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Das Herz Des Daemons

Das Herz Des Daemons

Titel: Das Herz Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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war, nachdem er mich im Ruthvens zurückgelassen hatte. Die ganze Zeit wiegte er sich mit mir schweigend hin und her. Auch als ich endlich geendet hatte, blieb er sitzen, die Arme fest um mich gelegt, sodass ich mir sicher war: Wenn ich ihn darum bat, würde er mich nie wieder loslassen.
    Ein Räuspern von der Tür her zerstörte meinen Traum. Adrien stand im Rahmen, eine bläulich weiße Masse auf den Haaren.
    »Uns läuft die Zeit davon, Bruder«, mahnte er.
    Widerstrebend nickte Julien. »Ja.«
    Einen Moment lang sah Adrien mich an, dann drehte er sich um und ließ uns wieder allein.
    »Was meint er damit?« Ich lehnte den Kopf wieder gegen seine Schulter, nicht bereit, ihn gehen zu lassen. Er schob die Hand unter mein Haar, streichelte meinen Nacken. »Mit etwas Glück haben wir eine Fiftyfifty-Chance, dass bisher nur Gérard weiß, dass ich nicht mehr in Dubai bin. Dass er es weiß, steht außer Frage, immerhin hat Bastien ihm ja offenbar angekündigt, dass er Adrien und mich nach Marseille zurückbringen wird. Aber spätestens wenn der Pilot seines Jets sich bei ihm meldet, weil Bastien nicht zum vereinbarten Zeitpunkt in Millinocket aufgetaucht ist und er ihn nicht erreichen kann, wird Gérard sich denken, dass die Sache nicht nach Plan gelaufen ist, und etwas unternehmen. Und es kann gut sein, dass er, einfach um die Schlinge um uns enger zu ziehen, die Fürsten darüber informiert, dass ich entgegen ihrem Urteil Dubai verlassen habe. Selbst wenn er das Ganze nur als »Verdacht« äußert: Die Fürsten werden es mit absoluter Sicherheit überprüfen. Und bis dahin muss ich wieder in Dubai sein. Ansonsten eröffnet auch der Rat die Jagd. Ich muss also sehen, dass ich heute noch einen Flug bekomme.««
    Plötzlich brannten Tränen in meinen Augen. Ich barg mein Gesicht fester an seiner Schulter. »Das heißt, du gehst fort«, flüsterte ich in sein Hemd.
    Julien erstarrte eine Sekunde, dann hielt er mich von sich weg, um mir ins Gesicht zu sehen. »Nein, wie ... großer Gott, verzeih mir. Ich meinte nicht, dass ich wieder in Dubai sein muss, sondern nur, dass Julien DuCranier wieder dort sein muss. - Adrien geht an meiner Stelle. Wir tauschen endgültig die Rollen.« Er nahm mich wieder in die Arme. »Es tut mir leid, dass ich dich erschreckt habe. Das wollte ich nicht. Natürlich bleibe ich bei dir. Daran kann nichts etwas ändern. Gar nichts! Niemals!«
    Ich schloss die Augen. Julien ging nicht fort. Erleichtert lehnte ich mich an ihn. Alles war gut. Meinetwegen konnte die Welt untergehen, solange er nur bei mir war.
    Seine Hand strich meinen Rücken auf und ab.
    »Ich muss Adriens Flug buchen, Dawn«, sagte er nach einem Moment in mein Haar. Er war schon im Begriff, mich von seinem Schoß zu heben, als ich ihn aufhielt.
    »Bastien hat gesagt, du seist der >Kidamon< ...«
    »Kideimon«, korrigierte Julien mich. In seiner Stimme war das Seufzen nicht zu überhören.
    Ich hob den Kopf von seiner Schulter, doch noch bevor ich mehr sagen konnte, legte er mir die Fingerspitzen auf die Lippen.
    »Keine Fragen, Dawn. Bitte. Nicht dazu. Niemals«, bat er bestimmt.
    Das bedeutete, er würde mir garantiert auch nicht sagen, was es mit diesem »Blut« auf sich hatte. Ergeben nickte ich. Wenn ich von Julien nichts erfuhr, gab es jetzt ja noch jemanden, den ich fragen konnte. Ich hoffte nur, dass di Uldere nicht allzu wütend auf mich war, weil ich mein Versprechen gebrochen und aus dem Ruthvens davongelaufen war.
    Julien lehnte seine Stirn an meine. »Danke«, murmelte er.
    Ich biss mir auf die Lippe. Plötzlich kam ich mir schäbig vor. Er vertraute mir, dass ich seine Bitte respektierte, und ich plante, hinter seinem Rücken weiter Fragen zu stellen.
    Julien schob mich endgültig neben sich auf das Sofa und stand auf. Er war schon halb aus der Tür, als er sich noch einmal umdrehte. »Ich würde Adrien gerne den Kodex mitgeben, den Vlad dir überlassen hat. Er kennt sich mit solchen Dingen besser aus als ich. Die Chance, dass er eine Lösung für unser Problem findet, ist großer. - Bist du damit einverstanden?«
    Einen Moment zögerte ich, nickte dann aber. Nach jener ersten Nacht war Julien nicht noch einmal dazu gekommen, sich mit dem alten Text zu befassen. Er lag seitdem wohlverwahrt in seinem Zimmer. Auch wenn ich mir nicht sicher war, ob Adrien mir würde helfen wollen: Seinem Bruder würde er helfen wollen. Hoffte ich.

    Abschiede

    »Wenn sie noch einmal den Kopf schüttelt, dreh ich ihr den Hals um.« Julien

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