Das Herz des Eisplaneten
half Sinead, die Hunde abzulernen und ihre Pfoten zu überprüfen, um sie dann einzeln anzubinden. Als nächstes schwang Sinead sich den Rucksack auf den Rücken, der Yana während der Fahrt als Kissen gedient hatte. Sie überreichte ihr einen zweiten, kleineren Rucksack. Dann nahm sie ein längliches Bündel aus dem Schlitten, aus dem sie drei Lanzen mit scharfen, spitzen Metallenden auswickelte, sowie eine weitere mit gefährlich aussehenden Widerhaken, die für Yana aussah wie eine Harpune. Bei den Waffen lagen außerdem zwei Beutel und ein großes, Y-förmiges Gerät, das sie als kräftige Steinschleuder identifizierte.
»Schon mal eins von diesen Dingern benutzt?« fragte Sinead und reichte ihr die Schleuder.
»Ich habe den größten Teil meiner Kindheit unter Schutzkuppeln zugebracht, wo man so etwas nur mißbilligt hätte«, erwiderte Yana und prüfte die Schwere des Griffs in der Hand sowie die Nachgiebigkeit der Zuggummis.
Sinead stieß ein Schnauben aus. »Sie halten es in der Hand, als wüßten Sie es trotzdem.«
Yana grinste. »Man lernt eben dazu.« Sie nahm den Beutel mit kleinen Steinen entgegen, den Sinead ihr reichte. »Was ist in dem anderen? Ihre eigene Schleuder?«
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Sinead hob den Beutel auf. »Eine Variante davon – zueinander passende Steine, die an langen Schnüren befestigt sind. Man versetzt sie in gegenläufige Kreisbewegungen. Hat man genügend Schubkraft, wirbelt man sie über dem Kopf, dann läßt man sie fahren, damit sie sich um die Beine der Beute wickeln.«
»So etwas habe ich schon ab und zu mal gesehen.«
Nachdem sie ihren Rucksack aufgenommen und gerichtet hatte, ging Sinead in den Schuppen und kehrte mit zwei Paar Schneeschuhen zurück, von denen sie Yana eins reichte. Sie kniete nieder, um sie anzulegen, dann waren beide bereit. Sinead ging voraus in den dichten Wald, der von der gerade aufgehenden Sonne nur schwach erhellt wurde.
Nachdem sie Yanas Schätzung nach etwa eine halbe Stunde lang gegangen waren, hielt Sinead an, um sich neben einem dichten grünen Strauch niederzuknien. Sie schob das Laubwerk beiseite und holte das merkwürdigste Korbgeflecht hervor, das Yana je gesehen hatte. Das schmalere Ende war in sich verdreht. Es enthielt zwei graubepelzte langohrige Tiere.
»Danke, Freunde«, murmelte Sinead, dann drehte sie ihnen mit einer geschickten Bewegung ihrer kräftigen, handschuhbewehrten Hände die Hälse um.
Yana erschrak. »Waren die etwa noch gar nicht tot?« fragte sie, mehr von dieser Tatsache überrascht als von Sineads schneller Tötung.
Sinead zuckte mit den Schultern. »Sie sind gekommen, um zu sterben.« Sie summte vor sich hin, während sie mit schnellen Bewegungen ein Stück Kordel aus einer Jackentasche holte, die Hinterläufe damit fesselte und sie an einem aus ihrem Rucksack hervorragenden Haken hängte.
Dann gab sie unter fortgesetztem, seltsamem Summen eine Handvoll Kugeln in die merkwürdig geformte Falle und stellte sie wieder unter den Strauch. Inzwischen hatte Yana begriffen, daß die Falle die Lebewesen durch den raffiniert einwärts gestülpten Hals einließ, der jedoch keine Flucht mehr zuließ. Wie eine Reuse, in die die Fische zwar hinein -, aus der sie aber nicht wieder herauskamen.
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»Sie fangen sie nicht tot?« fragte Yana, als Sinead schließlich verstummt war. Sie hatte das leise Gefühl, daß Sinead eine Art rituelles Requiem vor sich hingesummt hatte.
Sinead schüttelte den Kopf. »Nein, wir fangen sie lebend. Das ist unsere Art. Aber das bedeutet auch, daß ich alle drei, vier Tage die Fallen ablaufen muß, sonst würden sie auch noch verhungern.«
Yana schüttelte überrascht den Kopf. »Haben Sie nicht gesagt, daß es eine gute Zeit zum Sterben sei? Haben die Hasen dort auf Sie gewartet, damit sie sie töten?«
»Sieht so aus.« Dann stand Sinead wieder auf und hielt sich erneut nach links.
Mittlerweile hatten sie schon zehn ähnliche Fallen geleert, und Yana trug nun auch einen Teil der Beute, als Sinead ihr mit einer Handbewegung bedeutete, leiser aufzutreten, während sie sich auf ein Dickicht zustahl. Dort teilte sie die Äste so vorsichtig, daß nur wenige Schneeflocken abfielen, dann wies sie Yana mit einem Handzeichen an, auf die kleine Lichtung zu blicken. Dort stand ein dunkelbraunes Rentier auf drei Beinen, das vierte war am Knie gebrochen und hing in einem seltsam wirkenden Winkel herab. Das Tier hatte sich an den umgebenden Sträuchern gütlich getan, und dort, wo es auf der Suche nach
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