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Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Titel: Das Haus in der Löwengasse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Paulines Wangen, diesmal dunkelrot. Sie senkte den Blick, schien nicht in der Lage zu sein, ihn erneut zu heben. Zu peinlich war ihr wohl die ganze Angelegenheit. Julius schwieg. Als sie ihn endlich wieder ansah, glitzerten Tränen in ihren Augen. Zufrieden verschränkte er die Arme vor der Brust. Offenbar lag er mit der Einschätzung ihres Charakters goldrichtig. «Fräulein Schmitz, Sie müssen lernen, nein zu sagen. Und nicht erst, wenn es zu spät ist.»
    Pauline schluckte so hart, dass er es sehen konnte. «Als Mädchen … als Frau wird einem nicht beigebracht, wie man nein sagt. Schon gar nicht gegenüber …»
    «Männern?» Julius stieß sich vom Schreibtisch ab und trat wieder auf sie zu, jedoch nur so weit, dass ihr ein Fluchtraum blieb. «Ein fataler Fehler in unserer Gesellschaft, finden Sie nicht auch? Aber um etwas Neues zu lernen, ist es doch wohl niemals zu spät. Also …» Er lächelte zum ersten Mal, wenn auch nur kurz. «Vermutlich haben Sie bereits die Gerüchte vernommen, die über mich und meine Familie kursieren und dass es Dienstboten in meinem Haus nicht lange aushalten. Über die Gerüchte möchte ich mich nicht weiter äußern, nur so viel sei gesagt: Dass mein Haushalt nicht ordentlich, will sagen standesgemäß, geführt wurde, ist allein mein Fehler. Ein Fehler, auf den Sie mich neulich indirekt hingewiesen haben, als Sie meinem Sohn eine Strafpredigt gehalten haben. Ich will die Sache nicht schönreden: Ich kenne meine Fehler. Sie werden wahrscheinlich schon bald und mehr als einmal bereuen, in meinen Dienst getreten zu sein. Ich gebe offen zu, dass ich nicht erpicht darauf bin, ein weiteres Frauenzimmer im Haus zu haben. Doch ich weiß auch, wann vernünftiges Handeln geboten ist, deshalb frage ich Sie – zum Wohle meiner Kinder und des Ansehens meines Hauses: Wann können Sie anfangen?»

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 9
    «Jetzt darfste dem Herrn Reuther jeden Tag was vorsingen, oder wie seh ich das?» Heiner stand mit verschränkten Armen unter Paulines Hängeboden und sah ihr dabei zu, wie sie ihre Habseligkeiten in ihre Reisetasche packte.
    Neben ihm stand Elfie mit griesgrämiger Miene. «Du bist verrückt, das is’ meine Meinung. Du glaubst doch nicht im Ernst, dass der Reuther dich nur eingestellt hat, damit du seine Kinderchen hütest.»
    Pauline, die auf allen vieren neben ihrem Bett herumkroch und nachsah, ob sie nichts übersehen hatte, drehte sich zu ihren beiden Zuschauern um. «Doch, Elfie, das glaube ich. Er will mir das sogar schriftlich geben, wenn ich darauf bestehe.»
    Elfie ließ ein gackerndes Lachen hören. «Du liebes bisschen! Was glaubst du, wie viel ein solcher Fetzen Papier wert ist, wenn ihn der Hafer sticht? Was man von dem so hört … und keine Ehefrau, die ihm auf die Finger klopfen kann. Nee, da würde ich nicht für alles Geld der Welt arbeiten wollen.»
    Pauline lächelte schmal. «Auch nicht für zwölf Mark im Monat?»
    Heiner hustete verblüfft.
    Elfie starrte sie entgeistert an. «Du scherzt wohl!»
    «Kein bisschen, obwohl es euch überhaupt nichts angeht.»
    «Dafür würde ich dem Reuther sogar jeden Abend sein Bettchen persönlich anwärmen.»
    «Siehst du, und genau das brauche ich und werde ich gar nicht tun.» Mit einem letzten Blick auf das, was für fast drei Monate ihr Domizil gewesen war, schloss sie ihre Tasche und hievte sie die Leiter hinab. Heiner sprang ihr zur Seite und nahm ihr die Last ab. Wenig später, nachdem sie sich von ihren ehemaligen Arbeitgebern verabschiedet und sowohl ihren ausstehenden Lohn als auch ein sehr ansehnliches Arbeitszeugnis entgegengenommen hatte, stand sie wieder samt ihrem Gepäck auf dem Laurenzplatz. Es war eisig kalt, und der scharfe Nordwind brachte Wolken mit sich, die den ersten Schnee ankündigten. Mit leichtem Herzklopfen, aber auch einem merkwürdigen Gefühl des Triumphs sah Pauline an der Stein’schen Hausfassade empor. Sie erinnerte sich noch allzu gut an den Tag, da sie zum ersten Mal hier gestanden hatte – hoffnungslos und verzagt. Nun durfte sie auf eine bessere, eine glücklichere Zukunft hoffen. Auf eine Stellung, die ihren Fähigkeiten entsprach. Julius Reuther setzte eine Menge Vertrauen in sie; sie wollte verdammt sein, wenn sie ihn enttäuschte. Es gab im Leben nicht oft die Gelegenheit für einen Neuanfang. Wenn sie sich bot, durfte man nicht zögern. Aus dem Grund hatte sie Julius’ Angebot angenommen.
    Zwar fand sie den Mann in vielerlei Hinsicht noch immer

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