Das Herz des Eisplaneten
»Hören Sie, die Einheimischen akzeptieren mich weitaus mehr als Sie, Giancarlo oder sonst jemanden. Damit bin ich wohl am besten geeignet, diese Operation so zu organisieren, daß es weder den Einheimischen noch dem Planeten abträglich ist.«
Torkel gewährte ihr sein gewinnendes Lächeln, das sie jedoch inzwischen als irritierend, selbstzufrieden und herablassend empfand.
»Yana, nun kommen Sie mal wieder auf den Teppich! Uns gehört dieser Planet, und die Einheimischen sind rechtlich gesehen nichts als Angestellte. Außerdem finde ich, daß Sie sich hier, wenn Sie den Ausdruck entschuldigen wollen, auf ziemlich dünnem Eis bewegen.
Bieten Sie sich tatsächlich für diesen Job an, oder sind Sie vielleicht in Wirklichkeit auf die Seite der Leute übergewechselt, die Sie doch eigentlich untersuchen sollten?«
»Warum müssen das denn unbedingt gegensätzliche Seiten sein?«
entgegnete Yana und beugte sich vor, zwang ihn, Blickkontakt mit ihr herzustellen. »Wenn dies ein Firmenplanet ist und seine Bewohner Firmenangestellte sind, warum interessiert sich denn die Firma überhaupt nicht für sein Potential, das über das Gewöhnliche hinausgeht? Möglicherweise haben wir es hier mit etwas völlig Neuem zu tun, Torkel. Etwas, das auch nützlich wäre, ohne die
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Kosten der Terranisierung eines Planeten mit sich zu bringen.« Sie merkte sofort, daß sie mit dem Stichwort ›Kosten‹ ins Schwarze getroffen hatte, und es war auch nicht zu übersehen, daß ihn der Gedanke an etwas ›völlig Neues‹ nachdenklich machte. »Auf jeden Fall müssen wir eine Evakuierung oder auch nur die Versetzung eines einzigen Petaybee-Bewohners so lange verschieben, bis wir eine Möglichkeit gefunden haben, ihre Abhängigkeit von diesem Planeten irgendwie zu kompensieren.«
»Frischluft, Eiseskälte und keine Mikroben, die ihr defektes Immunsystem angreifen.« Torkel zuckte mit den Schultern. »Das dürfte nicht so schwierig sein.«
»Wenn es nur das wäre«, erwiderte Yana düster. »Ich spreche ja nur von dem, was ich bisher weiß. Bitte seien Sie vorsichtig.«
»Oh, wir sind durchaus vorsichtig. Da Sie sich schon solche Sorgen machen, wird es Sie freuen zu erfahren, daß auch mein Vater alle Ereignisse hier verfolgt hat, und auch er hat den Obduktionsbericht dieser Maloney gelesen. Da er die kurze Evolution dieses Planeten besser versteht als jeder andere, hat er sich dazu entschieden, persönlich eine Untersuchung zu leiten, um jede Möglichkeit einer Fehlentwicklung dieses Planeten auszuschließen. Typisch Papa –
wenn er etwas ist, dann gewissenhaft. Und nichts macht ihm mehr Freude als ein neues wissenschaftliches Rätsel. Was mich anbelangt, ich bin da eher ein schlichtes, praktisch denkendes Gemüt. Ich glaube, daß sich das alles auf ziemlich unkomplizierte Ursachen zurückführen lassen wird.«
Es klopfte an der Tür. Torkel stand auf und schritt hinüber, trat in den Gang hinaus, wo er einige Worte sprach, dann öffnete er die Tür noch ein Stück.
Draußen stand Giancarlo zusammen mit Terce, dem
Schnokelfahrer. Torkel zuckte mit den Schultern.
»Es tut mit leid, Yana. Und ich bin auch sehr enttäuscht, Ihnen dies sagen zu müssen. Aber Terce hier bestätigt Giancarlos Verdacht, daß Sie insgeheim einen Pakt mit den Guerilleros eingegangen sind und die Firma verraten haben. Ich fürchte, daß wir Sie zur Befragung einbehalten müssen.«
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»Torkel…« begann Yana. »Hauptmann Fiske. Dieser junge Mann gehört zu den Ver…«
»Eingedenk unserer Unterhaltung werde ich dafür sorgen, daß die Untersuchung so lange wie möglich hier auf Petaybee stattfindet, aber es könnte sich als erforderlich erweisen, Sie in eine technisch besser ausgestattete Einrichtung zu verbringen.«
Sie stand auf und machte auf dem Absatz kehrt, verkniff sich die Bemerkung, daß eine Entfernung von dem Planeten ihr
wahrscheinlich kaum so viel Schaden zufügen würde wie den Bewohnern Petaybees.
Giancarlo sah sie böse an, als sie an ihm vorbeiging. Sie hielt den Blick geradeaus gerichtet. Er preßte ihr die Hand auf die Schulter, damit sie innehielt. Seine Miene war feindselig.
»Wir suchen auch nach Dr. Shongili, Majorin Maddock. Sie könnten sich eine zusätzliche Anklage wegen Behinderung der Ermittlungen ersparen, wenn Sie uns mitteilten, wo er zu finden sein könnte.«
Yana sagte nichts.
Bunny Rourkes Schnokel stellte fast das Wichtigste in ihrem Leben dar, auch wenn es ihr nicht gehörte, dennoch zuckte
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