Das Herz des Ritters
sie ganz zu Asche zerfiel, schwang Zahirah die Beine über die Bettkante. Aufseufzend tat es Sebastian ihr gleich. Während sie sich anzog, schlenderte er barfuß zur Tür und hieß einen Dienstboten, ihnen das Morgenmahl zu bringen.
Auf schwachen Beinen und mit schwerem Herzen begab sich Zahirah zur Waschschüssel und erledigte ihre morgendliche Reinigung, dann rollte sie den Gebetsteppich aus, kniete darauf nieder und begann mit den rituellen Lobpreisungen für den Allerhöchsten. An diesem Tag jedoch war es nur eine Farce, kaum mehr als ein Ausführen der gewohnten Bewegungen, denn sie konnte sich nicht auf die Worte konzentrieren. Hastig beendete sie das letzte Gebet, genau in dem Moment, als es an der Tür klopfte.
»Maimoun ist heute schnell«, sagte Sebastian, als sie überrascht aufschaute. Er schlüpfte in eine lange Tunika und ging zur Tür, um den Dienstboten einzulassen.
Doch nicht Maimoun stand vor der Tür, sondern Logan. Er trug ein Kettenhemd, hatte sich den Helm unter den Arm geklemmt und sein Breitschwert um die Hüften geschnallt.
»Wohin willst du denn so früh am Morgen?«, fragte Sebastian und trat zur Seite, um seinen Freund einzulassen.
»Nicht nur ich, mein Freund, auch du. Soeben habe ich den Befehl des Königs erhalten.«
Zahirah schluckte schwer. Bei Allah, ihr Verrat nahm seinen Lauf.
Sie stand auf, als Logan ins Zimmer trat und ihr höflich grüßend zunickte. »Der König hat von den Templern Informationen über Saladin erhalten«, sagte er zu Sebastian. »Ihre Spione behaupten, dass der Sultan öffentliche Brunnen vergiften ließe, um den Vormarsch auf Jerusalem zu erschweren. Löwenherz will, dass ein Spähtrupp für ihn die Situation vor Ort unter Augenschein nimmt.«
»Wozu? Vertraut er den Informationen nicht, die er erhalten hat?«, fragte Sebastian in argwöhnischem Ton, während er Bruche und Hose anlegte und die Bänder schnürte.
»Das weiß ich nicht, mein Freund. Alles, was ich weiß, ist, dass der König sich nicht wohlfühlt und noch im Bett weilt. Den Befehl habe ich von einem seiner Leibgardisten erhalten.« Logan bedachte ihn mit einem skeptischen Blick. »Ich weiß nur, was man mir gesagt hat, und das habe ich dir erzählt. Der König will einen Bericht, und er will, dass du und ich den Spähtrupp anführen. Wir sollen unverzüglich aufbrechen.«
»Hat man dir gesagt, wie weit wir für diesen Bericht reiten sollen?«
Logan nickte. »Nach Norden, bis nach Jaffa.«
»Allmächtiger«, fluchte Sebastian. »Das ist gut und gerne ein Tagesritt.«
Logan gab ein zustimmendes Knurren von sich und sah ebenso wenig begeistert aus wie Sebastian. In der Tür erschien Maimoun mit einem Tablett, auf dem Datteln, Orangen und Brot hergerichtet waren. Ehe der Dienstbote die Speisen abstellen konnte, griff sich der stämmige Ritter eine Handvoll Datteln und steckte sich eine der saftigen Früchte in den Mund. »Ich hab heute Morgen noch nichts gegessen«, erklärte er mit vollem Mund.
Sebastian nahm seinen Gambeson von einem T-förmigen Gestell neben dem Bett und schlüpfte in die gepolsterte Lederweste. Dann bückte er sich zur untersten Ablage, auf der sein schweres Kettenhemd lag, und legte es sich über den Arm. »Bedauerlicherweise ruft die Pflicht, Mylady«, sagte er zu Zahirah. Er trat zu ihr und legte eine Hand an ihre Wange. »Ich komme so schnell wie möglich zurück.«
Zu aufgewühlt für Worte, nickte Zahirah schwach. Alles ging viel zu schnell. Nun, da er gehen musste, wollte sie die Hand nach ihm ausstrecken und ihn aufhalten, ihn bitten, bei ihr zu bleiben. Sie sehnte sich danach, ihm zu gestehen, was sie ihm verschwieg, und betete darum, dass er ihr verzeihen möge, hoffte, mit seiner Hilfe einen Weg aus diesem Labyrinth aus Lügen und Zerstörung zu finden. Doch dann hörte sie erneut die Stimme ihres Vaters in ihren Ohren, die drohte, Sebastian ermorden zu lassen, wenn sie versagte. Und so biss sie sich auf die Zunge und ballte die Fäuste, um nicht der Versuchung zu erliegen, ihn aufzuhalten.
Sebastian gab ihr einen flüchtigen Abschiedskuss, und als sie dieses letzte Geschenk seiner Zuneigung entgegennahm, kam sie sich heimtückisch wie eine Schlange vor. Ein Gefühl, das auch nicht wich, als sie zusah, wie er nach Schwert und Wehrgehänge griff und mit Logan die Kammer verließ.
In dem großen Hof vor dem Palast sattelten bereits vier Knappen die Pferde und füllten die Satteltaschen mit Vorräten, die Sebastian, Logan und die beiden anderen Männer,
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