Das Haus in der Löwengasse (German Edition)
weil er ein Mann ist.»
«Damit könnte sie recht haben.» Pauline lächelte und erhob sich. «Nun wird es aber Zeit für dich zu schlafen.»
«Ja. Gute Nacht, Fräulein Schmitz.»
Pauline beugte sich zu ihr hinab und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. «Gute Nacht, Ricarda. Schlaf gut.»
«Sie bleiben ganz bestimmt für immer hier?»
«So lange, wie ihr mich braucht», versprach Pauline und löschte das Licht.
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Kapitel 17
«Sind Sie sicher?» Aufgeregt ging Julius im Arbeitszimmer über seiner Fabrik auf und ab. «Die Grenzsteine lagen einfach so da?»
«Jemand muss sie ausgegraben und achtlos fortgeworfen haben», bestätigte sein Vorarbeiter Herold.
«Aber warum?» Verwirrt fuhr sich Julius mit den Fingern durch sein kurzes Haar. «Das ergibt doch keinen Sinn. Erst klagt Lungenberg mich wegen Grenzverletzung an, dann finden wir die Steine, und in der Zwischenzeit …» Er runzelte die Stirn. «Ob er etwas mit den Gerüchten zu tun hat, dass ich zahlungsunfähig sei?»
Herold strich sich über den Kinnbart. «Das werden wir ihm wohl nicht nachweisen können, Herr Reuther. Und aus welchem Grund sollte er Sie derart in Misskredit bringen wollen?»
«Ich habe keine Ahnung.» Entnervt ließ sich Julius auf den Rand seines Schreibtischs sinken. «Die Zeichen stehen schlecht. Weder Bäumler noch Hinrichsen wollen mir einen Aufschub gewähren. Anscheinend haben sie in der Vergangenheit zu viele Verluste mit Kunden gemacht, die sich in dubiose Anlagegeschäfte gestürzt haben. Also genau das, was ich vermeiden wollte.»
«Können Sie die ausstehenden Beträge aufbringen?»
«Gerade so.» Julius seufzte. «Aber das bedeutet, dass ich meine Zahlungen für die neuen Webstühle zurückhalten muss.»
«Und wenn Sie die Löhne für einen Monat …»
«Nein, auf keinen Fall! Wenn sich herumspricht, dass ich die Löhne meiner Arbeiter einbehalte, wird die Situation nur noch schlimmer. Das ist Wasser auf die Mühlen derer, die mich jetzt schon misstrauisch beäugen. Verdammt!» Er schlug sich mit der Faust in die flache Hand. «Wenn ich nur wüsste, wer dahintersteckt!»
«Ich werde weiterhin meine Augen und Ohren offen halten, Herr Reuther», bot Herold mit ernster Miene an.
Julius nickte ihm zu. «Danke. Das weiß ich zu schätzen.»
«Für Sie immer, das wissen Sie.» Der Vorarbeiter wandte sich zum Gehen. «Zumindest in Ihren Haushalt scheint ja nun endlich Ruhe eingekehrt zu sein.»
«Ruhe?» Julius hob die Brauen.
Herold schmunzelte. «Nun ja, Sie beschweren sich nicht mehr so oft wie zu Anfang über die Bemühungen von Fräulein Schmitz, Ihr Leben zu ordnen.»
«So nennen Sie das also?»
«Natürlich. Dazu ist eine gute Frau doch da. Übrigens hatten Sie es ganz unterlassen, mir zu erzählen, wie hübsch sie ist. Sie war der strahlende Stern auf dem Neujahrsball.»
«Da haben Sie nicht unrecht.»
«Warum haben Sie dann nicht einmal mit ihr getanzt, Herr Reuther?».
«Das wäre wohl nicht ganz angebracht gewesen.»
«Was?» Verblüfft runzelte Herold die Stirn. «Sie war ebenso eingeladen wie Sie. Nur weil die junge Dame für Sie arbeitet, muss das doch nicht heißen, dass Sie nicht mit ihr …» Er stockte, als er Julius’ Miene sah. «Da hol mich doch …! Meine Güte, warum machen Sie es sich denn so schwer? Ich bin sicher, dass Fräulein Schmitz mit Freude Ihre …»
«Nein, Herold, das würde sie nicht», unterbrach Julius ihn. «Und ich bin mir nicht sicher, ob es das Richtige für mich wäre.»
«Nicht?» Herold schüttelte erheitert den Kopf. «Dann sollten Sie sich aber abgewöhnen, beim bloßen Gedanken an die Dame so zu schauen wie eben. Wenn mir das auffällt, dann wird es das jedem anderen auch.»
«Das ist zweifelsohne keine Sache, die ich mit Ihnen diskutieren werde», antwortete Julius spröde.
Herold zuckte mit den Schultern. «Wie Sie meinen. Aber eins sage ich Ihnen trotzdem: Sie könnten es schlimmer treffen.»
«Das weiß ich.»
Herold kniff die Augen zusammen. «So schlimm nun auch wieder nicht. Das passiert einem nur einmal im Leben – und auch nur, wenn man ausgesprochenes Pech hat.»
***
«Meine liebe Freundin, kommen Sie herein!», rief Frieda Oppenheim und ergriff Paulines Hände. «Wie schön, dass Sie es einrichten konnten, Herrn Reuther zu begleiten.»
Pauline lächelte zurückhaltend. «Vielen Dank für Ihre Einladung, Frieda. Ich muss zugeben, ich war sehr überrascht. Gibt es etwas, das Sie mit mir besprechen möchten?»
«O
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