Das Herz Des Daemons
sie kurz, bevor wir die restlichen Stuten zum ersten Stock hinaufstiegen.
Im Bad legte ich einen Stapel Handtücher auf dem Badewannenrand bereit, dann teilten wir uns das Waschbecken. Kate erschrak sichtlich beim Anblick des dunkel unterlaufenen Streifens, dendas Seil an ihrem Hals hinterlassen hatte.
Wir halfen einander, die Spuren dieser Nacht an uns zu beseitigen. Dieses Mal war ich es, die ihr - aus dem Augenwinkel oder im Spiegel - kurze Blicke zuwarf. Kate war hübsch und, wie es schien, zwei, vielleicht drei Jahre älter als ich. Aber eigentlich war da eine ganz andere Frage, die mich beschäftigte: Was war zwischen ihr und Adrien? War es wie bei Julien und mir? Dass sie Adrien genug bedeutete, um ihn mit ihrem Leben erpressbar zu machen, war klar. Aber wie stand sie zu ihm?
Als Blut und Dreck von uns herunter waren, gingen wir in mein Zimmer hinüber. Das Seidenkleid lag noch immer achtlos hingeworfen auf meinem Bett. Mein Magen zog sich zusammen. Erst vor ein paar Stunden hatte ich es getragen. Damals war die Welt - zumindest für meine Verhältnisse - noch weitestgehend in Ordnung gewesen. Und jetzt? Jetzt waren mein Freund und sein Bruder dabei, wusste der Hirnmel wie viele Leichen aus einer Lagerhalle bei den Docks verschwinden zu lassen, und Bastien d'Orane, der Adoptivsohn des Fürsten von Marseille, war tot. KATASTROPHE traf es meines Erachtens nicht mehr ganz. Wenn ich an die möglichen Konsequenzen dachte, wurde mir übel. Deshalb verdrängte ich den Gedanken hastig und öffnete meinen Schrank. Endlich war es zu etwas gut, dass mein Großvater deutlich zu viel Geld hatte und einen guten Teildavon in meine neue Garderobe gesteckt hatte. Zum Glück hatten wir ungefähr die gleiche Größe. Ich hätte Kate zweimal neu einkleiden können - wenn sie es zugelassen hätte.
Doch nachdem ihre Sachen nicht ganz so sehr gelitten hatten wie meine, suchten wir für sie nur einen Pullover heraus. Meinen Jeans war es - mal ganz abgesehen von den Blutflecken - nicht so gut bekommen, dass Bastien mich hinter sich her über den Betonboden der Halle geschleift hatte. Vielleicht war ich auch irgendwo hängen geblieben, ohne es zu bemerken, zumindest
hatten
sie
über
dem
Knie
einen
unübersehbaren Riss.
Für eine gute halbe Stunde waren wir einfach zwei junge Frauen, die sich über Klamotten unterhielten und etwas zum Anziehen aus einem gut gefüllten Kleiderschrank heraussuchten. Aber als wir in die Küche hinuntergingen, holte uns das Schweigen wieder ein. Ich setzte den mit Wasser gefüllten Flötenkessel auf die Herdplatte und suchte dann meine Teevorräte heraus, während Kate zwei Tassen aus dem Schrank nahm, nachdem ich ihr gesagt hatte, wo sie sie finden konnte. Da sie mir die Entscheidung überließ, würde es einen Kiwi-Vanille-Tee geben. Bis ich Zucker und Löffel auf den Tisch geräumt hatte, kochte das Wasser.
Schließlich saßen wir einander am Küchentisch gegenüber, jede eine dampfende Tasse Tee vor sich. Schweigend. Draußen war es noch immer dunkel. Ich starrte aus dem Fenster und wünschte mir Julien herbei. Bis Kate die Stille irgendwann brach.
»Der Tee schmeckt gut.«
»Danke.« Was sollte ich sonst darauf antworten?
»Das Haus ist schon. Es ist schon etwas älter, oder?«
»Ja. Ich hatte mich vom ersten Augenblick in es verliebt. Es hat eine ganze Zeit leer gestanden. Mein Großonkel hat es renovieren lassen.«
Sie sah von ihrer Tasse auf und musterte mich. »Bist du wie sie?«
Ich schluckte. Was hätte ich nicht darum gegeben, Ja sagen zu können. Wenn es so wäre, hätten sich die meisten meiner Probleme mit einem Schlag gelost. Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich ...« Wie viel durfte sie überhaupt über Lamia und Vampire wissen? Was hatte Adrien ihr erzählt? Nachdem sie noch nicht einmal seinen richtigen Namen gekannt hatte, nicht viel. »Nein. Ich hin nicht wie sie.«
»Aber du liebst ihn.«
Ihn, Julien.
»Ja.« Aus ganzem Herzen.
»Ist das nicht ... Ich weiß nicht, gefährlich? Ich meine ... wenn er dich beißt ...«
»Julien würde mir niemals etwas tun. Im Gegenteil. Er hat mir schon mehr als ein Mal das Leben gerettet. Und er weigert sich sogar, mein Blut zu trinken.«
»Du hast es ihm angeboten?« Sie sah mich an, als zweifle sie an meinem Verstand.
»Mehrmals.«
Ihr Blick kehrte in die Tiefen ihrer Tasse zurück.
»Was weißt du über ihn?«, fragte sie nach einem Moment in die Stille hinein, die sich erneut zwischen uns niedergelassen hatte, »Ich
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