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Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Titel: Das Haus in der Löwengasse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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wenigstens etwas besser als Lesen.»
    «Du hast Probleme mit dem Lesen?»
    Pauline schüttelte sachte den Kopf. «Wir haben gestern viel geübt. Es geht schon recht ordentlich.»
    Julius nickte ihr knapp zu. «Bis heute Abend dann. Auf Wiedersehen.»
    «Auf Wiedersehen, Papa», erklang es im Chor.
    Julius sah seine beiden Kinder noch einmal kurz an und verließ mit großen Schritten das Speisezimmer. Auf Pauline wirkte es fast wie eine Flucht.
    «Er hat gar nicht hingeschaut.» Ricarda schob ihren Teller von sich und wollte aufstehen. Pauline legte ihr rasch eine Hand auf den Arm. «Bleib sitzen, Kind. Das Frühstück ist noch nicht beendet. Wir stehen nicht vom Tisch auf, bevor nicht alle mit dem Essen fertig sind.»
    «Aber Papa macht das auch immer.»
    «Dennoch benehmt ihr euch. Beide», setzte sie mit einem Blick auf Peter hinzu, der ebenfalls unruhig wurde. Innerlich machte sie sich eine Notiz, mit ihrem Arbeitgeber über dessen Tischmanieren zu sprechen. Wenn sie den Kindern etwas beibringen sollte, dann mussten die Erwachsenen mit gutem Beispiel vorangehen. «Heute Nachmittag gehen wir einkaufen», verkündete sie.
    «Muss ich mit?», wollte Peter sogleich wissen.
    Pauline schüttelte den Kopf. «Nein, für dich habe ich eine Aufgabe. Aber Ricarda wird mich begleiten.»
    «Was kaufen wir denn ein?», wollte das Mädchen sogleich wissen. Die Aussicht auf einen Ausgang in die Stadt schien ihr zu gefallen.
    «Wir werden einige Kurzwaren besorgen, und dann benötigst du einen neuen Nähkorb, Garn, eine Schere, Nadeln.»
    «Warum das denn?» Ricardas Miene wurde lang.
    Pauline bedachte sie mit einem bedeutsamen Blick. «Weil es an der Zeit ist, dass wir deine Fertigkeiten mit Nadel und Faden ausbilden.»
    ***
    «Berthe, was ist das für eine Brühe, die du uns jeden Morgen vorsetzt?» Pauline stellte die Kaffeekanne in den Ausguss.
    «Was heißt denn hier Brühe?» Überrascht griff Berthe nach der Kanne und begann sie auszuspülen. «Wir kaufen nur den besten Kaffee. Kostet ’n Vermögen.»
    Pauline sah sich in der Küche um. «Dann zeige mir bitte, wie du ihn zubereitest.»
    «Jetz’?
    «Ja, ich bitte darum.»
    «Na bitte, wie Sie woll’n.» Berthe setzte Wasser auf, dann holte sie die Kaffeebohnen aus der Speisekammer und mahlte sie in der Mühle. Nachdem sie damit fertig war, gab sie das Pulver in die Kaffeekanne, nahm das Wasser vom Herd und wollte es ebenfalls in die Kanne gießen.
    «Moment mal!» Pauline legte ihr eine Hand auf den Arm. «Das Wasser ist doch noch gar nicht heiß genug.»
    «Wieso heiß genug? Das mach ich immer so.»
    Pauline stellte den Wasserkessel zurück aufs Feuer. «Du musst warten, bis das Wasser siedet. Nicht kocht – siedet. Dann erst gießt du es über den Kaffee. Wenn das Wasser nicht heiß genug ist, schmeckt der Kaffee sauer – wie alte Schuhe.»
    Überrascht hob Berthe den Kopf. «Der gnädige Herr hat sich noch nie beschwert. Er schimpft nur, wenn er zu lang auf den Kaffee warten muss.»
    «Dann setz das Wasser zukünftig einfach ein paar Minuten früher auf, Berthe. Ich werde es dir morgen noch einmal zeigen.»
    «Ich hab’s schon verstanden, Fräulein Schmitz. Bin ja nicht dusslig. Ich trink selbst keinen Kaffee. Schmeckt mir nicht.»
    «Also gut.» Pauline ging zur Tür. «Solange die Kinder in der Schule sind, werde ich ein wenig aufräumen. Kathrin soll heißes Putzwasser vorbereiten. Ich möchte die Bibliothek und das Arbeitszimmer bis heute Abend sauber haben.»
    «Ähm … Fräulein Schmitz?» Berthe kratzte sich am Kinn. «Das würd ich nicht machen.»
    «Was meinst du?»
    «Der gnädige Herr will niemanden in seinem Arbeitszimmer. Auch nicht in der Bibliothek. Er wird böse, wenn da jemand ohne seine Erlaubnis reingeht.»
    «Davon hat er mir nichts gesagt.»
    «Is’ aber so, Fräulein Schmitz. Sie handeln sich Ärger ein, wenn Sie da aufräumen. Das macht der Herr Reuther immer selbst.»
    «Du liebe Zeit, weshalb denn nur?», fragte Pauline mit größter Verwunderung. «Dazu hat er doch Personal, oder nicht?»
    Berthe zuckte die Achseln. «Er ist eben eigen, unser gnädiger Herr. War er schon immer. Ich glaube, er hat sich früher in der Bibliothek vor seiner Frau versteckt und jetzt … Oh.» Erschrocken schlug die Haushälterin eine Hand vor den Mund. «Das hätte ich jetzt nicht sagen dürfen. Entschuldigen Sie, Fräulein Schmitz.»
    «Wofür denn?» Pauline setzte ein beruhigendes Lächeln auf und bemühte sich, sich die aufkeimende Neugier nicht

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