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Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Titel: Das Haus in der Löwengasse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Frau», sagte Pauline. «Hier ist ein Dienstmädchen aus dem Hause Reuther. Sie sagt, dass Herr Reuther mich zu sprechen wünscht.»
    «Dich?» Frau Stein war sichtlich überrascht. «Was will er denn von dir?» Sie verzog streng die Lippen. «Du hast dir doch wohl nichts zuschulden kommen lassen?»
    «Nein, gnädige Frau, ganz bestimmt nicht.»
    «Also was soll dieser Unsinn?»
    «Kein Unsinn», mischte sich Kathrin ungefragt ein. «Herr Reuther hat gesagt, dass Fräulein Schmitz ihn aufsuchen soll, un’ zwar möglichst bald.»
    Die Hausherrin warf der vorlauten Magd einen ärgerlichen Blick zu. «Nun, wenn Herr Reuther darauf besteht, dann geh am besten gleich zu ihm, Pauline. Aber halte dich nicht lange dort auf. Ich wünsche, dass du die liegengebliebenen Arbeiten bei deiner Rückkehr zügig erledigst. Ach ja, denk daran, die Schuhe, die zum Schuster müssen, heute Abend zusammenzustellen und zu reinigen.»
    «Natürlich, Frau Stein.»
    «Ich erwarte dich in spätestens zwei Stunden zurück», sagte Frau Stein und stolzierte aus dem Haus.
    «Einen Augenblick, bitte, Kathrin.» Pauline raffte ihre Röcke und hastete die Treppe hinauf, um ihren Mantel zu holen.
    Zehn Minuten später befand sie sich bereits auf dem Weg in die Löwengasse.
    «Herr Reuther hat wirklich nicht gesagt, was er von mir will?», fragte Pauline noch mal.
    Kathrin zuckte nur mit den Achseln. «Mir doch nicht.»
    «Klang er denn verärgert?»
    Kathrin sah sie verständnislos an. «Näh, warum dat denn?» Sie kicherte. «Na ja, jedenfalls nicht mehr als wie sonst.»
    Pauline unterdrückte ein Schmunzeln über Kathrins Ausdrucksweise. Aber sie musste erkennen, dass es sinnlos war zu versuchen, von der Frau etwas über Reuthers Anliegen zu erfahren. Kathrin war offenbar nicht die Allerklügste. Also fasste Pauline sich in Geduld.
    ***
    Auf Julius’ Schreibtisch herrschte ein rechtes Durcheinander an Papieren. Mit gerunzelter Stirn las er die Urkunde über den Grundstücksbesitz in Nippes und den Kaufvertrag seines Vaters. Darin waren die Grenzen eindeutig festgelegt. Leider war die Suche seines Vorarbeiters nach den Grenzsteinen ergebnislos geblieben. Nun stellte sich die Frage, ob die Schriftstücke falsch waren oder ob jemand absichtlich die Grenzsteine entfernt hatte.
    Gleich, wie er es drehte, die Angelegenheit war sehr ärgerlich, und in einem Rechtsstreit würde er schlechte Karten haben, solange die Frage nicht geklärt war.
    Als es an die Tür seines Arbeitszimmers klopfte, hob er etwas unwirsch den Kopf. «Ja, bitte.»
    «Guten Tag, Herr Reuther. Ihr Mädchen Kathrin hat mir ausgerichtet, dass Sie mich zu sprechen wünschen.»
    Julius blickte Pauline forschend an. Sie stand aufrecht und mit hochgezogenen Schultern da. An ihrem leicht defensiven Tonfall erkannte er, dass sie nervös war und offenbar schlechte Nachrichten erwartete. «Da waren Sie aber schnell hier, Fräulein Schmitz.»
    Pauline errötete. «Ich … Frau Stein war so freundlich, mir zwei Stunden freizugeben. Sie fand, dass ich eine so wichtige Einladung nicht aufschieben dürfe.»
    «So, fand sie das.» Belustigt faltete Julius die Hände auf dem Tisch. «Und Sie selbst waren wohl kein bisschen neugierig, weshalb ich Sie herbestellt habe.»
    «Ah … Also …»
    «Ja, das dachte ich mir.» Julius stand auf und ging um den Tisch herum, lehnte sich dagegen und verschränkte die Arme vor der Brust. «Dann will ich Sie nicht länger auf die Folter spannen. Ich möchte Sie einstellen.»
    Pauline starrte ihn an. «Wie bitte?»
    «Ich wünsche, dass Sie die Gouvernante meiner Kinder werden.»
    Ungläubig rang Pauline nach Atem. «Sie möchten, dass ich …? Warum?»
    «Weil Sie dafür geeignet sind.»
    Pauline schluckte. «Woher wollen Sie das wissen?»
    Julius ließ die Arme sinken und machte einen Schritt auf sie zu. «Ich weiß es eben. Wann können Sie anfangen?»
    «Wann …» Pauline schüttelte den Kopf. «Ich habe doch noch gar nicht zugesagt.»
    «Das werden Sie aber.»
    «Ach ja?» Irgendetwas an seinen Worten brachte Pauline auf, sodass sie ungewohnt widerwillig reagierte. «Und falls doch nicht?»
    Er ging noch einen Schritt auf sie zu. «Dann sind Sie ein dummes Huhn und bleiben für den Rest Ihres Lebens eine einfache Magd. Vermutlich werden Sie über kurz oder lang bei Elmar Schnitzler und seiner lieben Christine landen. Falls Ihnen das natürlich lieber ist …»
    Pauline schien empört etwas erwidern zu wollen, doch er ließ sie nicht zu Wort kommen.

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