Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)
sie wahrscheinlich vergessen hatte, wo.
»Und bei Leichtathletik war es das Gleiche. Du warst eine richtige Wettkämpferin.«
»Das bin ich wohl heute nicht mehr so«, sagte Val und dachte an Jennifer.
»Aber immer noch ziemlich sportlich, wie ich sehe.«
»Ja, schon. Und du?«
»Eigentlich nicht. Ich laufe Ski, meistens Langlauf. Ich wette, für dich gibt es nur Abfahrt oder gar nichts.«
In letzter Zeit war es jedenfalls stetig bergab gegangen, dachte Val. »Ob du es glaubst oder nicht, ich war oft Helikopter-Skiing.«
Ich kann mir einfach nicht vorstellen, mit angeschnallten Skiern aus einem Hubschrauber zu springen und einen Berghang hinunterzurasen , hörte sie Jennifer sagen, gefolgt von, ich mag es nicht, wenn ich keine Kontrolle über meine Füße habe . Was fand Evan bloß an diesem Mädchen?
»Klar glaube ich das.« Gary schüttelte bewundernd den Kopf. »Furchtlos.«
»Na ja, vielleicht früher mal.«
»Eine Scheidung kann einen ganz schön umhauen«, sagte Gary. »Aber keine Angst. Es geht einem irgendwann wieder besser.«
Val blickte zu ihren Freunden und entdeckte einen Ausdruck rastloser Ungeduld im Gesicht von Garys Sohn. »Ich glaube, Hayden würde gern los«, sagte sie.
»Ah, die Jugend«, erwiderte Gary lächelnd. »Denkt immer, am nächsten Halt ist es besser als dort, wo man gerade ist.«
»Sollten wir ihm sagen, dass es nur schlimmer wird?«
»Und mir den Spaß verderben zuzusehen, wie er es selbst herausfindet?« Gary wischte sich frische Schweißtropfen von der Stirn. »Älterwerden ist echt frustrierend.«
»Und schöner wird man auch nicht«, sagte Val.
Gary lachte »Du schon.«
Nun war es an Val zu lachen. »Also, ich glaube nicht, dass das stimmt, aber trotzdem vielen Dank. Das ist wirklich nett von dir.«
»Ich sage nie etwas, was ich nicht so meine.«
»Das ist bestimmt nicht gut.« Val streckte die Hand aus. »Also, auf Wiedersehen, Gary Parker. War wirklich nett, dir über den Weg zu laufen.«
Er hielt ihre Hand mehrere Sekunden lang fest, und sie spürte ein unerwartetes Kribbeln. »Find ich auch.«
Hayden kam näher, gefolgt von Melissa und James. »Dad, wir sollten echt los, sonst sind keine Zelte mehr übrig.«
»Ich hab mich zum Camping überreden lassen«, erklärte Gary.
»Zelten?«, fragte James und mit erkennbarem Schaudern. »So mit ums Lagerfeuer sitzen und auf dem Boden schlafen?«
»Nicht so dein Ding?«
»James genießt gern allen Komfort. Ein Luxusgeschöpf eben.«
»Besser als Krabbeltiere«, meinte James.
Alle lachten.
»Wir sind in dem Ferienhotel am Shadow Creek«, erzählte James. »Primitiver muss es für mich wirklich nicht werden.«
»Tolles Hotel«, sagte Gary. »Na, genießt euren Aufenthalt. Vielleicht laufen wir uns ja noch mal irgendwann über den Weg.«
»Pass auf dich auf«, sagte Val.
»Dad …«, drängte Hayden.
»Nicht vergessen«, flüsterte Gary Val zu. »Furchtlos.« Er winkte den anderen zum Abschied und folgte seinem Sohn.
»Na, wenn das kein Prachtkerl war«, sagte James. »So auf eine robuste Rohdiamanten-Art. Findest du nicht, Val?«
»Von mir aus können wir jetzt zurückgehen«, erwiderte Val.
»Ist dir aufgefallen, dass sie meine Frage nicht beantwortet hat«, sagte James.
»Ja, das ist mir aufgefallen«, sagte Melissa.
»Kommt ihr jetzt oder was?«
»Geh du voran«, sagten Melissa und James im Chor.
KAPITEL 11
Von den Höhen des Prospect Mountain waren sie rechtzeitig zum Mittagessen zurück und wollten noch rasch einen Happen zu sich zu nehmen, bevor sie nach Manhattan aufbrachen. Lunch, Gepäck in den Wagen laden, sich von Jennifer und Brianne verabschieden und dann nichts wie weg, so lautete der Plan, denn Val konnte den Gedanken an weitere Konfrontationen nicht ertragen.
»Ich frage mal nach, ob es irgendwelche Nachrichten für uns gibt«, sagte sie und ließ den Blick auf dem Weg zur Rezeption durch die Lobby schweifen. Die Park Rangers waren nirgendwo mehr zu sehen. Alicia Gowans vermisster Ehemann war bestimmt gefunden worden, auf einem Stück des gepflegten Rasens rund um das weitläufige Gelände, wo er sein Elend ausgeschlafen hatte. And the beat goes on , summte Val vor sich hin und lächelte die junge Dame mit dem Pferdegebiss und der Hochfrisur am Empfang an. »Hallo, Alexandra«, sagte sie mit einem Blick auf das Namensschild der jungen Frau am Revers ihrer steifen dunkelblauen Jacke. »Ich bin Mrs Rowe aus Zimmer 311. Gibt es neue Nachrichten für mich?«
Alexandra wirkte leicht
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