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Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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standen sie nicht viel anders da als damals, vor weit über einem Jahr, als sie sich an Bord der Prinses Amalia kennengelernt hatten, vielleicht sogar um einiges schlechter. Aber ungleich reicher an Erfahrung, im Guten wie im Bösen, an neuen Gedanken und Empfindungen und sicher auch an Reife. Und sie hatten einander.
    »Das können wir ja noch entscheiden«, gab sich Floortje ebenso tröstend wie aufmunternd, und unwillkürlich richteten sich ihre Augen und die Jacobinas auf Ida.
    Ida, die die Strapazen zwar körperlich gut überstanden zu haben schien, die aber seit jener endlosen Nacht von Ketimbang verstummt war. Kein Wort kam ihr mehr über die Lippen, nur selten ein Laut des Unmuts oder der Zufriedenheit. Wenn sie nicht gerade schlecht träumte, weinte sie kaum, zeigte aber auch sonst wenig Regungen. Nicht ungewöhnlich nach solchen Erlebnissen, hatte der Arzt im Krankenhaus befunden, organisch sei jedenfalls alles in Ordnung, sie würde schon wieder sprechen. Irgendwann.
    Nachdem Jacobina vom Gericht nichts mehr zu befürchten hatte, war sie ins Stadhuis gegangen und hatte ordnungsgemäß gemeldet, wo und wie sie Herrn und Frau de Jong zuletzt gesehen hatte, dass Ida sich seither in ihrer Obhut befand, und die Adresse ihres Hotels angegeben. Gestern hatte sie Nachricht erhalten, dass die de Jongs für den Fall, dass ihnen etwas zustieße, verfügt hatten, die Kinder sollten Margaretha de Jongs Vater in Amsterdam überbracht werden; Herr Achterkamp sei verständigt, und Jacobina möge sich doch bis zu seiner Antwort weiterhin um Ida kümmern.
    So gerne Jacobina das tat und sich darüber freute, Ida noch ein wenig um sich haben zu dürfen, so war ihr jetzt schon bang vor dem Tag, an dem sie sie würde hergeben müssen, und mit wehem Herzen strich sie Ida über das blonde Haar.
    »Oder wir gehen zurück nach Europa«, überlegte Floortje halblaut.
    »Aber nicht in die Niederlande!«, erhob Jacobina schnell Einspruch, und Floortje kicherte.
    »Nein, auf keinen Fall!«, rief sie aus und räkelte sich auf dem Leintuch. »Nach England vielleicht … oder …« Sie verfiel in grüblerisches Schweigen. Für keine von beiden kam es in Frage, hierzubleiben, in diesem Land, auf dieser Insel, auf die sie damals mit so hohen Erwartungen und so vielen Träumen gekommen waren und die ihnen Wunden geschlagen hatte, die viel länger brauchen würden als ihre Schnitte und Verbrennungen oder ihre blasigen, wunden Füße, um zu heilen. Ein Paradies hatten sie sich erhofft und es auch eine Zeitlang gefunden, bis sie in die Abgründe dahinter geblickt hatten. Abgründe, die sie beinahe verschlungen hätten.
    »Italien!« Floortjes Augen leuchteten. »Italien wäre doch schön! Erinnerst du dich noch, wie wir in Neapel angelegt haben und …«
    An der Tür klopfte es, und fragend sahen die beiden einander an.
    »Vielleicht die Post«, meinte Jacobina, schob sich vom Bett herunter und humpelte zur Tür. »Ja, bitte?«, fragte sie, während sie öffnete, und ein Lächeln schien auf ihrem Gesicht auf, als sie zu dem blonden Hünen mit dem bärtigen, harten Gesicht aufsah, dem das Jackett seines hellen Anzugs knapp am sichtbar muskulösen Leib saß; seine Linke steckte in einem hellbraunen Lederhandschuh.
    »Guten Tag«, sprach er sie mit einer tiefen, voluminösen Stimme auf Deutsch an. »John Holtum.« In seinen bestechend blauen Augen funkelte es kurz auf. »Ich wollte eigentlich zu Floortje.«
    »Ja, die ist da. Kommen Sie doch rein.«
    Floortje hatte sich aufgesetzt und starrte ihren Besucher nur ungläubig an.
    »Ich geh mit der Kleinen in den Garten«, sagte Jacobina, aber sie bezweifelte, ob Floortje sie gehört hatte. Schmunzelnd setzte sie sich die herzhaft gähnende Ida mitsamt der Puppe auf ihre Hüfte, schnappte sich im Vorbeihumpeln Idas Sonnenhütchen und zog dann sanft die Tür hinter sich zu.
    »Hallo, Blümchen.« Er musterte ihr kurzgeschnittenes Haar. »Steht dir gut.«
    Floortje konnte den Blick nicht von ihm lösen, während sie über die Matratze robbte und vom Bett herunterstieg. »Wie hast du mich gefunden?«, flüsterte sie tonlos, und das Herz schlug ihr bis zum Hals, während es in ihrer Magengegend aufgeregt und freudig flatterte.
    Um seinen flachen Mund zuckte es. »Nachdem ich die hier«, seine Rechte fischte die Stoffblüte aus seiner Jacketttasche und schob sie gleich wieder hinein, »vom Portier bekommen hab, hab ich einen Bediensteten des Hotels dafür bezahlt, dass er alle Hotels und Pensionen nach dir

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