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Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Titel: Das Haus in der Löwengasse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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ordentlich gedeckt. Sogar die Servietten waren akkurat gefaltet.»
    «Eine tüchtige Hausfrau also auch.» Herold nickte vor sich hin. «Genau das, was Ihnen gefehlt hat.»
    «Das mag sein, aber ich fürchte, ich habe mir eine Menge Ärger ins Haus geholt», sagte Julius nachdenklich.
    «Wie kommen Sie denn darauf? Mir kommt es eher vor, als würde diese junge Dame endlich Ordnung schaffen.»
    «Sie hat mein Wohnzimmer zu einem Maleratelier für Ricarda umstaffiert.»
    «Ihre Tochter malt ganz entzückende Bilder. Wenn sie mal eines fertigstellt.»
    «Das Schlimme ist, dass ich keine andere Wahl hatte, als dieser Idee zuzustimmen.»
    Herold blickte Julius von der Seite an, dann lächelte er amüsiert. «Sie hatten wirklich zu lange kein Frauenzimmer mehr um sich, Herr Reuther. Sonst wüssten Sie, worauf Sie sich da eingelassen haben.»
    «Sind Berthe und Kathrin etwa keine Frauen?»
    Nun lachte Herold herzlich. «Berthe ist schon jenseits von Gut und Böse, und Kathrin … die ist ein dummes Hühnchen. Nein, ich meine eine richtige Frau. Eine, die Ihnen Paroli bietet, wenn es nötig ist. Aber das wissen Sie doch selbst, sonst hätten Sie sie gar nicht eingestellt, nicht wahr?»
    Julius stieß einen undefinierbaren Laut aus. «Ich habe sie eingestellt, weil meine Kinder eine Erzieherin brauchen.»
    «Ich gehe jede Wette ein, dass bei diesen Erziehungsmaßnahmen auch der eine oder andere Handstreich auf Sie abfällt.» Herold lachte noch immer in sich hinein.
    «Dafür wird Fräulein Schmitz nicht bezahlt», sagte Julius und senkte verlegen den Blick.
    «Glauben Sie mir, so was ist bei Frauen immer im Preis mit inbegriffen.»
    «Deshalb wollte ich auch keine Frau mehr in meinem Haus haben.»
    «Nein.» Unvermittelt wurde Herold ernst. «Sie wollten keine Frau mehr im Haus, weil die, die Sie hatten, Ihnen die Freude an der Zweisamkeit gründlich vergrätzt hat. Aber es gibt auch Frauen, für die es sich lohnt, ein paar Kompromisse einzugehen.»
    Julius winkte ab. «Halten Sie mir keine Predigt, Herold. Gehen Sie heim. Wir sehen uns morgen.»
    Ohne ein weiteres Wort ließ er seinen Vorarbeiter stehen und begab sich mit großen Schritten zurück in sein Arbeitszimmer über der Fabrikhalle. Dort angekommen, ließ er sich auf seinen Stuhl sinken und legte den Kopf in den Nacken. Wie immer hatte sein Vorarbeiter gut beobachtet und Schlüsse gezogen, die der Wahrheit sehr nahe kamen. Wie nah, behielt Julius aber derzeit lieber noch für sich. In einem Punkt irrte Herold sich: Es war nicht die Zweisamkeit an sich, die Julius verleidet worden war. Er war es nur nicht gewöhnt, sich nach jemand anderem zu richten. Ihm war klar, dass er einige Veränderungen zugunsten der Kinder über sich würde ergehen lassen müssen, aber das bedeutete nicht, dass es ihm leichtfallen würde.
    Bewusst hatte er Pauline bei ihrer Einstellung ganz deutlich die Grenzen aufgezeigt, innerhalb deren sich ihre Beziehung – ihr Zusammenleben – bewegen würde. Er wusste, dass sie ihm dafür dankbar war. Aus dem, was er über sie in Erfahrung gebracht hatte, konnte er sich ein recht gutes Bild über ihre Vergangenheit machen. Ganz sicher war es auch in ihrem Interesse, sich voll und ganz auf die Erziehung der Kinder zu konzentrieren. Das gab ihr eine sichere und würdige Stellung und ein Dach über dem Kopf; ihm nahm es zumindest die Sorge um Ricardas und Peters weitere Entwicklung. Er wusste, dass er kein Mustervater war. Es fiel ihm schwer, sich den Kindern gegenüber zu öffnen. Das emotionale Auf und Ab seiner Ehe und deren schrecklicher Ausgang hatten ihn eine Mauer um sich errichten lassen, die er mit großer Sorgfalt pflegte.
    Eine Weile starrte er zur Decke hinauf, bis sich vor seinem inneren Auge Paulines Gesicht manifestierte, dann ihre Gestalt in dem schlichten und dennoch sehr kleidsamen blauen Gewand, das er ihr von der Schneiderin mitgebracht hatte. Er hatte gedacht, dass es durch den strengen, schmalen Schnitt gerade recht für eine Gouvernante sei. Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, dass sie dieses Kleid mit so viel Anmut und Würde tragen könnte, dass es beinahe verführerisch wirkte.
    Mit einem Ruck richtete Julius sich auf. Solche Gedanken verboten sich strikt! Kopfschüttelnd wandte er sich der Korrespondenz auf seinem Schreibtisch zu. Er konnte jedoch nicht verhindern, dass erneut Paulines Gesicht vor seinem inneren Auge auftauchte. Sie war hübsch, keine Frage. Wenn sie lächelte – was sie nur selten tat, zumindest in

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