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Das Hausbuch der Legenden

Das Hausbuch der Legenden

Titel: Das Hausbuch der Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Adolf Narciss
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Lobgesänge im Tempel hören und vor deinem Gott tanzen?
    Warum hast du das getan?« Maria aber weinte bitterlich und sagte: »So wahr der Herr, mein Gott, lebt, ich bin rein vor ihm und weiß von keinem Mann.« Dann wandte sich der Priester zu Joseph und fragte ihn: »Warum hast du das getan?« Aber auch Joseph konnte nur antworten: »So wahr der Herr, mein Gott, lebt, ich bin frei von Schuld an ihr.« Der Priester aber ließ ihn nun hart an und sagte: »Lege kein falsches Zeugnis ab, sondern sprich die Wahrheit! Du hast das Beilager mit ihr erschlichen. Du hast dies den Kindern Israels nicht vorher offenbart. Du hast dein Haupt nicht unter die gewaltige Hand Gottes gebeugt, die deinen Samen gesegnet hätte.« Da schwieg Joseph. Der Priester aber sprach weiter: »Gib die Jungfrau wieder zurück, wie du sie aus dem Tempel des Herrn
    empfangen hast!« Da brach Joseph in Tränen aus. Der Priester aber erklärte: »Ich werde euch das Prüfungswasser des Herrn trinken lassen. Er wird eure Sünden vor euren eigenen Augen offenbaren.« Und der Priester nahm das Wasser, ließ Joseph trinken und schickte ihn ins Gebirge. Joseph kam aber unversehrt zurück. Da ließ der Priester auch Maria trinken und schickte auch sie ins Gebirge. Aber auch sie kam unversehrt zurück. Das ganze Volk aber wunderte sich, daß kein Makel an ihnen zu finden war. Da sprach der Priester: »Wenn Gott der Herr eure Sünde nicht offenbart hat, dann richte auch ich euch nicht.« Damit entließ er sie. Und Joseph nahm Maria wieder mit in sein Haus. Er war voller Freude und pries den Gott Israels.

    Warum das Pferd nie satt wird

    ALS UNSER HERR Jesus Christus in einer Hirtenhütte geboren war, wickelte ihn unsere heiligste Mutter Maria in Windeln und legte ihn auf das Stroh in der Futterkrippe. Dann streckte sie sich selber auf der Spreu am Boden aus, denn sie war sehr müde. Mit Sonnenuntergang kamen die Hirten mit ihrem Vieh von der Weide heim, und Ochs und Kuh und Pferd gingen wie jeden Tag in den Stall und an ihre Krippe. Da fürchtete die Mutter Gottes, die Tiere könnten dem Kind weh tun. Sie stand auf, raffte das ganze Stroh in der Krippe zusammen und häufte es in einer Stallecke auf, damit die Tiere dort in Ruhe fressen könnten. Die drei verstanden gleich, was die Frau von ihnen wollte, und fraßen friedlich ihre übliche Ration. Ochs und Kuh legten sich dann nieder und fingen an wiederzukäuen. Das Pferd aber drängte zur Krippe, weil es dort noch etwas Stroh sah. Es war sehr wenig Stroh, ein dünnes Polster, auf dem das Kind lag. Das Pferd fing an, dieses Stroh unter dem Kind herauszuzupfen und zu fressen. Die Mutter Gottes versuchte vergeblich, es zu vertreiben. Das Pferd ließ sich nicht abhalten und fraß weiter.
    Die Mutter Maria konnte nichts anderes tun, als das Kind aus der Krippe zu nehmen und neben sich auf den Boden zu legen.
    Dann sagte sie zum Ochsen und zu der Kuh: »Ich danke euch für eure Rücksicht und für eure Mäßigkeit. Seid gesegnet mitsamt eurer Nachkommenschaft!« Zum Pferd aber sagte sie:
    »Kannst den denn deine Gefräßigkeit nicht zähmen? Du sollst immer Hunger haben und nie satt werden, und die Menschen sollen dich schwer arbeiten lassen!«

    Jesus, Maria und die Räuber

    AUF IHREM WEG durch Ägypten kamen Joseph und die
    erhabene Maria in eine sehr einsame Gegend. Als sie hörten, daß es dort viele Räuber und Überfälle gäbe, beschlossen sie, bei Nacht weiterzuziehen. Sie waren noch nicht weit
    gekommen, da wurden sie an der Straße von zwei Räubern angehalten. Diese gehörten zu einem großen Haufen von Straßenräubern, die abseits lagen und schliefen. Die beiden hießen Titus und Dumachus. Titus sagte zu seinem Kumpan:
    »Laß diese Leute ungeschoren weiterziehen und sei leise, damit die anderen nichts davon merken.« Dumachus aber hatte keine Lust, sich den Fang entgehen zu lassen. Da setzte ihm Titus noch einmal zu und sagte: »Ich gebe dir vierzig Drachmen als Pfand. Nimm sie an! Und laß die Leute ziehen!«
    Mit diesen Worten reichte er ihm seinen Gürtel und bat ihn noch einmal, den Mund zu halten. Als die erhabene Herrin Maria sah, daß Titus sie vor der Ausplünderung gerettet hatte, sagte sie zu dem Räuber: »Gott, der Herr, wird dich mit seiner Rechten stützen und dir deine Sünden vergeben!« Als Jesus das hörte, sagte er zu Maria: »In dreißig Jahren, Mutter, werden mich die Juden in Jerusalem ans Kreuz nageln. Diese zwei Räuber aber werden mit mir ans Kreuz geschlagen, Titus zu

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