Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)
dachte, du magst ältere Typen«, erwiderte Sasha durchtrieben.
Brianne spürte die Hitze in ihrem Gesicht und versuchte, die unerwünschte Röte auf ihren Wangen mit dem Handrücken wegzuwischen. Rot werden war was für alberne kleine Mädchen, was sie ganz entschieden nicht war. Nicht mehr.
»Apropos ältere Typen, dein Dad ist echt cool«, meinte Sasha, musterte sich beiläufig in dem Spiegel an der gegenüberliegenden Wand und nahm ein gerahmtes Foto von Briannes Vater von der handbemalten Kommode.
»Kann schon sein.«
»Hab ich dir erzählt, dass er neulich noch mal in den Laden gekommen ist?«
»Wirklich? Cool. Ich hab ihm gesagt, dass du tolle neue Sachen bekommen hättest, die er sich mal ansehen sollte.«
»Er ist wirklich fit.«
»Er macht eine Menge Sport.«
»Das sieht man.« Sasha stellte das Foto wieder auf die Kommode und nahm ein kleines Flakon Prada-Parfüm. »Und, wie läuft es so mit ihm und seiner Freundin?«
»Seiner Verlobten«, verbesserte Brianne sie.
»Wie auch immer. Sie war ziemlich klammerig. Hat permanent an ihm geklebt, als wollte sie sagen: ›Finger weg, Bitches. Er gehört mir.‹ Na, du kennst die Sorte. Und die ganze Zeit ging es: ›Was hältst du von diesem Outfit, Liebling?‹, und ›Welche Farbe gefällt dir besser, Schatzi?‹ Ziemlich widerlich.«
»Sie nennt ihn Schatzi?« Brianne kämpfte gegen einen plötzlichen Würgereiz an.
Sasha zuckte mit den Schultern, wandte sich wieder ihrem Spiegelbild zu und lächelte zufrieden. Sie schnupperte an dem Parfümfläschchen, öffnete es und tupfte sich, ohne zu fragen, ein paar Tropfen hinter die Ohren. »Hmm. Riecht lecker. Teuer?«
»Wahrscheinlich.« Brianne hoffte, sie klang nicht so schuldbewusst, wie sie sich fühlte. Es war das Parfüm ihrer Mutter. Sie hatte es sich neulich, ohne zu fragen, ausgeliehen und war noch nicht dazu gekommen, es zurückzustellen.
»Uuuund?«, dehnte Sasha ihre Frage zu einem mehrsilbigen Wort. Sie drehte sich zu Brianne um. »Wir hatten gar keine Zeit zu reden, als du im Laden warst, und ich bin nicht den weiten Weg bis nach Brooklyn gefahren, nur um das hier abzugeben.« Sie warf Brianne das BlackBerry zu. »Ich warte …«
Brianne überprüfte eilig ihre Nachrichten und stellte lächelnd fest, dass sie mindestens zehn entgangene Anrufe hatte. »Was willst du denn wissen?«
»Alles«, erwiderte Sasha lachend. »Jedes kleinste Ding.«
»Nun, ehrlich gesagt«, sagte Brianne und stimmte in das Kichern ein, »so klein ist sein Ding gar nicht.«
Sasha kreischte vor Entzücken. »Du Schlampe. Erzähl.«
»Brianne«, drang plötzlich die Stimme ihrer Mutter durch die geschlossene Tür und hallte im Zimmer wider. »Wie kommst du mit dem Packen voran?«
»Oh, Himmel noch mal«, murmelte Brianne und verdrehte die Augen in Richtung des gerahmten Posters einer halbnackten Lady Gaga über ihrem Bett. »Fast fertig«, rief sie zurück und warf achtlos ein paar Sweatshirts in die Reisetasche. »Ich kann es nicht erwarten auszuziehen«, sagte sie, obwohl sie wusste, dass das eigentlich gar nicht stimmte.
»Das glaub ich gern«, sagte Sasha. »Ich bin, seit ich fünfzehn war, mehr oder weniger allein. Meine Eltern meinten, ich wäre unverbesserlich, was immer das heißt. Sie haben mich zu meinen Großeltern geschickt. Ausgerechnet nach scheiß Kansas. Ich kann dir gar nicht sagen, wie grauenhaft das war. Als ob man in der Armee wäre. Ich bin mindestens ein halbes Dutzend Mal ausgerissen. Aber dann haben sie gedroht, mich in ein Heim zu stecken, wenn ich mich ›nicht am Riemen reißen und parieren‹ würde. Ja, so reden die Leute in Kansas wirklich. Jedenfalls«, fuhr sie fort und warf ihre blonde Mähne von einer Schulter auf die andere, »habe ich bis zu meinem achtzehnten Geburtstag durchgehalten, meinen Highschool-Abschluss gemacht und bin dann endgültig abgehauen. Ich bin nach New York gekommen, hab ein paar Leute kennengelernt, auf einer Menge Fußböden geschlafen, einen Job gefunden, mein Geld gespart und mir eine eigene Wohnung besorgt. Es ist ein Loch, aber hey, wenigstens sagt meine geliebte Mami mir nicht mehr, wie ich zu leben habe.«
»Du hast es echt gut.« Brianne blickte zur Tür und spannte in Erwartung der Schritte ihrer Mutter im Flur den ganzen Körper an. Was war mit ihr los? Musste sie sich extra Mühe geben, sie vor ihren Freundinnen zu blamieren? Obwohl es natürlich auch noch schlimmer sein könnte, dachte Brianne, als sie ihre Großmutter vor sich sah, die
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