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Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Titel: Das Haus in der Löwengasse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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festhielt.
    Er ließ sie los. «Dafür, dass Ihre Art der Kriegsführung erfolgreich war, Fräulein Schmitz. Ich habe einen sehr unterhaltsamen Nachmittag mit den Kindern verlebt.»
    Nun lächelte auch sie. «Das freut mich zu hören.»
    «Allerdings zwingen Sie mich dazu, mich Ihrer Taktik anzupassen. Ich wünsche, dass Sie heute Abend an unserer Tafel zugegen sind.»
    Pauline wurde blass. «Aber das … das geht doch nicht.»
    «Und warum nicht? Sie sind die Gouvernante meiner Kinder und gleichzeitig die Dame des Hauses.»
    «Das bin ich nicht.»
    «Wenn ich es sage, sind Sie es.»
    «Das Ehepaar Stein wird auch hier sein. Ich war ihr Dienstmädchen und kann doch jetzt nicht einfach mit ihnen an einem Tisch speisen.»
    «Weshalb denn nicht? Schauen Sie mich nicht so entsetzt an. Ich stelle Sie den Herrschaften ja nicht als meine Zukünftige vor.» Sein Lächeln hatte etwas Schalkhaftes an sich. «Und wie ich schon sagte: Ich muss mich Ihrer Taktik anpassen. Es wird mir ein Vergnügen sein, Ihnen dabei zuzusehen, wie Sie unsere Gäste heute Abend stilvoll unterhalten werden.»
    «Unterhalten?» Pauline begriff, dass es mit ihrer reinen Anwesenheit bei Tisch nicht getan sein würde.
    «Sie werden uns doch sicher den Gefallen tun, nach dem Essen ein wenig auf dem Pianoforte zu spielen und ein paar Weihnachtslieder vorzutragen, nicht wahr?»
    «Aber …»
    «Und ziehen Sie sich etwas Hübsches an. Ihre Garderobe dürfte doch mittlerweile ein wenig mehr Auswahl bieten, nicht wahr?»
    Pauline nickte. Tatsächlich hatte sie am Vortag bereits zwei der von Julius bezahlten Kleider bei der Schneiderin abholen können. Am Rest ihrer neuen Garderobe arbeiteten die Näherinnen noch.
    «Dann wäre das also abgemacht.» Zufrieden wandte sich Julius zum Gehen, drehte sich jedoch noch einmal um. «Zu Weihnachten erwarten wir keinen Besuch außer den meiner Mutter. Ich möchte Sie bitten, sich an diesen Tagen der Kinder ganz besonders anzunehmen.» Er hob die Hand, als sie protestieren wollte. «Damit will ich nicht sagen, dass ich nicht zugegen sein werde. Es ist nur so, dass Weihnachten eine schwierige Zeit für uns ist. Meine Frau starb vor drei Jahren am ersten Weihnachtsfeiertag.»
    «Oh, das …» Ehe Pauline etwas sagen konnte, war er zur Tür hinaus.
    ***
    Eine Stunde später warf Pauline einen prüfenden Blick in den Spiegel über ihrem Toilettentisch. Sie zupfte an den Löckchen, die sich nach der Bearbeitung mit dem Brenneisen hübsch an ihren Schläfen kringelten. Sie hatte sich für das braune Kleid mit dem herzförmigen Ausschnitt entschieden. Seit sie es mit Kathrins Hilfe angezogen hatte, spürte sie ihren erhöhten Pulsschlag. Obgleich sie sich gut zuredete, dass keinerlei Anlass zur Nervosität bestand, konnte sie sich einer gewissen Unruhe nicht erwehren. Wie würden die Steins reagieren, wenn sie sie sahen? Auch das Ehepaar Schnitzler kannte sie als einfaches Dienstmädchen. Lediglich die Oppenheims waren ihr nicht näher bekannt. Aber natürlich würden auch sie umgehend erfahren, dass Julius Reuther eine Magd zur Gouvernante seiner Kinder gemacht hatte. Er schien damit keinerlei Probleme zu haben, warum also sollte sie sich fürchten?
    Es half nichts, Pauline hatte Angst. Das Einzige, was sie tun konnte, war, sich so wohlerzogen wie nur möglich zu zeigen und damit der Stellung, die sie innehatte, gerecht zu werden.
    «Sie sehen aber hübsch aus, Fräulein Schmitz», kam Ricardas Stimme von der Tür her.
    Pauline wandte sich ihr zu. «Vielen Dank.» Sie kniff die Augen zusammen. «Warum hast du das gute rosafarbene Kleid angezogen?»
    Ricarda lächelte fröhlich. «Papa hat gesagt, dass ich heute Abend bei der Gesellschaft sitzen darf. Und Peter auch. Aber nicht zu lange. Und er hat gesagt, dass ich vielleicht sogar etwas vorsingen darf.»
    «Ach, hat er das?» Stirnrunzelnd trat Pauline auf das Mädchen zu. Jetzt wusste sie, was er mit den Worten gemeint hatte, er würde es ihr mit gleicher Münze heimzahlen. «Das ist eine große Ehre für euch. Ich hoffe, du weißt, was das bedeutet?»
    Ricarda hob zögernd den Kopf. «Nein, was denn?»
    «Dass ihr euch vorbildlich benehmen müsst! Ich will kein Gezappel sehen, kein Gezanke und keine vorwitzigen Kommentare von euch hören. Ihr sprecht nur, wenn ihr gefragt werdet. Ist das klar?»
    Ricarda zuckte mit den Achseln. «Mir brauchen Sie das doch nicht zu sagen. Peter ist derjenige, der immer dummes Zeug plappert.»
    «Soso. Dann geh rasch in dein Zimmer zurück

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