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Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Titel: Das Haus in der Löwengasse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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die Servietten ordentlich anordnete und zum Schluss die Kerze in der Mitte des Tisches entzündete.
    «Siehst du, so sieht ein ordentlicher Frühstückstisch aus.»
    «Hat doch bis jetz’ auch keinen gestört. Der gnädige Herr guckt ja doch nicht hin.»
    «Ich schaue aber hin», erwiderte Pauline streng. «Und ich sage, dass der Frühstückstisch ab sofort ordentlich gedeckt wird. Das gilt auch für alle anderen Mahlzeiten. Ist das klar?»
    «Von mir aus.» Kathrin zuckte erneut mit den Schultern.
    «Muss hier am frühen Morgen schon gekeift werden?», kam Julius’ Stimme von der Tür her. Mit verdrießlicher Miene setzte er sich an seinen Platz.
    Pauline wandte sich ihm zu. «Guten Morgen, Herr Reuther.» Als er nicht sofort antwortete, zog sie die Augenbrauen zusammen.
    Er musterte sie abschätzend, bequemte sich dann jedoch, den Gruß zu erwidern. «Guten Morgen, Fräulein Schmitz. Wie ich sehe, sind Sie bereits früh am Morgen in Ihrem Element.»
    Sie lächelte schmal. «Dafür bezahlen Sie mich doch wohl.» Berthe kam mit dem Kaffee herein, und Pauline setzte sich Julius gegenüber an den Tisch. «Fräulein Ricarda ist eine talentierte Zeichnerin», sagte sie und beobachtete, wie ihr Arbeitgeber den ersten Schluck aus seiner Tasse nahm und kurz das Gesicht verzog, jedoch keinen Ton über das Gebräu verlor. Nachdem Berthe auch ihr eingeschenkt hatte, hob sie die Tasse an und schnupperte daran, bevor sie einen Schluck kostete. Wie bereits an den Vortagen musste sie ein Schütteln unterdrücken. Der Kaffee schmeckte säuerlich und abgestanden.
    «Das weiß ich», antwortete Julius. «Ich habe ihr eine Staffelei geschenkt, damit sie nicht mehr auf dem Fußboden malen muss.»
    «Das war sehr umsichtig von Ihnen. Die Utensilien, die sie besitzt – Pinsel, Farben und so fort –, sind von ausgezeichneter Qualität.»
    «Worauf wollen Sie hinaus?» Ungeduldig beugte Julius sich ein Stückchen vor.
    «Das Licht in Ricardas Zimmer ist nicht sehr gut. Und ich möchte ihr gern noch ein paar weitere Maltechniken zeigen.»
    «Dann tun Sie es.»
    «Dazu würde ich die Staffelei gerne im kleinen Wohnzimmer aufstellen.»
    «Dort lese ich am Abend die Zeitung.»
    «Abends werden wir ja auch nicht malen, gnädiger Herr.»
    «Aber die Staffelei wird dort herumstehen und mir im Weg sein.»
    «Es wäre zu umständlich, sie jedes Mal wieder abzubauen.» Pauline faltete die Hände auf dem Tisch und erwiderte Julius’ kühlen Blick, ohne mit der Wimper zu zucken.
    Er war es schließlich, der den Blick zuerst abwandte. «Also gut, wenn Sie denken, dass Sie dort besseres Licht haben.»
    «Das denke ich.» Pauline nahm einen zweiten Schluck Kaffee und stellte mit Erstaunen fest, dass ihre Hand leicht zitterte und ihr Puls beschleunigt war. Sie schob es auf den Umstand, dass sie es nicht gewöhnt war, mit einem Mann über den Standort einer Staffelei zu feilschen.
    «Guten Morgen, Papa, guten Morgen, Fräulein Schmitz.»
    Ricarda und Peter betraten das Speisezimmer und setzten sich auf ihre Plätze.
    «Guten Morgen», antwortete Julius, ohne von seinem Teller mit dem frischen Kuchen aufzublicken. Peter begann gleich mit seinem Frühstück, doch Ricarda sah enttäuscht zwischen ihrem Vater und Pauline hin und her.
    Pauline hatte das Mädchen früher am Morgen wieder hübsch frisiert; vermutlich hatte Ricarda gehofft, die Veränderung würde ihrem Vater auffallen.
    Pauline lächelte ihr aufmunternd zu. «Guten Morgen, ihr zwei. Wie ich sehe, trägst du das neue blaue Haarband, Ricarda. Es steht dir ausgezeichnet.»
    «Was für ein neues Haarband?» Prompt hob Julius den Kopf und musterte seine Tochter. Pauline sah an seinem Gesichtsausdruck, der von fragend zu überrascht bis hin zu anerkennend wechselte, dass er die Veränderung bemerkte. Leider äußerte er sich mit keinem Wort zu der neuen Frisur. «Ich habe dir keine neuen Haarbänder erlaubt.»
    «Entschuldigen Sie, gnädiger Herr», sagte Pauline rasch, bevor Ricarda etwas Patziges erwidern konnte. «Ich habe ihr eines meiner Haarbänder geschenkt. Ich hoffe, das stört Sie nicht.»
    «Oh, ach so. Na, von mir aus.» Damit wandte er sich erneut seinem Teller zu, aß das letzte Stück Kuchen und spülte mit dem Rest Kaffee nach. Kurz richtete er sich an Peter. «Was macht ihr heute in der Schule?»
    «Wir schreiben heute eine Geschichte», erzählte Peter eifrig. «Die muss mindestens eine Seite lang sein. Und dann machen wir noch Kopfrechnen. Herr Stresemann sagt, das kann ich

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