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Das Herz Des Daemons

Das Herz Des Daemons

Titel: Das Herz Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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gefallen. Ich legte meinerseits die Hand gegen seine Wange. »Schau! Wieder warm.«
    Er hob eine Braue, legte seine Hand über meine und zog sie ein Stück nach vorn, um mir einen Kuss aut die Handfläche zu drücken.
    »In Ordnung. Überzeugt! - Aber trotzdem hast du mir einen fürchterlichen Schrecken eingejagt.« Sein Blick nahm Verlorener-Welpe-Qualitäten an. »Aber nachdem wir heute Abend ohnehin nichts vorhatten und ich mich gerne gleich näher mit diesem Kodex befassen würde, könntest du es dir doch trotzdem zusammen mit einer Decke und mir auf dem Sofa bequem machen?«
    Auch wenn mich schon sein Blick von der ersten Sekunde an vollkommen hilflos machte, gab es da einen zweiten Köder, den er äußerst geschickt eingesetzt hatte: sich selbst. Nur eine knappe Minute tat ich, als müsse
    ich
    angestrengt
    über
    seinen
    Vorschlag
    nachdenken, bevor ich zustimmte. Ich wurde nach oben geschickt, um mir etwas Bequemeres anzuziehen und eine Decke aus dem Schrank zu holen, wähnd Julien für ein heimeliges Feuer im Kamin sorgen wollte. Etwa fünf Minuten später kuschelte ich mich in Schlabberpulli, Jogginghosen und Wollsocken neben ihn, bettete meinen Kopf auf seinen Oberschenkel und ließ mir von ihm
    gnädig
    die
    Fernbedienung
    für
    den
    Flachbildfernsehen reichen, nachdem er es sich in der Sofaecke bequem gemacht hatte, den Kodex auf dem anderen Bein und Block und Stift neben sich auf der Lehne.
    Während ich mich den Rest des Abends müßig durch das Fernsehprogramm zappte und dabei mit halbem Ohr auf
    das
    Rascheln
    der
    Kodexseiten
    und
    dem
    gelegentlichen Kratzen von Juliens Stift lauschte, wurde ich zwei Gedanken nicht los: So wie er sich über den Ausweg aus dieser Falle gefreut hatte, musste es schlimmer sein, als ich zuvor geglaubt hatte. Und: Was, wenn das Ganze nicht nur ein Test für mich war, sondern auch für ihn? Als sie sich im Krankenhaus zum ersten Mal gegenüberstanden, hatte mein Großonkel ihm indirekt seine Unterstützung bezüglich »Marseille« in Aussicht gestellt. Wollte er herausfinden, ob auch Julien dieser Unterstützung überhaupt wert war?
    Das Reh wand sich unter seinen Händen. Das Blut in seinem Mund schmeckte dünn. Es milderte den Hunger, aber nicht die Gier. Im Gegenteil. Es fachte das Feuer in seinen Eingeweiden, seinen Adern nur noch mehr an. Dann war da ein Rascheln, eine Stimme, die einen Namen rief. »Ben?«
    Unvermittelt hing eine andere Witterung in der Luft, schwer, verlockend. Er hob den Kopf, drehte ihn zur Seite. Sie stand ganz nah den Blick fassungslos zwischen ihm und dem Reh am Boden. Langsam richtete er sich auf, plötzlich zitternd wie im Fieber; ohne sie aus den Augen zu lassen, geduckt, sprungbereit, ein lautloses Knurren in der Kehle. Sie war so nah, so nah ... starrte ihn mit dem gleichen Entsetzen an wie das Reh. Eine Bewegung, ein Keuchen, im nächsten Atemzug war er über ihr, zerrte sie an sich. Ein schrilles »Nein!« Er konnte sich in ihren aufgerissenen Augen sehen. Die Fänge! Der blutige Mund! Die schwarzen Augen! Und dann waren seine Zähne in ihrem Hals und ihr Blut in seinem Mund. - Und alles, was für ihn noch existierte, war die Gier. Nicht ihr Keuchen, ihre Schreie, das Zerren ihrer Fäuste an seiner Brust, ihr Entsetzen, das sich falsch anfühlte; nur die Süße ihres Blutes, das heiß
    seinen Schlund hinunterrann und die Qual in seinen Eingeweiden linderte. Mit jedem Schluck mehr. Und dann stockte ihr Herzschlag. Und sein Verstand setzte wieder ein. Falsch! So sollte es nicht sein. Er riss den Mund von ihrem Hals. Schlaff lag sie in seinem Arm. Irgendwann war er mit ihr auf die Knie gesunken. Eben ließen ihre Finger sein Hemd los, schlug ihre Hand schwer auf den Waldboden. Ihre Augen waren geschlossen, die bleichen Lippen einen winzigen Spalt geöffnet. Benommen sah er auf sie hinab. Großer Gott, was hatte er getan? Seine Hand zitterte, als er sie ihr vor Mund und Nase hielt. Erleichterung durchflutete ihn, sie atmete noch. Aus den beiden kleinen Löchern in ihrem Hals sickerte noch immer Blut. Ohne nachzudenken, leckte er darüber, noch einmal, als er sah, dass das Sickern endete, die Wunden sich schlossen, noch einmal, nur zur Sicherheit. Er war ein kranker Freakl Ein Monster! Sein Hemd war noch mehr zerrissen. Sie hatte gekämpft ... Es war falsch, dass sie Angst gehabt hatte; falsch, dass er ihr Schmerz zugefügt hatte; falsch, vollkommen falsch. Vorsichtig legte er die Fingerspitzen an ihren Hals. Das Feuer in seinem Innern war

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