Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)
meinte Brianne und fügte mit einem übertriebenen Seufzer hinzu: »Du erinnerst dich an meine Mutter.«
»Hallo Valerie«, sagte Sasha und schüttelte ihre lange blonde Mähne.
Val musste sich auf die Zunge beißen, um nicht zu sagen: »Es wäre mir lieber, wenn Sie mich Mrs Rowe nennen, danke.« Sie erinnerte sich daran, dass sie nicht mehr lange Mrs Rowe sein würde, was einen noch beunruhigenderen Gedanken auslöste: Wer war sie dann? »Hallo, Sasha, schön, dich wiederzusehen.«
»Wie gefallen Ihnen die Sachen, die Sie gekauft haben? Sind sie nicht absolut super?«
»Ja, sie sind …«
Aber Sasha hatte ihre volle Aufmerksamkeit bereits wieder Brianne zugewandt. »Nun guck dich einer an«, sagte sie. »Was für einen tollen Körper du hast.«
»Nein«, wandte Brianne ein. »Ich muss fünf Pfund abnehmen.«
»Was?«, fragte Val.
»Und meine Lippen machen lassen.«
»Du wirst gar nichts mit deinen Lippen machen«, sagte Val vehementer als beabsichtigt. Wie oft hatte Melissa sie ermahnt, solche Ankündigungen einfach unkommentiert zu lassen. »Möchtest du aussehen wie ein Fisch?«, fügte sie unfähig, sich zu bremsen, noch hinzu.
»Meine Lippen sind zu klein. Sie passen nicht zu meiner Nase, die ich mir übrigens auch machen lassen werde«, fuhr Brianne fort und machte Sasha ein Zeichen, ihr nach oben zu folgen.
»Sowohl mit deiner Nase auch als mit deinen Lippen ist rein gar nichts verkehrt«, rief Val ihnen nach.
»Meine Nase ist zu breit, und meine Lippen sind zu schmal. Und ich lasse sie mir machen«, beharrte Brianne, ohne sich umzudrehen.
Val stand reglos am Fuß der Treppe, hörte, wie Briannes Zimmertür zufiel und kämpfte mit den Tränen. Wer pflanzte ihrer Tochter nur so dumme Ideen in den Kopf?
Wahrscheinlich dieselbe Frau, mit der ihre Tochter die nächsten drei Tage in den Adirondack Mountains zelten würde.
Nun, nicht direkt zelten. Das Ferienhotel am Shadow Creek entsprach wohl kaum der landläufigen Vorstellung vom rauen Leben in der wilden Natur. Seufzend erinnerte Val sich an ihre und Evans Aufenthalte dort, an den Morgen, an dem sie unerwartet auf die Knie gefallen und ihn gefragt hatte, ob er mit ihr glücklich werden wollte bis ans Ende ihrer Tage.
»Es fühlt sich komisch an«, hatte Evan vorhin gesagt. »Ohne dich dort zu sein. Deinen Geburtstag nicht mit dir zu feiern.«
Was wollte er ihr eigentlich sagen? Dass er wünschte, er könne rückgängig machen, was er getan hatte? Dass Val nur ein Wort sagen müsse und er würde dem süßen Flittchen Jennifer erklären, dass ihre Zeit bedauerlicherweise abgelaufen war? Dass er seine Frau liebte? Dass sie die einzige Frau war, die er je wirklich geliebt hatte? Dass er sich nicht vorstellen konnte, ohne sie zum Shadow Creek zu fahren? Dass er nie wieder ohne sie irgendwohin fahren wollte? Dass er im Grunde seines Herzens nur nach Hause zurückkommen wollte?
»Ja, klar«, borgte Val sich die Lieblingsphrase ihrer Tochter aus. Und dann: »Gott, du bist so erbärmlich.« Es konnte trotzdem nicht schaden, entschied sie, ein wenig Make-up aufzulegen und die Haare zu kämmen, bevor Evan kam.
KAPITEL 2
»Deine Mom ist komisch«, sagte Sasha, nachdem Brianne ihre Zimmertür geschlossen hatte.
»Ja, zum Brüllen.« Ohne die leere Reisetasche auf dem Fußboden zu beachten, ließ Brianne sich auf das ungemachte Bett fallen.
»Nette Hütte.« Sasha sah sich beeindruckt in dem großen, lavendelblau und weiß gestrichenen Zimmer um. Alles war vom Feinsten. Auf dem Schreibtisch aus Chrom und Glas direkt vor dem Fenster stand ein schicker Computer, und an der Wand hing ein HD -Fernseher. »Na ja, ›nett‹ ist vielleicht nicht das richtige Wort.« Sie lachte und ließ ihren Blick über den malvenfarbenen Teppich wandern, der beinahe vollständig mit verstreuten Kleidungsstücken, Schuhen und aktuellen Ausgaben von Promi- und Modezeitschriften übersät war. Sasha hob ein abgegriffenes Exemplar von Wer die Nachtigall stört vom Boden auf, schlug es auf und lachte. »Wie ich sehe, schuldet jemand der Schulbibliothek ordentlich Mahngebühren.«
Brianne zuckte mit den Achseln. Sie wollte das blöde Buch eigentlich vor den Sommerferien abgegeben haben, war aber irgendwie nicht dazu gekommen.
»Scheint dir ja echt zu gefallen?«
»Ich hab es nicht gelesen. Vor einer Weile habe ich den Film im Fernsehen gesehen. Der war ganz okay.«
»Ja. Dieser Gregory Peck war ziemlich scharf.«
Brianne verzog das Gesicht. »Ein bisschen alt.«
»Ich
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