Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)
verstanden?«
»Tyler ist wirklich ein netter Junge. Du würdest ihn mögen.«
»Das bezweifle ich. Und außerdem ist er ein Mann«, korrigierte ihre Mutter sie, »und kein Junge.«
»Er ist nur ein paar Jahre älter als ich«, widersprach Brianne. »Das ist doch keine große Sache. Dad ist auch älter als du.«
»Aber ich war auch noch nicht mit ihm zusammen, als ich sechzehn war. Außerdem geht es hier nicht um deinen Vater und mich.«
»Stimmt«, sagte Brianne rasch. Was war mit ihrer Mutter los? Warum machte sie es ihr so schwer? »Jedenfalls wollte ich nur sagen, dass es mir leidtut.«
»Okay, vielen Dank.«
Wieder wartete Brianne auf eine Entschuldigung ihrer Mutter, die jedoch erneut ausblieb.
»Gibt es sonst noch was?«, fragte ihre Mutter.
»Kann ich mein BlackBerry wiederhaben?«
Ihre Mutter verdrehte die Augen zum Sternenhimmel. »Keine Chance.«
»Ich will bloß hören, ob es Tyler gut geht.«
»Bei dieser ganzen Entschuldigung ging es also bloß darum, dein Handy zurückzubekommen«, sagte ihre Mutter.
»Nein, natürlich nicht.«
Aber ihre Mutter ging bereits zurück zur Mitte des Zeltplatzes.
»Ich bin noch nicht fertig«, rief Brianne ihr nach.
»O doch, das bist du.«
»Wir müssen darüber reden.«
»Keine Sorge. Wir haben noch reichlich Zeit zum Reden, wenn wir wieder zu Hause sind.«
Scheiße, dachte Brianne und sah, dass Jennifer sie von Weitem beobachtet hatte. Brianne machte einen Schritt auf sie zu.
Denk nicht mal dran , warnte Jennifers Blick, und Brianne blieb wie angewurzelt stehen.
Als sie sich umdrehte, blieb sie mit dem Absatz an einem kleinen Erdhügel hängen und fiel hin. »Autsch«, rief sie und guckte, ob ihre Mutter mitbekommen hatte, was passiert war. Es würde ihr recht geschehen, wenn ich mir den Knöchel gebrochen hätte, dachte sie, spürte jedoch, dass er schlimmstenfalls ein wenig verstaucht war. Sie blieb ein paar Sekunden auf dem Boden sitzen, wiegte den Oberkörper in übertriebenem Unbehagen vor und zurück, fasste ihren Knöchel und wartete, dass ihre Mutter angerannt kam, sie in den Arm nahm, sie tröstete und ihr sagte, dass alles gut werden würde, aber das tat sie nicht. »Scheiße«, murmelte Brianne, ließ ihren Fuß los und rieb sich die nackten Arme.
»Alles okay?«, fragte eine Stimme irgendwo über ihrem Kopf.
Brianne blickte auf. »Ja, mir geht’s gut«, erklärte sie dem jungen Mann, als er sich neben sie kauerte.
»Hayden«, sagte er. »Wir haben uns schon kennengelernt.«
»Ich weiß, wer du bist.«
»Hast du dir wehgetan?«
»Nicht richtig.«
»Das sind wahrscheinlich nicht die besten Schuhe zum Zelten.«
»Sag bloß.«
»Soll ich dir aufhelfen?«
»Wer sagt denn, dass ich aufstehen will?«
»Oh. Okay. Tut mir leid, dass ich dich gestört habe.« Er richtete sich wieder zu voller Größe auf.
»Nein, warte. Mir tut es leid. Du wolltest bloß nett sein, und ich bin eine Zicke.«
Hayden ging sofort wieder in die Hocke. Sein Pferdeschwanz fiel über seine linke Schulter.
»Was ist denn mit deinen Freunden passiert?«, fragte sie.
»Die haben beschlossen, nach Bolton Landing zu fahren.«
»Und wieso bist du nicht mitgefahren?«
»Ich dachte, ich geh früh schlafen. Mein Dad und ich wollen morgen auf den Gipfel des Mount Marcy, das ist eine stramme Wanderung.«
Mein Gott, er war wirklich ein Trottel, dachte Brianne. Groß, nicht übel aussehend. Aber trotzdem ein Volltrottel.
Doch womöglich ein Trottel mit einem Handy?
»Du stehst also echt auf so was?«, fragte sie.
»Ich liebe es. Die Berge, den See, die frische Luft.« Er atmete tief ein, als wollte er seinen Punkt unterstreichen. »Was kann man daran nicht mögen?«
»Ach, ich weiß nicht. Die Berge, den See, die frische Luft?«
Er lachte.
»Ich schätze, Zelten ist nicht so mein Ding.«
»Das sieht man schon an den Schuhen.«
»Dir gefallen meine Schuhe nicht?« Sie verschenkte ein weiteres gewinnendes Lächeln und hoffte, dass es bei ihm besser wirken würde als bei ihrer Mutter.
»Doch, deine Schuhe sind toll.« Er blickte sichtlich verlegen zu Boden.
Oh, das war einfach zu leicht, dachte sie. »Und willst du mir den See zeigen?«
Er sah sie mit leuchtenden Augen an. »Klar. Er ist gleich da entlang.« Er wies mit der rechten Hand in die Richtung, während er ihr mit der Linken aufhalf.
»Du hast nicht zufällig ein Handy, oder?«, fragte sie, als sie sicher außer Hörweite waren.
»Klar«, sagte er. »Warum?«
»Falls wir uns verlaufen.«
»Keine
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