Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)
flüsterte Jennifer, als sie fertig waren. »Vielleicht solltest du mal nachsehen.«
»Nein«, sagte Evan, als er kurz darauf ins Bett zurückkehrte. »Da ist niemand.«
Die folgenden Wochen hatten nur weiteres Schweigen gebracht, bis Jennifer sich fragte, ob sie sich das Ganze vielleicht nur eingebildet hatte. »Was für eine Frau geht wortlos wieder, wenn sie ihren Mann mit einer anderen Frau erwischt, und erwähnt das Ganze mit keinem Wort?«, hatte sie zu Cameron gesagt.
»Eine Frau, die ihren Mann liebt und nicht verlieren will«, hatte ihre Schwester erwidert.
Das verheißt nichts Gutes , hörte sie ihren Vater sagen.
»Okay, das reicht«, erklärte Val jetzt und sprang auf. »Ich alarmiere die Park Ranger.«
»Sie ist bei ihrem Freund«, sagte Jennifer hastig.
Val ließ sich prompt wieder auf ihr Sofa fallen. »Was?«
»Sie ist bei ihrem Freund«, wiederholte Jennifer, obwohl sie sicher war, dass Val sie beim ersten Mal durchaus verstanden hatte, die Worte jedoch noch einmal hören musste, um sie zu verdauen.
»Wovon reden Sie?« Vals erster Schock wich rasch neuem Zorn.
Jennifer bemerkte, dass Melissa, James und der unbekannte Mann sich allesamt vorbeugten und darauf warteten, dass sie fortfuhr. »Er heißt Tyler Currington.«
»Tyler Currington? Nie gehört.«
»Sie sind seit etwa einem Monat zusammen.«
»Seit einem Monat?«
»Ganz ruhig«, ermahnte Melissa Val.
»Hören Sie, ich weiß eigentlich auch nicht viel …«
»Und trotzdem wissen Sie so viel mehr als ich«, unterbrach Val sie.
»Sie hat ihn offenbar über ihre Freundin kennengelernt, die bei Lululemon arbeitet.«
»Sasha?«
»Sasha. Ja, so heißt sie. Jedenfalls hat diese Sasha die beiden miteinander bekannt gemacht, und sie haben sich auf Anhieb verstanden und sich, nun ja, mehrmals getroffen.«
»Wann?«
»Mehr oder weniger so oft sie die Gelegenheit hatten.«
»Und warum höre ich jetzt zum ersten Mal davon?«
Warum wissen Sie davon und ich nicht , lautete die eigentliche Frage. »Weil sie Angst hatte, Sie würden etwas dagegen haben«, antwortet Jennifer.
»Wieso sollte ich etwas dagegen haben?«
»Weil er ein bisschen älter ist als Brianne.«
»Wie viel älter?«
»Ich weiß nicht genau.«
»Dann raten Sie«, sagte Val tonlos.
Jennifer atmete tief ein und langsam wieder aus. »Vielleicht vier oder fünf Jahre.«
Es entstand eine kurze Pause. Val kniff die Augen zusammen. »Wollen Sie mir sagen, meine sechzehnjährige Tochter ist mit einem Einundzwanzigjährigen zusammen?«
»Ich weiß nicht mit Sicherheit, dass er einundzwanzig ist.«
»Aber Sie wissen schon, dass Brianne erst sechzehn ist«, sagte Val vorwurfsvoll. »Was sagt Evan dazu?«
»Gar nichts«, erwiderte Jennifer.
Val hatte sich festgebissen wie ein Hund an einem Knochen. »Was soll das heißen, gar nichts? Wollen Sie sagen, er weiß nichts davon?«
»Er weiß, dass sie einen Freund hat.«
»Aber er weiß nicht, wie alt dieser Freund ist.«
»Keine Ahnung. Ich weiß nicht, was Brianne ihm erzählt hat.«
»Was haben Sie ihm erzählt?«, fragte Val, die offensichtlich nicht von dem Knochen lassen wollte.
Jennifer zögerte. Was soll’s, entschied sie. Wie pflegte ihr Vater immer zu sagen? Wenn schon, denn schon . »Ich habe ihm gar nichts gesagt.«
»Sie haben ihm gar nichts gesagt?«, wiederholte Val.
»Genau.«
»Nur damit ich das richtig verstehe: Sie haben Ihrem Verlobten nicht erzählt, dass seine sechzehnjährige Tochter eine Beziehung mit einem einundzwanzigjährigen Mann hat?«
»Nein, das habe ich nicht.«
»Darf ich Sie fragen, warum verdammt noch mal nicht?«
»Ich fand, das steht mir nicht zu.«
»Interessant«, meinte Val. »Sie vögeln meinen Mann, und alles andere kümmert sie nicht.«
Jennifer beschloss, Vals Seitenhieb zu ignorieren. Was hätte sie auch zu ihrer Verteidigung vorbringen sollen? Es stimmte. »Brianne hat mir im Vertrauen von Tyler erzählt«, sagte sie und verachtete sich für das Zittern in ihrer Stimme. Fang bloß nicht an zu heulen , schimpfte sie stumm mit sich, während sie bemerkte, dass mehrere Leute in der Lobby ihre Schritte verlangsamt hatten und lauschend in der Nähe herumlungerten. »Dieses Vertrauen wollte ich nicht enttäuschen«, sagte sie leise.
»Verstehe. Sie suchen sich also sorgfältig aus, wen Sie enttäuschen. Ist das richtig?«
Jennifer mühte sich um Fassung. »Vielleicht könnten Sie etwas leiser sprechen, wenn Sie nichts dagegen haben. Es muss ja nicht jeder in den
Weitere Kostenlose Bücher