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Das Herz des Ritters

Das Herz des Ritters

Titel: Das Herz des Ritters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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Zahirahs Bruder zu folgen, um festzustellen, ob der Lump ebenso bereitwillig die Faust gegen einen Mann erheben würde wie gegen eine wehrlose Frau. Logan hegte offenbar ähnliche Gedanken, denn als Halim an ihm vorbeistolzierte, versetzte der stämmige Schotte ihm einen Stoß mit der Schulter, wohl in der Hoffnung, dass der Sarazene ihn beleidigte und ihm damit einen Grund gab, ihm vor dem Palast eine Lektion zu erteilen. Doch leider schluckte Halim den Köder nicht. Er trat lediglich einen Schritt von Logan weg und schritt, nach einem letzten Blick auf Sebastian, durch den Korridor davon.
    Froh, ihn los zu sein, wandte Sebastian seine Aufmerksamkeit Zahirah zu. »Seid Ihr wohlauf?«, fragte er.
    Ohne ihn anzusehen, nickte sie leicht. Er hatte erwartet, sie würde sich hilflos und schutzbedürftig wie ein verirrtes Kätzchen fühlen und in Tränen ausbrechen. Er hätte es verstanden und Mitgefühl gezeigt. Doch Zahirah wirkte weder furchtvoll noch niedergeschlagen, sondern gefasst und ruhig. Sie hielt den Blick gesenkt und die Hände zu Fäusten geballt an den Seiten. Ihre Haltung glich kaum der eines kläglich maunzenden Kätzchens, das gerettet werden musste. Vielmehr ähnelte sie einer Tigerin, die sich still darauf vorbereitete, den nächsten Angriff abzuwehren.
    Womöglich aber überlegte sie auch, ob sie zuerst angreifen sollte, schoss es ihm seltsamerweise unvermittelt durch den Kopf.
    »Habt Dank«, sagte sie und nahm den zerrissenen Seidenschleier entgegen, den er aufgehoben hatte und ihr hinhielt.
    Dabei sah sie hoch und gönnte ihm einen ersten Blick auf ihr unverhülltes Gesicht. Bereits verschleiert hatte sie ihn bezaubert, doch als er nun ihre ganze faszinierende Schönheit gewahrte, konnte er sie nur sprachlos anblicken. Sie kam ihm vor wie eine von der Sonne geküsste Göttin; ihre Haut schimmerte in einem warmen Honigton und war so makellos ebenmäßig wie die Seide, die ihr Gesicht so sorgsam vor den hungrigen Blicken der Männer geschützt hatte. Ihre hohen Wangenknochen waren von einer leichten Röte überzogen, ihr Kinn zart gerundet, und ihre schmale, gerade Nase, die in perfekt ausgewogenem Kontrast zu ihren sinnlichen, vollen Lippen stand, verlieh ihr das majestätische Aussehen einer Königin. Ihre großen, lebhaften Augen, über die sich fein geschwungene Brauen zogen, hatten ihn schon seit ihrer ersten Begegnung betört. Nun aber, betont durch die unverschleierte, hinreißende Schönheit ihrer Züge, entfalteten sie eine solch fesselnde Magie, dass es ihm schier den Atem raubte.
    Ihr Bruder täuschte sich, wenn er glaubte, er hätte ein hübsches Sümmchen auf dem Sklavenmarkt für sie bekommen. Er hätte weiß Gott ein Vermögen mit ihr erzielen können.
    Erst als sich ihre Blicke trafen, wurde Sebastian bewusst, wie unverfroren er sie anstarrte. Hatte sie seine taktlose, unverhohlene Bewunderung bemerkt? Vielleicht sorgte sie sich, dass man sie in die Sklaverei verkaufte – oder Schlimmeres. Zwar zuckte sie nicht mit der Wimper, doch versteckt in den Tiefen ihrer quecksilberfarbenen Augen entdeckte Sebastian einen Schimmer von Unsicherheit. Beim nächsten Herzschlag schon war er verschwunden, weggewischt von langen schwarzen Wimpern. Vielleicht war es Absicht, dass sie einen Schritt zurücktrat.
    »Abdul«, rief Sebastian. »Bring Lady Zahirah zurück in ihre Kammer. Sie hat in den vergangenen Stunden viel Aufregung ertragen müssen. Zweifellos wünscht sie sich nun ein wenig Ruhe, um sich zu sammeln.«
    Der Diener verneigte sich und bat Zahirah höflich, mit ihm zu kommen. Ohne ein weiteres Wort oder einen letzten Blick auf Sebastian folgte sie ihm mit gesenktem Kopf aus dem Garten.
    Als sie mit Abdul den Korridor entlangging, stieß Logan sich von dem Torbogen ab, ging hinüber zu dem mit Speisen beladenen Tisch und nahm sich eine Handvoll Trauben, die er stumm zu verspeisen begann. Immer länger zog sich sein aufreibendes Schweigen hin, und schließlich hielt Sebastian es nicht mehr aus.
    »Ich weiß, was du denkst«, sagte er trocken. »Es war ein Fehler, die Frau überhaupt hierherzubringen. Ich hätte jemanden auf dem Markt mit der Versorgung ihrer Verletzung beauftragen sollen. Welcher Narr bringt eine unbegleitete muslimische Frau schon in ein christliches Heerlager?«
    »Eigentlich«, sagte der schottische Leutnant grinsend und steckte sich eine weitere dicke Traube in den Mund, »dachte ich, es könne dir nur guttun, wenn du dich um das Wohl einer Schutzbefohlenen kümmern

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