Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Titel: Das Haus in der Löwengasse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
Vom Netzwerk:
und lege deine Haarbänder bereit. Ich möchte dich noch frisieren. Wo steckt denn Peter überhaupt?»
    «Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, hat er in seinem Zimmer mit dem Holzpferd gespielt.»
    «Also gut, ich sehe nach ihm und sorge dafür, dass er sich ordentlich kleidet. Dann kümmere ich mich um dein Haar.»
    Die folgende Stunde verbrachte sie damit, die Kinder für den Abend vorzubereiten. Wieder und wieder ermahnte sie die beiden, sich angemessen zu benehmen. Insgeheim wusste sie, dass diese Aufforderung nicht nur den Kindern galt, sondern auch ihr selbst.
    Als dann die Gäste eintrafen, ging alles viel einfacher, als sie gedacht hatte. Zwar spürte sie die neugierigen Blicke insbesondere Ariane Steins auf sich, doch äußerte sich zunächst niemand über ihre Anwesenheit an der Tafel.
    Pauline hatte rasch ein weiteres Gedeck auflegen lassen müssen, denn das Ehepaar Oppenheim hatte seine jüngste Tochter Frieda mitgebracht. Eine sehr attraktive Zwanzigjährige mit kupferrotem Haar und makelloser, elfenbeinfarbener Haut. Sie war als einziges Kind der Oppenheims noch nicht verheiratet, und es wurde nur allzu rasch deutlich, dass sich die Eltern erhofften, Frieda würde bei Julius Interesse wecken.
    Wie es ihrer Aufgabe entsprach, kümmerte Pauline sich vorrangig um die Kinder und achtete darauf, dass sie sich an ihre Manieren erinnerten. Den Gesprächen am Tisch folgte sie mit einem Ohr. Da es hauptsächlich um Geschäftliches ging, hätte sie sich kaum beteiligen können, selbst wenn sie gewollt hätte. Die Damen plauderten über die neueste Mode und gemeinsame Bekannte, sodass Pauline auch hier ausgeschlossen war.
    Schließlich wurde sie nach dem Dessert doch noch von Elisa Schnitzler angesprochen: «Nun, Fräulein Schmitz …» Sie räusperte sich, und es war ihr anzusehen, dass es ihr nicht ganz leichtfiel, Pauline zu siezen. «Wie ich sehe, haben Sie sich schon sehr gut eingelebt. Aber ich muss Ihnen sagen, dass mein Sohn und seine Verlobte, die liebe Christine, sehr enttäuscht waren, als sie erfuhren, dass Sie die Stelle hier im Hause angenommen haben. Mein guter Elmar hatte sich so darauf verlassen, dass Sie die angebotene Stellung in seinem Haushalt antreten würden, sobald die beiden den Bund der Ehe geschlossen haben.» Sie lachte geziert. «Aber es besteht ja noch Hoffnung, nicht wahr? Wenn Fräulein Ricarda erst ins heiratsfähige Alter kommt – so lange dauert das ja nicht mehr –, dann werden Sie vielleicht eine neue Stellung benötigen, nicht wahr? Denn Klein Peter sollte bis dahin dem Alter für eine Gouvernante entwachsen sein und einen männlichen Hauslehrer erhalten. Ist es nicht so, Herr Reuther?»
    Julius, der gerade mit Friedrich Oppenheim gesprochen hatte, wandte sich ihr zu. «Darüber, liebe Frau Schnitzler, werden wir erst nachdenken, wenn es so weit ist.»
    «Aber es muss Sie doch freuen zu wissen, dass Ihre Gouvernante nach Beendigung ihrer Dienstzeit hier bereits die Aussicht auf eine sehr gute neue Stellung hat. Oder …» Sie legte den Kopf schräg und musterte ihn neugierig. «Haben Sie vielleicht Heiratspläne und möchten Fräulein Schmitz auch für etwaige weitere Kinder im Hause behalten? Das könnte ich natürlich vollkommen verstehen.» Sie warf Pauline einen abschätzenden Blick zu. «Sie scheint ja einen guten Einfluss auf Fräulein Ricarda und den kleinen Peter zu haben. Die beiden legen wirklich ein ausgezeichnetes Benehmen an den Tag.»
    Pauline biss sich auf die Zunge, um nichts auf diese unerhörte Bemerkung zu erwidern. Zum Glück verstanden weder Ricarda noch Peter die Spitze hinter Elise Schnitzlers Worten, sondern nahmen sie als Kompliment. Zumindest Ricarda hob stolz den Kopf und lächelte erfreut.
    Peter grinste. «Ricarda kann auch singen», verkündete er fröhlich.
    Pauline stieß ihn an. «Bist du wohl still!»
    «Aber …» Peter blickte sie fragend an. Als er ihre strenge Miene sah, erlosch sein Lächeln. «’tschuldigung.»
    «Angenommen.» Sie warf ihm ein kurzes Lächeln zu, um ihm zu zeigen, dass sie nicht böse war.
    «Ist das wahr?», fragte Ariane Stein und beugte sich über den Tisch zu Ricarda hinüber. «Möchtest du uns etwas vorsingen?»
    «Ich, äh …» Unsicher blickte Ricarda von Pauline zu ihrem Vater. Obgleich sie vorhin selbst noch von dieser Möglichkeit geschwärmt hatte, schien sie nun unsicher, was sie tun sollte.
    Pauline antwortete an ihrer Stelle: «Natürlich wird Fräulein Ricarda Ihnen gerne ein oder zwei

Weitere Kostenlose Bücher