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Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)

Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz des Bösen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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später wieder zu dem Ferienhaus gegangen war, war der Fußboden geschrubbt und Davids Leiche verschwunden, obwohl sie immer noch einzelne Fleischreste ausmachen konnte wie widerspenstige Staubflocken.
    Sie zupfte ein geblümtes Kleid vom Bügel, streifte es über, nahm eine Brosche aus der Kommode, heftete sie an die großen Stofffalten zwischen ihren Brüsten und verließ das Schlafzimmer. »Guck, guck, ich seh dich«, sagte sie, als sie einen Blutspritzer an der gegenüberliegenden Wand entdeckte. »Mir ist langweilig«, erklärte sie einem großen, immer noch feuchten und wahrscheinlich permanenten Flecken auf dem beigefarbenen Teppich.
    Das war das Problem mit dem Morden. Es machte süchtig. Wie Marihuana, dachte sie und wühlte in den Sofakissen nach der Plastiktüte mit frisch gedrehten Joints, die sie vorhin dort hatte liegen lassen. »Da bist du ja, du kleiner Teufel«, sagte sie lachend, steckte sich den fettesten Joint aus der Tüte in den Mund und schlurfte in die Küche, wo sie ihn an der Zündflamme des Gasherds anzündete. Sie inhalierte tief, schluckte den meisten Rauch und blies den Rest in einer Folge perfekter Kringel wieder aus. Den Trick hatte ihr Großvater ihr beigebracht, allerdings mit normalen Zigaretten, etwa zur selben Zeit, als er aufgehört hatte, sie auf seinen Knien reiten zu lassen, und stattdessen angefangen hatte, seine Hand in ihr Höschen zu schieben.
    Oder vielleicht hatte er das auch nicht getan, dachte sie. Vielleicht hatte ihre Großmutter recht, und sie war bloß ein dummes, kleines Mädchen, das sich das Ganze nur ausgedacht hatte. »Irgendwas stimmt nicht mit dem Kind«, hatte ihre Großmutter ihrer Mutter eines Abends zugeflüstert. »Ich glaube, sie braucht professionelle Hilfe.«
    »Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht«, sang sie, während die Ringe aufstiegen und wie winzige Heiligenscheine über ihrem Kopf schwebten. »Also ehrlich«, brüllte sie im nächsten Augenblick und drehte sich frustriert im Kreis, »wie kann jemand keinen Fernseher haben?« Sie hätten den Apparat von dem Paar in den Berkshires mitbringen sollen, anstatt ihn zu versetzen. Aber wer konnte auch ahnen, dass sie ein Ferienhaus ohne Fernseher erwischen würden? »Wer hat denn keinen Fernseher, verdammt noch mal?«
    »Wir haben ein Radio«, hatte Stuart Laufer gesagt.
    »Ja. Toll!« Sie paffte wütend an dem Joint und rauchte ihn bis zu Ende, drückte ihn auf dem Küchentresen aus, wo er einen kleinen, kreisrunden Fleck auf dem Laminat hinterließ, und spürte, wie sich von ihrem Nacken ein angenehmer Glimmer ausbreitete, der sie wärmte wie ein Schal. Ihre Mutter würde ausflippen, wenn sie sie so sehen könnte, dachte sie lächelnd und fragte sich beiläufig, was ihre Mutter gerade machte, ob sie überhaupt wusste, dass sie weg war, ob die Frau irgendeine Ahnung hatte, wo sie steckte und was sie in den letzten Wochen getrieben hatte.
    Wenn nicht, würde sie es in Kürze erfahren.
    »Mir ist schon wieder langweilig«, verkündete sie den Wänden in einem leicht irren Singsang, während sie sich einen weiteren Joint nahm. Kenny würde wütend sein, dass sie nicht gewartet hatte, bis er zurück war. Er würde ihr vorwerfen, egoistisch zu sein. Aber na und? Was er tat, war schließlich auch nicht besser. So spät zu kommen, dann alleine wieder loszuziehen und ganz ohne sie zu morden. Ganz zu schweigen davon, dass sie ihn dabei ertappt hatte, wie er in dem Hotel neulich abends auf den Arsch der Kellnerin gestarrt hatte, als er dachte, sie würde es nicht sehen. Und dann hatte er angedeutet, sie könnten ja mal einen Dreier probieren, als ob ihm der Gedanke gerade erst gekommen wäre. »Ich bin nicht dumm«, sagte sie laut und erinnerte sich plötzlich an Stuarts Computer. Vielleicht fand sich dort irgendwas, was sie sich angucken konnte. »Okay, mal sehen, was wir hier haben«, sagte sie, holte den Laptop vom Küchentresen, setzte sich im Schneidersitz auf das Sofa, schaltete den Rechner ein und wartete, bis er sich hochgefahren hatte und der Bildschirm in verschiedenen, hübschen Blautönen aufleuchtete. Sie verbrannte sich den Finger an dem Rest des Joints und zog ein letztes Mal daran. »Mal sehen, was ihr so für Mails kriegt«, sagte sie, drückte auf die entsprechenden Tasten und hoffte, dass man kein Passwort brauchte. »So ist’s brav, Ellen«, sagte sie, als eine beängstigend enthusiastische Stimme fröhlich verkündete: Sie haben Post . »Keine blöden Passwörter. Wahrscheinlich

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