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Das Herz Des Daemons

Das Herz Des Daemons

Titel: Das Herz Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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gehabt hatte, was er Julien angetan hatte oder auch, dass dieser andere Lamia - oder Vampir? - mich auf dem Abbruchgelände beim Ruthvens als Snack hatte nehmen wollen, sagte ich ihr nichts. Und schalt mich selbst deshalb ein dummes Schaf. In Kate hatte ich endlich jemanden gefunden, bei dem ich nicht so tun musste, als sei mein Freund ein ganz normaler Mensch. Ein anderes weibliches
    Wesen,
    das
    obendrein,
    zumindest
    ansatzweise, mit dem gleichen Problem konfrontiert war: dass ein Vampir - beziehungsweise Lamia - ihr Leben auf den Kopf stellte. Und was tat ich? Ich traute mich nicht, mit ihr offen über alles zu reden. Weil ich einerseits nicht wusste, was sie überhaupt erfahren durfte, ohne dass ich sie am Ende doch irgendwie in Gefahr brachte, und andererseits fürchtete, dass sie vielleicht nichts mit Adrien zu tun haben wollte, wenn sie noch mehr über die dunklen Seiten dieser Lamia-und Vampirwelt erfuhr. - Obwohl Bastien ihr ja schon einen ziemlich guten Einblick verschafft hatte.
    Irgendwann wurde es vor dem Küchenfenster
    allmählich hell. Ich hatte uns noch einmal Tee aufgebrüht und in den Tiefen meiner Vorräte sogar eine Packung Kekse gefunden. Inzwischen wusste ich, dass Kate eigentlich aus Boston kam und in Darven Meadow die Katzen ihrer Granny sittete, die im Krankenhaus lag. Dass sie auf dem Rummel jobbte, der seit Generationen ihrer Familie gehörte, und dass sie im Frühjahr anfangen würde Tiermedizin zu studieren. Gerade war sie dabei, mir zu erzählen, was geschehen war, nachdem Adrien ihren Freund Stephen von dem Hochseil gerettet hatte, als draußen ein Auto vorfuhr. Sie verstummte mitten im Satz. Von einer Sekunde zur anderen saßen wir da, umklammerten unsere Tassen und lauschten. Für mehrere Augenblicke war nichts zu hören. Ich war schon im Begriff aufzustehen, um nachzusehen, wer da gekommen war, da verkündete ein schnell lauter werdendes Grollen, dass sich ein zweiter Wagen auf dem Zufahrtsweg näherte. Und diesen Motor kannte ich: die Corvette. Das Grollen erstarb. Eine Autotür schlug, gleich darauf eine zweite. Schritte, zuerst auf dem Kies, dann auf der Treppe. Ein Schlüssel schabte im Schloss der Eingangstür, Stimmen im Gang ...
    »... auf der rechten Seite. Zweite Schublade von oben.« Ich erkannte Julien. Ein Murmeln, das eigentlich nur von Adrien stammen konnte. »Ja.« Wieder Julien. Im nächsten Moment betrat er die Küche. Sein Blick glitt über Kate, die sich irgendwie angespannt und alarmiert zugleich umgewandt hatte. Dann sah er mich an.
    Mit einem Schlag war das Zittern wieder da. Mein Hals war zugeschnürt. Ich biss mir auf die Lippe, um das Wimmern zurückzuhalten, das meine Kehle hinaufwollte.
    »Kann ich dich kurz sprechen, Dawn?« Julien streckte mir die Hand entgegen. Er klang, als hätte ich keine andere Wahl. Es erstaunte mich selbst, dass meine Beine mich trugen, nachdem ich aufgestanden war. Behutsam nahm er mich am Arm, führte mich aus der Küche und den Korridor entlang ins hintere Wohnzimmer. Erst dort ließ er mich los. Unsicher schaute ich zu ihm auf. Seine Augen hatten wieder die Farbe von Quecksilber.
    »Was ist denn? - Wo ist Adrien?«
    »Nichts.« Beruhigend schüttelte er den Kopf. »Adrian ist im Bad.« Mit einem Finger schob er mir ein paar Strähnen hinters Ohr. An seinem Hals war von der Bisswunde nur noch eine schwach rote Narbe übrig. »Du sahst nur aus, als würdest du mir in der nächsten Sekunde zerbrechen. - Komm her.« Er zog mich an sich und ich verkroch mich an seine Brust, die Augen fest geschlossen, als könne ich so die Welt aussperren. Eine ganze Zeit standen wir mitten im Raum. Juliens Atem strich über mein Haar. Irgendwann nahm er mich auf die Arme, trug mich zum Sofa hinüber und setzte sich - mit mir auf dem Schoß. Nicht eine Sekunde ließ er mich los. Die Verletzung an seiner Seite waroffenbar ebenso verheilt wie die an seinem Hals, denner bewegte sich so mühelos wie immer. Hieß das, er und Adrien hatten getrunken, bevor sie zurückgekommen waren? Natürlich. Sonst würde er niemals zulassen, dass ich mich so eng an ihn schmiegte.
    »Lass es raus!«, sagte er leise, die Lippen für einen Moment an meiner Schläfe, ehe er meinen Kopf an seine Schulter lehnte. Ich konnte sein Kinn auf meinem Scheitel spüren. Die Handschellen lagen nicht mehr um seinen Arm.
    Es waren keine Tränen, die aus mir herausbrachen, sondern Worte. Julien hörte einfach nur zu, während ich ihm stockend, wie im Fieber, berichtete, was geschehen

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