Das Haus in Georgetown
dass sie den Tag in Georgetown verbringen sollte, wiederholte sie diesen einen Satz.
Faith war schon jetzt zermürbt, und der Tag hatte kaum begonnen. „Wann habe ich dir eigentlich beigebracht, dass Quengelei einem nützt, wenn man etwas erreichen möchte?“
„Ich will da nicht hin. Ich hasse es!“
Faith hob eine Kiste mit Putzlappen in den Kofferraum. „Sobald es sauber ist, wirst du es nicht mehr so hassen.“
Remy baute sich direkt vor ihrer Mutter auf, um ihre Entschlossenheit zu unterstreichen. „Ich werde es immer hassen. Ich werde dich hassen, weil du mich zwingst, da zu leben.“
Faith richtete sich auf. „Hör gut zu, Remy. Du hast ein Recht auf deine Gefühle. Du solltest sie nicht unterdrücken. Wirklich. Aber du wirst sie auch nicht an mir auslassen.“
„Dir ist doch egal, wie ich mich fühle.“
„Du musst dich mit den Tatsachen abfinden. Dieses Haus ist unsere beste Chance, und wir werden sie ergreifen. Jetzt geh rein und hol Alex. Wir müssen los.“
Remy brauchte gar nicht loszulaufen. Alex raste schon aus dem Haus. „Darf ich vorne sitzen?“
„Ich will gar nicht nach vorn, damit das klar ist.“ Remy rutschteauf den Rücksitz und schlug die Tür so heftig zu, dass das ganze Auto wackelte.
Alex machte sich die schlechte Laune seiner Schwester zu Nutze und plapperte den ganzen Weg bis in die Stadt. Faith bemerkte, wie selten Alex derjenige war, der mit sich und der Welt zufrieden wirkte. Der Ortswechsel schien ihm gut zu tun.
„Glaubst du, dass es Kinder in der Nachbarschaft gibt?“ Er verriegelte und entriegelte seine Tür bestimmt fünfzehn Mal in ebenso viel Minuten.
Faith durchquerte Key Bridge und fuhr über eine Seitenstraße den Hügel hinauf, die zu ihrem Haus führte. „Jede Menge College-Kids und vielleicht ein paar Politiker – die natürlich nichts für euch sind. Aber wir werden genügend Platz haben, um eure Freunde einzuladen.“
„Als ob uns noch irgendjemand besuchen würde“, murrte Remy.
Faith suchte eine Parklücke. „Auch wenn du nicht hier leben willst: Georgetown ist sehr beliebt. Die Läden und Restaurants sind großartig.“
„Du kannst ruhig aufhören, es schönzureden.“
Da die Stadtführungsmasche nicht zog, ging Faith zur Tagesordnung über: „Eine Aufgabe, die ihr heute erledigen müsst, ist die Zimmerwahl. Ich nehme das Schlafzimmer an der Vorderseite, damit ich alles im Auge behalten kann. Die anderen beiden sind gleich groß. Wenn ihr euch nicht einigen könnt, werfen wir eine Münze.“
„Ich will den Dachboden“, rief Alex ihr ins Gedächtnis.
„Wir gucken ihn uns mal an.“
Faith sah im Rückspiegel, wie Remy die Augen verdrehte. Einige Szenen aus „Der Exorzist“ waren in der Prospect Street gedrehtworden. Faith fragte sich, ob es einen geeigneten Priester gäbe, der ihrer Tochter die bösen Geister austreiben könnte, die sich ihres schlanken Körpers bemächtigt zu haben schienen.
Sie mussten zwei Häuserblocks entfernt parken, und Faith nahm sich vor, einen Anwohnerparkausweis zu besorgen. Sie schloss den Kofferraum auf und begann die Kisten und die Reinigungsgeräte auszupacken. Sie drückte Alex und der widerwilligen Remy ein paar Sachen in die Hand.
„Das wird kein Zuckerschlecken“, räumte sie ein, als sie das Zeug zum Haus schleppten. „Heute werden wir nur das Allergröbste erledigen. Nächste Woche kommt ein Team, das die Fußböden neu versiegelt. Wenn sie damit fertig sind, haben wir gerade noch genug Zeit, noch einmal zu putzen und dann einzuziehen.“ Irgendwie hatte Lydia Geld für die Handwerker aufgetrieben; sie beharrte darauf, dass sie die Kosten für die Fußböden und die zerbrochenen Dachschindeln übernehmen wollte.
Remy blieb vor dem Haus stehen. „Ich hoffe, sie machen nicht nur die Böden.“
„Dafür fehlt die Zeit, aber du wirst dich wundern, wie viel besser das Ganze schon aussieht, wenn wir es ein bisschen ausbessern und streichen. Und wenn wir neue Küchengeräte haben.“
„Können wir unseren Kühlschrank mitbringen?“ Alex liebte den Side-by-Side-Kühlschrank, den sie für ihr Haus in McLean angeschafft hatten. Er hatte den Eisspender fast verschlissen bei dem Versuch herauszufinden, wie er funktionierte.
„Ich fürchte nicht. Er würde die ganze Küche blockieren.“
„Keine Sorge, Alex.“ Remy imitierte die Stimme ihrer Mutter. „Wir können jederzeit in einem der groß-ar-ti-gen Restaurants von Georgetown essen gehen, wenn unser neuer Kühlschrank zu klein für
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