Das Herz der Kriegerin
ihn genau beobachtete. So sehr ihm dessen Auge fehlte, jetzt war Malkuth doch froh, dass Aisha durch Hassans Enthauptung keinen Zugriff mehr auf seinen Verstand hatte. Eine überaus unangenehme Vorstellung – die Dschinnkönigin in seinem Hirn herumspazieren zu wissen, hier einen Gedanken belächelnd, da eine Idee ausmerzend. Nein, lieber verzichtete er auf ein zusätzliches Auge und wusste seinen Kopf in seiner eigenen Gewalt.
»Eine großartige Idee«, bemühte er sich um ein Lächeln. »Doch wie willst du das bewerkstelligen, wo sie sich doch beide in wehrhaften Burgen verschanzen?«
»Als ob mich die Mauern einer Burg zurückhalten könnten!« Aishas spöttisches Lachen hallte durch sein Gemach und ließ eine Taube, die sich der Fensteröffnung genähert hatte, schlagartig kehrtmachen. »Wenn ich gewollt hätte, wären die beiden Fürsten längst tot! Doch ich will, dass es so aussieht, als hätten sie sich gegenseitig umgebracht. Immerhin sollen die Menschen nicht zu früh von ihrer neuen Königin erfahren!«
Malkuth knirschte mit den Zähnen. Was für eine Überheblichkeit! Die werde ich dir schon austreiben, sobald ich das Elixier einer Schlafenden habe und wieder ein vollwertiger Lamius bin, ging es ihm durch den Sinn.
»Nun, unter diesen Umständen will ich dein Geschenk gern annehmen. Wenn es denn wirklich ein Geschenk ist.«
Darauf lachte Aisha nur, nahm wieder ihre Rauchgestalt an und entfleuchte durchs Fenster.
11
J ared, der seine vielen schwarzen Zöpfe diesmal zu einem einzigen zusammengebunden hatte, und dessen weißes Gewand vom Schweiß an seinen Rücken geklebt wurde, beschirmte mit der Hand seine Augen, während er auf die lange Reihe Dromedare blickte, die entweder Reiter oder Lasten trugen. Die Reiter waren größtenteils Nubier, denen die Sonne und die Hitze kaum etwas ausmachte. Die auf den übrigen Tieren festgezurrten Güter waren sicher ein Vermögen wert, aus diesem Grund hatte sich der Karawanenführer entschieden, diesen schwierigen Weg zu nehmen, auf dem ihnen gewiss nicht so schnell Räuber folgen würden.
Seit Wochen waren Jared und seine Freunde bereits unterwegs, hatten längst die letzten bewohnten Städte hinter sich gelassen und waren schließlich auf einen alten Karawanenweg gestoßen, der abseits des Nils gen Süden führte.
»Wie hoch sind die Chancen, dass Selim und Melis mit dieser Karawane reisen?«, erkundigte sich Malik, während er sein Pferd neben Jared lenkte.
»Nicht sehr hoch. Aber vielleicht haben sie inzwischen genug von den Dschinn. Diese Art zu reisen stelle ich mir sehr … aufwühlend vor.«
»Ich glaube kaum, dass gerade diese beiden etwas gegen eine schnelle Reise in luftiger Höhe einzuwenden haben.«
»Du hast doch seit Wochen den Himmel beobachtet«, entgegnete Jared, ohne den Blick von den langsam dahinschaukelnden Lastdromedaren abzuwenden. Für Menschen war diese Gegend die Hölle, in der Senke staute sich die Hitze, kein Lüftchen wehte, und das zerklüftete Gelände war so unwegsam, dass es unmöglich schien, es zu durchqueren. Von jenen, die diese Wüste leichtsinnig betreten und gemeint hatten, sie bezwingen zu können, bleichten weiter hinten die Knochen in der prallen Sonne.
Umso bewundernswerter fand er es, dass die Reiter dort drüben sich diesen extremen Temperaturen aussetzten. Immerhin trugen sie, anders als Jared und Malik, keinen Schutz in der Brust, der ihr Blut vorm Kochen bewahrte.
»Ja, das habe ich«, entgegnete Malik.
»Hast du irgendwann eine schwarze Wolke am Horizont entdeckt? So eine, wie man sie bei einem Sandsturm oder Heuschreckenschwärmen beobachten kann?«
»Nein, bisher nicht.«
»Dann sind die Dschinn auch nicht in der Nähe. Entweder sind wir vollkommen falsch oder Selim und Melis reisen auf Dromedaren. Irgendwie sagt mir mein Gefühl, dass ich mich nicht in der Richtung geirrt habe.«
»Schau mal nach unten«, bemerkte Saul hinter ihm. »Da sitzt etwas, das dich interessieren könnte.«
Als Jared der Aufforderung nachkam, entdeckte er einen Skorpion in gefährlicher Nähe zu der linken Vorderhand seines Pferdes. Ein falscher Schritt und der giftige Stachel würde sich in das Fell bohren.
Langsam lenkte Jared das Tier zur Seite, aus der Reichweite des nervös wirkenden Skorpions. Als er dicht vor ihm aus dem Sattel sprang, ließ das Tier tatsächlich seinen stachelbewehrten Schwanz vorschnellen. Kurz bohrte er sich in die Erde, dann erschien ein Tropfen Gift an der Schwanzspitze.
»Was für ein
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