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Das Haus in Georgetown

Das Haus in Georgetown

Titel: Das Haus in Georgetown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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ist das zweite Mal, dass du mich in meinen eigenen vier Wänden brüskiert hast.“
    Sie konnte kaum glauben, dass sie das wirklich ausgesprochen hatte. Er erstarrte. Da sie sich nicht traute, noch etwas zu sagen, trat sie ins Haus zurück und ließ die Tür fest ins Schloss fallen.

20. KAPITEL
    Die „Georgetown Regional Library“ öffnete jeden Morgen um zehn, und in den nächsten Wochen wartete Faith jeden Tag bereits auf der Schwelle. Es hatte keinen Sinn mehr, etwas am Haus zu tun, sobald die Kinder zur Schule gegangen waren. Der Bauunternehmer kam jeden Morgen ziemlich früh, um die Schränke aufzubauen und die Lieferungen zu überwachen. Faith war dabei nur im Weg, also suchte sie das Weite.
    Sie hatte die Recherchen über ihre Schwester lange genug vor sich her geschoben. Mittlerweile wusste sie mehr über ihre entfernten Vorfahren als über die Menschen, die ihr am nächsten standen. Candace und Violet waren durchaus interessant, aber Hope hatte ihr Leben viel stärker beeinflusst.
    Am Dienstag bat Faith Dorothy um das Sammelalbum. Sie las bis zum Mittag und notierte Fragen und Stichpunkte. Sie war erstaunt, wie viele Informationen hier zusammengetragen worden waren. Das Album war eine chronologische Dokumentation der Entführung und der polizeilichen Nachforschungen. Die Grundzüge waren ihr bekannt, aber sie erkannte sofort, dass an der Geschichte mehr dran war. Sie tauchte in den Strudel der Suche, der Verdächtigen, der Alibis, der Theorien ein, lernte sogar die Charakterzüge der Reporter kennen, die offenbar unter dem Druck gestanden hatten, jeden Tag etwas über den Fall zu schreiben, auch wenn es eigentlich nichts Neues gab.
    Am Freitag hatte sie mehr Fragen als Antworten. Sie hätte Lydia oder Joe um Aufklärung bitten können, aber beide mieden alle Themen, die mit Hopes Entführung zusammenhingen: Lydia, weil der Verlust sie quälte, Joe, weil er das Verschwinden seiner Tochter als sein persönliches Versagen ansah.
    Die Entführung war ihm eine Schmach. Zwar hatte sie ihm eine immense Publizität eingebracht, eine Menge Sympathien und Stimmen bei der nächsten Wahl und letztendlich einen Sitz im Senat, aber Joe war immer noch der Mann, der sich sein Töchterchen hatte klauen lassen.
    Außerdem war Joe nachtragend, und solange sie sich nicht für das entschuldigte, was sie während des Unwetters gesagt hatte, existierte Faith für ihn praktisch nicht mehr.
    Während der Lektüre legte Faith Listen mit den Namen aller an, die an den Nachforschungen beteiligt gewesen waren, und am Freitagnachmittag rief sie beim FBI und der Distriktpolizei an, um herauszufinden, ob noch einer von ihnen im Dienst war. Die viele Arbeit zahlte sich nicht aus: Alle maßgeblichen Personen hatten längst den Dienst quittiert oder waren versetzt worden. Die Akte war zwar formell nie geschlossen worden, aber der Fall ruhte. Blieben also die ganz normalen Leute, die sich vielleicht an etwas erinnerten, das in den Zeitungen nicht zur Sprache gekommen war. Leute, die nicht zu nah dran waren und deshalb darüber reden konnten.
    Alles lief auf Dottie Lee hinaus.
    Zwar fand Dottie Lee immer irgendeinen Grund, Faith’ Einladungen auszuschlagen, aber Alex und sie besuchten ihre Nachbarin fast jeden Mittwoch zum Tee. Faith hatte sowohl Dottie Lee als auch Mariana bald ins Herz geschlossen. Aus den kleinen Geschichten, die ihr zusammen mit Scones und Lemon Curd serviert wurden, hatte sie erfahren, dass früher eine handverlesene Auswahl der Washingtoner Elite regelmäßig bei Dottie Lee ein und aus gegangen war. Weitere Andeutungen bezogen sich auf das Skandalfeuerwerk, das Washington erschüttern würde, sobald Dottie Lees Memoiren erschienen – vermutlich erst nach ihrem Tod. Überdie Jahre hatte sie Geschichten und Informationen angehäuft, so wie andere Frauen Quilts oder Fabergé-Eier sammelten.
    Jetzt griff Faith nach den scharlachroten Rosen, die sie auf dem Rückweg von der Bibliothek gekauft hatte, und klopfte an Dottie Lees Tür. Alex machte mit der Wissenschafts-AG seiner Schule einen Ausflug ins „Smithonian Institute“, und Remy hatte Erlaubnis, den Nachmittag bei Billie zu verbringen. So hatte Faith noch mindestens eine Stunde Ruhe.
    Dottie Lee öffnete, und die Freude in ihrem Gesicht überzeugte Faith umgehend, dass sie ruhig öfter spontan bei ihr hereinschneien sollte.
    „Denen konnte ich nicht widerstehen.“ Faith hielt ihr die Rosen hin, während Titi gewohnheitsgemäß nach ihrem Knöchel schnappte.

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