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Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Titel: Das Haus in der Löwengasse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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seiner Gegenwart –, schien etwas wie ein Sonnenstrahl über ihre Züge zu gleiten, und das blaue Kleid brachte ihre Augenfarbe zum Leuchten.
    Ärger – ja, er hatte sich ganz eindeutig Ärger ins Haus geholt – und zwar sehenden Auges. Entschlossen, alle Gedanken, die nichts mit seiner Arbeit zu tun hatten, rigoros beiseitezuschieben, griff Julius nach dem obersten Brief auf dem Stapel.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 12
    Nervös ging Pauline in der Diele auf und ab und versuchte, sich darüber klarzuwerden, wie sie ihren Plan in die Tat umsetzen sollte. Julius war zwar vor zwei Stunden nach Hause gekommen, hatte sich jedoch für das Abendessen entschuldigen lassen und sich in seine Bibliothek zurückgezogen. So hatte sie allein mit den Kindern gespeist und die beiden, obgleich es noch recht früh war, inzwischen zu Bett geschickt. Peter hatte dies nicht weiter beanstandet, doch Ricarda musste Pauline erst versprechen, morgen etwas für die Familie auf dem Pianoforte zu spielen und zu singen, bevor das Mädchen zu Bett ging.
    Nun stand Pauline eine weitere Konfrontation bevor. Noch dazu eine von der Art, wie sie einer jungen Dame nicht anstanden. Zudem war sie noch nicht lange hier im Haus und wusste nicht recht, wie viel sie sich gegenüber ihrem Arbeitgeber herausnehmen durfte. Da sie ihn – bis auf die Mahlzeiten – kaum einmal zu Gesicht bekam, konnte sie ihn immer noch nicht einschätzen.
    Kurz dachte sie an ihren Onkel Theobald, der ein gütiger, fröhlicher Mann gewesen war. Streng zwar, was das gute Benehmen anging, jedoch hatte er stets ein offenes Ohr für Pauline gehabt. Sie wusste, dass sie unschätzbares Glück gehabt hatte, in seinem Haus aufwachsen zu dürfen, und vermisste ihn schmerzlich. Erst seit sie ganz allein auf der Welt stand, war ihr bewusst geworden, wie schwer es Frauen – gleich, welchen Standes – gegenüber den Männern hatten.
    Sie atmete tief durch und trat auf die Tür zur Bibliothek zu. Am besten war es vermutlich, den Stier einfach bei den Hörnern zu packen. Sie würde geradeheraus sagen, was ihr vorschwebte. Das war gewiss auch im Sinne ihres Arbeitgebers, der ihr gegenüber ja bisher auch immer eine unverblümte Offenheit an den Tag gelegt hatte.
    Sie richtete sich auf, nahm die Schultern zurück, setzte ein unverbindliches Lächeln auf und klopfte an die Tür. Auf das leise «Herein» hin betrat sie die Bibliothek.
    Nachdem die Tür hinter ihr ins Schloss gefallen war, sah sie sich neugierig um. Bisher hatte sie nur kurze Blicke auf diesen Raum erhaschen können, wenn die Tür einmal einen Spalt offen gestanden hatte.
    Die Wände waren von deckenhohen Bücherregalen gesäumt, zwischen denen erstaunlich farbenfrohe Landschaftsgemälde und einige Porträts von Personen hingen, die Pauline den Gesichtszügen nach für Verwandte ihres Arbeitgebers hielt. Es gab zwei große Fenster, die nach vorne zum Tor und zur Straße hinausgingen. Vor dem linken stand ein Schreibpult mit einem gepolsterten Stuhl. In der rechten Hälfte des Raumes waren ein dunkelgrünes Kanapee und drei passende Sessel arrangiert.
    In einem der Sessel saß Julius und blickte ihr fragend entgegen. «Ja bitte, Fräulein Schmitz? Gibt es ein Problem?» Seine Stimme klang gereizt, was Pauline veranlasste, ihre Strategie kurzfristig zu ändern. Gemessenen Schrittes trat sie auf die Sitzgruppe zu und nahm überrascht wahr, dass Julius sie mit einer Geste aufforderte, Platz zu nehmen.
    Sie setzte sich in den Sessel ihm schräg gegenüber und faltete die Hände im Schoß. «Entschuldigen Sie die Störung, Herr Reuther. Ich habe ein wichtiges Anliegen … Ihre Tochter betreffend.»
    «Will sie ihre Staffelei zukünftig in meinem Schlafzimmer aufbauen?» Seine Stimme klang brüsk, doch wenn sie sich nicht täuschte, glitzerte ein winziger Schalk in seinen Augen.
    Sie nahm all ihren Mut zusammen. «Nein, Herr Reuther, keine Sorge. Es geht vielmehr um ihre hausfraulichen Fähigkeiten.»
    «Ricarda hat hausfrauliche Fähigkeiten? Das ist mir neu.»
    Beinahe hätte sie geschmunzelt, dachte aber, dass das nicht angebracht war. Also riss sie sich zusammen. «Sie haben ganz recht, es hapert in dieser Hinsicht noch sehr. Wie Ihnen Jakob sicherlich bereits mitgeteilt hat, haben wir heute für Ricarda einen neuen Handarbeitskorb besorgt. Ich werde sie von nun an mehrmals wöchentlich im Sticken und Nähen unterweisen.»
    «Und was habe ich damit zu tun?»
    «Es ist so, gnädiger Herr …» Pauline suchte nach den

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