Das helle Gesicht
immer noch nicht gefügt hatten. Die ganze Welt konnte es hören, wenn sie nur wollte.
In der Agentursiedlung vernahmen gewiß viele die Meldungen, voran die Morning Stars und auch der dicke Killerchief. In den Woodmountains konnte Beaver mithören, bei den Siksikau Collins, im nahen Busch lauschten Krause und Untschida, in der Schulsiedlung Lehrer Ball und Rektorin Holland.
Untschida und Ray sind ganz mit uns, dachte Ite-ska-wih. Sie hassen und sie fürchten sich nicht.
Die andern sind alle besorgt. Ich bin froh, daß ich mir ihre Sorgen nicht anhören muß. Niemals werde ich sie mir anhören müssen. Denn wir können nur siegen für uns und alle Indianer oder sterben. Wir werden aber siegen.
Wenn Hanska-Mahto auf Ite-ska-wih schaute, und er schaute immer auf sie, so sah er ein Glück, ohne Sprünge und Risse, das zu einem Menschen geworden war.
Es wurde später und später. Die Eingeschlossenen gaben keine Nachricht mehr an die Belagerer.
Sie hatten nein gesagt.
Ihr Schweigen jetzt verstärkte dieses Nein. Sie hatten nichts weiter zu sagen. Wasescha, Hanska, Bob, Robert, Percival und die vier Frauen Ite-ska-wih, Tatokala, Alice und Hetkala hatten sich zusammengefunden. Wasescha ließ noch immer sein Radio berichten.
Das Ende der Frist kam sehr nahe.
Es war da.
Vollkommene Ruhe herrschte.
Der Wind wehte unhörbar, das Gras zeigte sich ohne Laut. Ein Hund, der einem Wolf glich, drängte sich zu Hetkala und heulte vor Freude auf. Er hatte sich durchgeschlichen und sie gefunden. Sein Aufheulen ließ die Stille noch bedrängender wirken.
Es erfolgte keine weitere Aufforderung, sich zu ergeben. Es gab keine Frist mehr.
Noch war kein Schuß gefallen.
Die Menschen warteten und schwiegen.
Sie schwiegen und warteten.
Der Abend wurde dunkler, der Wind steifer, die Wolken zogen schneller. Was planten die Feinde?
Die Männer lagen rings um die Hügelkuppe im Gras, mit diesem oder jenem Gegenstand oder einem Strauch getarnt. Jeder machte sich seine Gedanken, auf welche Weise die Feinde ihren Angriff vortragen würden.
Es erfolgte nichts. Eine Stunde nach der andern verrann. Die Nacht hatte ihren schwärzesten Mantel über das Land gelegt. Wolken waren wieder herbeigekommen und versperrten dem Mond, dem Sternenlicht den Weg zur Erde.
Hanska-Mahto, in Stonehorns Kleidern ganz schwarz, gab Wasescha ein Zeichen. Er wollte sich hinausschleichen, um die Lage zu erkunden. Lautlos verschwand er in der Finsternis, nach wenigen Metern sogar für seine Freunde nicht mehr erkennbar.
Das Radio krächzte Musik vor sich hin.
Die Feinde ließen sich Zeit. Es kamen keine Rufe und keine Schüsse von ihnen.
Die meisten der Männer schliefen eine kurze Spanne und wechselten einander in der Wache ab. Nachdem die auf eine bestimmte Stunde zielende Hochspannung ausgesetzt hatte, spürten sie ihre Erschöpfung, froren und waren hungrig.
Kurz vor der Morgendämmerung kehrte Hanska zurück.
»Sie wissen selbst nicht, was sie jetzt wollen«, flüsterte er Wasescha zu. »Sie haben nicht damit gerechnet, daß wir standhaft bleiben.« Er lachte kurz vor sich hin, mit einem zynischen Beiklang, der an seinen Wahlvater Inya-he-yukan erinnerte.
Rote Krähe, der sich abseits gehalten hatte, kam herbei. »Sie werden auf neue Befehle warten. Ich denke, sie rufen Washington an, und dort müssen sie beraten und sich einfallen lassen, was sie noch gegen uns unternehmen können, nachdem sie nicht geschossen haben. Der Augenblick, in dem sie uns zusammenschießen konnten, ist vorbei. Diese Niederlage müssen sie einstecken. Alle Welt weiß nun, daß sie geblufft haben.«
Ite-ska-wih freute sich. Auch Collins, Beaver, Ball und Krause konnten sich jetzt freuen, wenn es ihnen gefiel, sich darüber zu freuen, daß sie unrecht behalten hatten. Die Belagerten lebten. Sie blieben Sieger über die Milahanska und ihre automatischen Maschinenpistolen, die nicht losgegangen waren.
Die junge Frau griff in das Dämmerlicht, das einen indianischen Morgen einleitete. Sie wollte etwas fassen, aber es war zu groß. Sie konnte es nicht greifen, nicht begreifen. Die Milahanska hatten nicht gewagt zu schießen. Die Zeiten, in denen sie Bigfoot hatten ermorden können, waren vorbei. Am Grabe der Seinen standen die Lebenden.
Es war an den Watschitschun, nachzugeben und das Recht der Verträge Recht sein zu lassen. Sie mußten kommen und bitten.
»Verhandeln«, sagte Wasescha.
Verhandeln war ein schwaches Wort. Vielleicht konnte man es dennoch
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