sie das Feuer entfacht hatte.
    Während sie darauf wartete, dass das Wasser zu kochen begann, ging sie hinüber in die Speisekammer, um den Tee sowie die Kräutermischung für die Medizin der gnädigen Frau zu holen. Einen Moment lang blickte sie sich in der geräumigen Speisekammer um. Neben der Tür im Regal stand ein großer Topf mit dünner Gemüsesuppe für die Bediensteten. Daneben lag ein altbackenes, schimmliges Brot. Auch dies würden sie morgen zu essen bekommen. Frau Stein hielt nichts davon, Lebensmittel wegzuwerfen, auch nicht, wenn sie bereits verdorben waren. In den drei Wochen, in denen Pauline nun fest angestellt war, hatte sie so manche saure Milch, vergorene Suppe oder angeschimmeltes Brot vorgesetzt bekommen.
    «Der Hunger treibt’s rein», pflegte Tine zu sagen. Zweimal hatte Pauline sich nach dem Essen bereits übergeben müssen. Die anderen Dienstboten hatten sie ausgelacht und gemeint, sie würde sich schon noch daran gewöhnen.
    Pauline hatte sich bereits an so einiges gewöhnt. An die harte Arbeit, die niemals ein Ende zu nehmen schien, an die schlechte Laune ihrer Arbeitgeberin, die sie bevorzugt an den Dienstmädchen ausließ. Inzwischen hatte diese zumindest nichts mehr am Aussehen von Paulines Händen auszusetzen. Die anfängliche Weichheit war kaum noch erkennbar, Schwielen gab es nun genug. Anfangs hatte sie sich mehrmals die Haut aufgerissen. Doch mittlerweile hatte sich vom Tragen der schweren Holzeimer oder der Säcke mit Mehl oder Kartoffeln für die Köchin Hornhaut gebildet.
    Als das Wasser zu kochen begann, nahm Pauline den Kessel vom Feuer und goss den Tee auf. In Ermangelung einer Uhr musste sie die Sekunden zählen, damit das Gebräu nur ja nicht zu lange zog. Frau Stein hatte diesbezüglich strenge Anweisungen gegeben. Dann goss sie weiteres Wasser in einen zweiten Becher, mischte die Medizin hinein und stellte ihn auf ein Tablett.
    Während sie zählte, rieb sie sich die Augen. Wenn sie sich jetzt hinsetzte, würde sie gewiss einnicken, also begann sie in der Küche auf und ab zu gehen. Dabei wanderten ihre Gedanken ab zu der Zeit, die sie mit ihrem Onkel in Bad Bertrich verbracht hatte. Wie sehr sie ihn vermisste! Wenn er sie jetzt sehen könnte, würde es ihm gewiss das Herz brechen. Er hatte doch immer nur das Beste für sie gewollt. Wenn er nicht so unvermittelt und viel zu früh gestorben wäre …
    Pauline stieß mit der Hüfte gegen den Küchentisch und erschrak. Sie hatte zu zählen aufgehört! Was, wenn der Tee nun nicht richtig war? Vorsichtig tauchte sie die Spitze des Zeigefingers in die Tasse und probierte die Flüssigkeit. Sicherheitshalber blickte sie sich um, ob auch niemand sie bei dieser verbotenen Tat beobachtet hatte. Der Tee schien in Ordnung zu sein, also hob sie das kleine Sieb heraus und entsorgte die Teeblätter. Dann rührte sie noch einmal die Kräutermedizin um und trug beides in das Obergeschoss, wo sich das Schlafzimmer ihrer Herrschaft befand. Auf ihr leises Klopfen

Weitere Kostenlose Bücher