Das Herz des Highlanders: Roman (German Edition)
zur Tür.
»Nein«, sagte Grey, und seine Stimme klang, als spräche er mit ihr, nicht mit Ian, an den sich seine Worte richteten. »Grace und ich werden das allein machen.«
Sie stellte fest, dass sie bis jetzt unbewusst den Atem angehalten hatte, pustete aus und nahm den Telefonhörer. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie die Nummer von Ellen Bigelow gar nicht kannte.
»Das Telefonbuch liegt direkt darunter«, sagte Grey unvermittelt, ganz dicht hinter ihr.
Grace wusste, dass sie sich nur nach hinten zu lehnen brauchte, und sie würde ihn berühren. Mit einem Mal bekam sie Bedenken wegen ihres Plans. Etwas tief in ihrem Inneren
signalisierte ihr, dass sie damit entweder das Klügste oder das Dümmste wagen würde, was sie je getan hatte.
Sie brauchte keine Wissenschaftlerin zu sein, um zu wissen, dass Grey und sie etwas verband, das absolut nichts mit reiner Freundschaft zu tun hatte. Noch konnte sie einen Rückzieher machen.
»Hast du’s dir anders überlegt?«, ertönte seine tiefe Stimme nah an ihrem Ohr.
Sie starrte den Telefonhörer in ihrer Hand an. »Nein«, sagte sie, schloss die Augen und spürte, wie seine Wärme von ihr Besitz nahm.
»Gut«, sagte er leise, und sein Atem strich weich an ihrer Wange entlang. »Es wird dir nicht Leid tun.«
Es tat ihr schon jetzt Leid.
Grace schaute reglos an den hypnotisch wirkenden Scheibenwischern vorbei, ohne die Skipiste so recht wahrzunehmen, die draußen langsam vorüberzog. Sie war ganz auf den Mann konzentriert, der schweigend neben ihr saß und geschickt das Fahrzeug über den steilen Hang hinaufsteuerte. Damit brachte er sie immer näher zu …
»Erinnerst du dich an mein Versprechen, das ich dir vor drei Tagen auf dem Berg gegeben habe?«, fragte er leise, aber doch klar genug, um das Dröhnen der Maschine zu übertönen. »Gleich nachdem ich den Piloten gefunden hatte, als du Angst vor mir hattest?«
Sie wandte den Kopf und sah ihn an. »Du hast gesagt, du würdest mir niemals wehtun.«
Er nickte, seine Aufmerksamkeit nach wie vor dem Fahren zugewandt. »Genau. Aber du glaubst mir trotzdem nicht recht, stimmt’s?«
»Das hängt davon ab«, sagte sie und rückte sich in ihrem Sitz so zurecht, dass sie ihn besser ansehen konnte. »Du warst
ein Fremder für mich, und ich muss zugeben, dass du mir Angst gemacht hast. Ich war allein mit einem Mann, der am liebsten auf etwas einschlagen wollte.«
Sie lächelte ihm zu, als er sie aus dem Augenwinkel kurz ansah. »Doch jetzt, wo ich dich besser kenne, weiß ich, dass du mir körperlich nie wehtun würdest.«
»Aha«, sagte er und nickte, den Blick auf die Spur vor sich gerichtet. »Was ist es dann, dass du so sehr vor mir auf der Hut bist? Hast du vielleicht Angst, ich könnte deinem Herzen wehtun?«
»An so etwas Ähnliches hatte ich allerdings gedacht«, gab sie zu.
»Das beweist mir, dass du die Anziehung zwischen uns genauso spürst wie ich.« Er wandte ihr den Kopf und seine ganze Aufmerksamkeit zu. »Und das ist deine eigentliche Angst. Es ist dir unheimlich, was zwischen uns geschieht. Und du hast Bedenken bei der Tatsache, dass du dich von jemandem wie mir angezogen fühlst, stimmt’s, Grace?«
»Jemandem wie dir? Was meinst du damit?«, fragte sie, erschreckt nicht nur darüber, dass er ihre Gedanken so genau lesen konnte, sondern auch darüber, dass er offensichtlich zu glauben schien, ihm fehle irgendetwas.
Er schien über ihre Frage nachzudenken, während er wieder auf die Strecke schaute und die Schneeraupe über einen besonders schwierigen Abschnitt und dann über den letzten Hang nach oben lenkte. Sie konnte vor ihnen im Regen gerade noch die Form der Gipfelhütte erkennen.
»Ich denke, mangels einer besseren Bezeichnung könnten wir es meine ›Primitivität‹ nennen«, sagte er schließlich. Er sah sie wieder mit seinen undurchdringlichen grünen Augen an. »Du arbeitest zusammen mit modernen, zivilisierten Männern, deren Verstand ins Weltall hinausblickt und dort die Zukunft sieht, stimmt doch, oder? Das ist die Welt, in der du
gelebt hast, seit du Pine Creek verlassen hast. Die Männer, die du kennst, tragen Anzüge und essen zu Abend in Restaurants, in denen es Weinflaschen gibt, die eintausend Dollar das Stück kosten.«
»Und was willst du damit ausdrücken?«, fragte sie und fing an, defensiv zu werden. Er ließ ihre Welt klingen, als wäre sie nicht mehr als ein Theaterstück, kein wirkliches Leben.
»Du verabredest dich mit solchen Männern«, fuhr er fort, ohne
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