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Das Haus in Georgetown

Das Haus in Georgetown

Titel: Das Haus in Georgetown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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laufen, wo ihre Mutter Zimtschnecken backte oder Orangen auspresste, wie in einer dieser alten Sendungen auf dem Kinderkanal. Ihre Mutter würde sagen, wie gut ihr die Farbe stand, die sie gerade trug (gleich welche), und sie fragen, ob sie nach der Schule noch irgendwelche Termine hatte.
    Remy stellte nichts davon in Frage. So sollte es sein. Das war die gottgegebene Ordnung der Dinge.
    Aber sie hatte diese schlimmen Sachen nicht geträumt. Sie warenwirklich geschehen. Dieses Haus war real. Die Sünde ihres Vaters war real, und alles, was aus ihr folgte.
    Das war alles nicht fair. Sie hatte ein gutes Leben geführt. Sie rauchte und fluchte nicht. Sie lernte so viel wie nötig und schrieb glatte Einsen, ohne sich groß anzustrengen. Als eine Freundin einmal eine Dose Bier geklaut hatte und sie mit ihr teilen wollte, hatte Remy es Faith erzählt. Sie war kein Schmutzfink wie Alex, und bis zu dieser fürchterlichen Sache mit ihrem Vater war sie nie unhöflich gewesen.
    Was hatte das Gutsein für einen Zweck, wenn trotzdem solche Sachen passierten? Ihr fiel nichts ein, was sie falsch gemacht haben könnte, bis auf ein paar Lappalien, zum Beispiel dass sie Alex ausgesperrt hatte, als ihre Mutter beim Einkaufen gewesen war. Sie kam zu dem Schluss, dass es eigentlich überhaupt nichts brachte, gut zu sein. Denn andere Menschen konnten den Zorn Gottes heraufbeschwören, und man selbst wurde in Mitleidenschaft gezogen, weil man diesen Leuten nahe stand.
    Und wieder, wie seit Monaten, sann sie darüber nach, ob sie dafür bestraft wurde, dass sie nicht die perfekte Tochter gewesen war. Wenn ihr Vater sie mehr geliebt hätte oder stolzer auf sie gewesen wäre, hätte er sich dann nicht von Satan fern gehalten?
    Wenn ihre Mutter eine bessere, liebevollere Ehefrau gewesen wäre, wäre ihr Vater dann nicht daheim geblieben, wo er hingehörte?
    Sie bedauerte, dass es nichts gab, worauf sie sich setzen konnte, denn sie hatte nicht vor, sich an der Putzaktion zu beteiligen, ganz gleich, was Faith sagte. Sie durchmaß das kleine Zimmer und fragte sich, wo sie ihre Sachen unterbringen sollte. Sie hatte blöde Möbel, die sie ausgesucht hatte, als sie selbst noch klein und blöd gewesen war. Jetzt versuchte sie sich auszumalen, wie sie in diesemabsolut schrecklichen Zimmer aussehen würden. Sie brauchte kein Maßband, um herauszufinden, dass sich nicht alle ihre Sachen hier unterbringen ließen. Das Bett mit dem Baldachin mochte hineinpassen, denn die Decken waren hoch. Aber der Toilettentisch und die Truhe, die dazugehörten, würden den ganzen Platz an der Wand einnehmen. Für das Spielzeug und Puppen, die sie auf ihrem Spezialregal aufbewahrte, war sie jetzt zu alt, aber sie benötigte doch ein Bücherregal und einen Tisch, nur für den Fall, dass man an ihrer neuen Schule überhaupt lesen und schreiben musste.
    Remy wischte sich mit dem Saum ihres T-Shirts die Augen trocken. Sie hatte erwartet, dass ihre Mutter zu ihr kam, aber Faith und Alex unterhielten sich unten. Weil die Räume alle leer standen, konnte der Schall fast bis zu ihr nach oben dringen. Sie hätte wetten mögen, dass Alex die Gelegenheit nutzte und sie anschwärzte.
    Sie kickte einen Ball aus zusammengeknülltem Papier quer durch den Raum; er landete am Rand einer der Matratzen. Sie folgte ihm und trat gegen die Matratze, um zu prüfen, ob sich irgendetwas darin eingenistet hatte. Als nichts geschah, trat sie noch einmal zu. Sie ging zur Kopfseite und schob das Ding mit dem Fuß von der Wand weg. Nichts kam zum Vorschein.
    Auch egal! Sie beschloss, sich bis zum Mittagessen nicht mehr unten blicken zu lassen.
    Die Matratzen stanken, und sie wollte die Dinger loswerden. Sitzen konnte man jedenfalls nicht darauf. Also zerrte sie sie in den Flur, und als sie ins Zimmer zurückkehrte, ekelte sie sich vor den Spinnweben. Sie hatte keine Lust darauf, dass ihr eine Spinne – oder noch etwas Schlimmeres – auf den Kopf fiel, wenn sie herumlief.
    Sie ging hinunter, um Lappen und einen Besen zu holen.
    Nach einer Stunde Putzen hatte Faith ihre Pizza-Fantasie auf drei Mahlzeiten am Tag ausgedehnt. Selbst mit neuen Geräten konnte man in dieser Küche noch nicht kochen. In den Billigschränken fehlten Bretter. Das Spülbecken war angeschlagen, und der Abfluss leckte. Alex’ geliebte Ratte hatte sich in einer Ecke der Vorratskammer ein Nest gebaut und als Zugabe das Stromkabel angeknabbert, das zum Herd führte.
    Als Alex sich zu ihr gesellte, richtete sie sich mühsam auf.

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