Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)
dem hier?«
Wieder blitzte und donnerte es, diesmal fast gleichzeitig.
»Das sollte das Schlimmste gewesen sein«, sagte er.
»Und wie ist deine Mutter gestorben?«, fragte Brianne nach einer weiteren Minute. Sie konnten sich auch genauso gut unterhalten, dachte sie. Alles, was sie von ihrer Zwangslage ablenkte.
»An einer Überdosis.«
»Drogen? Wirklich?«
Er nickte und wandte sich ab.
Brianne fragte sich, ob er weinen würde, und bedauerte es schon, so gemein zu ihm gewesen zu sein. »Ein Unfall oder Absicht?«
»Man ist davon ausgegangen, dass es ein Unfall war.«
»Was soll das heißen, man ist davon ausgegangen ? Weiß man es nicht genau?«
»Es war schwer zu sagen. Sie hat ziemlich harte Sachen genommen. Heroin, Crack und solchen Dreck.«
»Sie war drogenabhängig?«
»Und eine Prostituierte.«
Verdammte Scheiße, dachte Brianne. Was zum Teufel machte sie mit diesem Typen. »Und was ist mit deinem Dad?«
»Das Letzte, was ich von ihm gehört habe, war, dass er in einem texanischen Knast verrottet.«
»Wow. Das ist echt krass.«
»Schon irgendwie.«
»Warum hast du mir vorher nichts von alldem erzählt?« Und warum hatte Sasha nichts davon gesagt ?
»Hätte das einen Unterschied gemacht.«
»Nein.« Wahrscheinlich . »Natürlich nicht.« Definitiv .
»Wir haben eigentlich nie viel geredet«, erinnerte er sie.
»Was hat er gemacht? Dein Vater, meine ich.«
Tyler murmelte etwas Unverständliches.
»Was?«
»Serienmörder«, sagte Tyler, und diesmal war er klar und deutlich zu verstehen.
»Was?!«
Ein Lächeln schlich sich in die Winkel seiner dunklen Augen.
»Du denkst dir das alles nur aus, oder, du krankes Stück Scheiße?«
Tyler lachte. »Tut mir leid. Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen. Du musst zugeben, dass du es geradezu drauf angelegt hast.«
»Und deine Mutter ist gar nicht tot?«
»Nein, sie war putzmunter, als ich sie zum letzten Mal gesehen habe.«
»Und dein Vater?«
»Nicht mal ein Strafzettel wegen zu schnellem Fahren, soweit ich weiß.«
»Wie konntest du mir das antun?«
»Immerhin hast du für ein paar Minuten aufgehört, rumzuzicken, oder?« Er lachte wieder und schlug mit der flachen Hand auf den feuchten Boden.
»Das ist nicht witzig. Gott, du bist echt so ein Schwachkopf.«
»Du hast es verdient. Als ob ich die Geschichte von Hänsel und Gretel nicht kennen würde. Ha! Du hättest dein Gesicht sehen sollen, als ich gesagt habe, mein Vater wäre ein Serienmörder. Dafür hat sich der ganze beschissene Abend gelohnt.«
»Weißt du was? Ich hab genug von dir. Hau einfach ab, okay? Such dir ein Loch, in das du mit den anderen Ratten kriechen kannst.«
Tyler stemmte sich auf die Füße. »Meinetwegen. Ich hab selbst auch mehr als genug von dir.« Er zögerte.
»Na, dann geh. Worauf wartest du noch?«
»Keine Sorge. Ich bin ja schon weg. Fang bloß nicht an zu plärren, dass ich zurückkommen soll.«
»Bestimmt nicht. Verschwinde.«
»Du klingst genau wie deine Mutter, weißt du das?«
»Gut. Das nehm ich als Kompliment.«
»Das würde ich nicht tun. Deine Mutter ist eine Hexe.«
»Meine Mutter ist keine Hexe. Wag es bloß nicht, so über meine Mutter zu reden.«
Er schüttelte den Kopf, Wasser tropfte aus seinen Haaren.
»Du bist verrückt.«
»Lass mich einfach in Ruhe.«
»Bist du sicher, dass du das willst?«
Brianne wandte sich kurz ab und sah Tyler wieder an. »Tut mir leid. Bist du noch da?« Sie wandte den Blick wieder ab. Als sie sich einen Moment später wieder umdrehte, war er verschwunden.
Was war verdammt noch mal mit ihr los, fragte Brianne sich und schlang die Arme um ihren Oberkörper. Was hatte sie sich dabei gedacht, Tyler einfach wegzuschicken? Sie hatte alles nur noch schlimmer gemacht: Sie war nach wie vor mitten in der Nacht im Wald und wusste nicht weiter. Nur dass sie jetzt auch noch alleine war. Okay, es hatte zumindest aufgehört zu regnen. Dafür waren die Moskitos in voller Stärke zurück. Schliefen die nie?
Sie fragte sich, wie spät es war, blickte auf ihre Uhr, konnte jedoch die Zeiger nicht erkennen. Tyler war seit schätzungsweise einer halben Stunde weg, das heißt, es musste mindestens drei, vielleicht sogar schon vier Uhr sein. Das bedeutete, in ein paar Stunden müsste es hell werden. Bis dahin sollte sie durchhalten können. Es sei denn, ein Tier erwischte sie, dachte sie schaudernd, lauschte auf verdächtige Geräusche und sah sich verstohlen über beide Schultern um.
Meine arme Mutter, dachte
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