Das Herz des Ritters
schrille, nachdrückliche Stimme verriet ihre eigene Unsicherheit, die aufsteigende Panik, die seine Worte in ihr auslösten.
Es war eine Vermutung, die sie nie selbst gewagt hatte, auszusprechen. Nicht einmal, als man sie zur Strafe in die feuchte Zelle in Masyaf sperrte, ein Ort, der so tief und dunkel unter den Eingeweiden der Festung lag, dass niemand sie hätte hören können, selbst wenn sie es herausgeschrien hätte. Sie hatte nie gewagt, die Frage nach ihrer Mutter laut zu stellen, ganz sicher nicht ihrem Vater. Niemandem.
Aber sie hatte oft darüber nachgedacht.
Sie hatte jedes Mal daran gedacht, wenn sie ihre Haut in der Sonne entblößte und Allah darum bat, sie zu heilen. Sie hatte in den Fängen ihrer Albträume daran gedacht, selbst hier in dieser Kammer, vor wenigen Momenten. Doch es war ihr stets gelungen, die Frage zu verdrängen, ihre vagen Vermutungen durch eifrige Ehrerbietung zu leugnen, ihre Bereitschaft, sich zu opfern – für ihren Vater und ihren Clan. Als sie ihre eigene Vermutung nun aus Sebastians Mund hörte, weckte dies eine solch tiefe Furcht in ihr, dass es ihr den Atem raubte.
»Ich bin Sarazenin«, flüsterte sie nachdrücklich, um es sich selbst glauben zu machen. »Ich bin in jeder Weise, die von Bedeutung ist, Sarazenin: in meinem Herzen, meiner Seele. Meinem Glauben.« Zu ihrem Kummer entrang sich ein Schluchzen ihrer Kehle, die wie zugeschnürt war. »Verstehst du das denn nicht? Dieses Leben ist alles, was ich kenne. Alles, was ich habe.«
»Nein.« Sebastian trat auf sie zu und ergriff ihre Hand. »Ganz und gar nicht, Mylady. Nur wenn du dir es so erwählst.«
Zahirah blickte in seine ernsten Augen, deren Blick fest auf sie gerichtet war, als er ihre Hand ergriff und sie behutsam in seine Arme zog. Warm und fest drückte sich seine Brust an ihren nackten Busen; seine rauen Brusthaare kitzelten die empfindsamen Spitzen. Er fuhr mit dem Finger über ihre Wangen und ihr Kinn, während er sie mit Blicken ebenso liebkoste wie mit seinen Händen.
Dann beugte er sich zu ihr herab und küsste sie. »Ich liebe dich«, flüsterte er und ließ seine Lippen über die ihren streifen. »Mir ist es völlig gleich, ob du braun oder weiß bist. Mir ist egal, ob du Engländerin, Sarazenin oder halb das eine, halb das andere bist. Selbst wenn du nicht von dieser Welt wärst, würde es mich nicht kümmern. Ich liebe dich, Zahirah.«
Sie schloss die Augen. Erleichterung, Gram und ein alles überwältigendes Glücksgefühl überfluteten sie gleichermaßen, als sie seine kostbaren Worte vernahm. Sie wusste, dass er es aufrichtig meinte, und dass er sie mit all ihren Fehlern und Makeln so akzeptierte, wie sie war, beschämte sie ebenso sehr, wie es sie mit Glück erfüllte. Nie hatte jemand ihr seine Liebe erklärt, niemals hatte sie selbst solch eine starke Liebe verspürt. Und nie war ihr so deutlich bewusst gewesen, wie sehr sie sich danach gesehnt hatte – bis jetzt.
Tränen brannten hinter ihren Lidern und in ihrer Kehle. »Oh, Sebastian … ich hab solche Angst.«
»Das musst du nicht«, versicherte er ihr. »Du brauchst keine Angst mehr zu haben, Mylady. Niemals wieder.«
Er ging vor ihr in die Knie, liebkoste ihre Brüste mit den Händen, mit dem Mund, zog eine Spur Küsse über das Farbenspiel ihrer Haut bis hinunter zu den intimen Stellen, die weder gebräunt noch blass waren. Unter den Augen Gottes und dem ungerührten Blick der aufgehenden Sonne kniete er zu ihren Füßen und erkundete jeden Zoll ihres Körpers, brachte all ihre Leidenschaft, all ihre Wonne ans Licht.
Und dann, als sie vor Verlangen schier zu zerfließen drohte und sich in den Wogen der Lust verlor, zog er sie zu sich hinunter auf den Teppich, auf seinen Schoß, um ihr seine ganze Liebe zu beweisen. Er entführte sie in ungeahnte Höhen der Ekstase, die fortan nie wieder von erstickender Dunkelheit überschattet werden würden.
23
Seit mehr als einer Woche waren sie nun zurück in Askalon, und Zahirah hatte die grenzenlose Wärme von Sebastians Liebe kennengelernt. Er hatte ihr etwas Wunderbares geschenkt, eine Freiheit, die ihre Seele in den Himmel schweben ließ. Allein bei seinem Anblick verspürte sie Freude, und die Vorstellung, dass er der Ihre war, seine bewundernden Blicke zu spüren, seine Berührungen, die sinnlichen Liebkosungen seines herrlichen Körpers zu erfahren, erfüllte sie mit purer Glückseligkeit. Und wenn er nicht bei ihr war, weil er Aufgaben für seinen König in der Stadt oder
Weitere Kostenlose Bücher