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Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
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Michaelas weiche Hand und flüsterte ihr tröstende Worte zu, während sie gemeinsam warteten.
    Grausamer, grausamer Tod. Silvia hatte diese Augenblicke immer gehasst. Nicht nur, weil es so herzzerreißend war, wenn ein Leben endete, sondern auch wegen des kleinen beschämenden Anfluges von Gier, der immer in ihr aufstieg. Die Notwendigkeit, dass jemand sterben musste, damit sie leben konnte. Sofern man ihre Existenz »Leben« nennen konnte.
    Doch nie hatte sie den Tod mehr gehasst als hier und jetzt. Noch nie hatte sie ihn so verzweifelt verwünscht. »Nimm mich«, flehte sie. »Lass mich an ihrer Stelle sterben.«
    Da fing Michaela an zu reden. Ihre Worte waren kaum hörbar, aber dennoch überraschend. »Ich habe einen Feuerstein in meinem Besitz. Den von Aemilia. Sie hat ihn mir gegeben, zur Aufbewahrung, in jener Nacht, als wir aus dem brennenden Tempel flohen. Pontifex hat es irgendwie herausgefunden und mir einen Drohbrief geschickt. Ich sollte ihn … hierherbringen. Und jemand würde mich treffen und …« Sie lachte, ein rauher, gurgelnder Laut.
    Silvia biss die Zähne zusammen, und ihr Zorn auf Pontifex wallte erneut hoch bei dieser Bestätigung, dass er hinter dem Angriff des Ogers steckte. Sie versuchte, sich wieder zu beruhigen, um das zu sein, was Michaela nun von ihr brauchte. Später war immer noch Zeit für Wut. Unzählige Male hatte sie über die Jahre hinweg die letzten Worte, die Sehnsüchte, die Reue und die Wünsche der Sterbenden gehört. Doch nie hatte sie sich ausgemalt, dass sie dieses Ritual eines Tages mit ihrer liebsten Freundin begehen würde!
    »Ich habe nicht geglaubt, dass Pontifex’ Handlanger mir Schaden zufügen würde …«, fuhr Michaela fort. »Aber er hatte die ganze Zeit über geplant, mich zu töten. Wie dumm war ich doch, hierherzukommen. Du warst immer die Klügere von uns. Schönheit und Köpfchen. Pontifex sagte, wir beide zusammengenommen würden eine unglaubliche Frau ergeben.« Sie lachte – ein leises, hysterisches Geräusch.
    Silvia hatte ihn etwas Derartiges nie sagen hören, aber sie erwiderte nichts. »Es ist in Ordnung. Nichts davon ist wichtig.«
    Tränen sammelten sich in Michaelas Augenwinkeln und rannen ihr in das wirre Haar.
    »Ich will nicht sterben … oh, ihr lieben Götter … nicht, jetzt, da ich meine Liebe gefunden habe.« Sie schluckte schwer. »Bastian.«
    »Meine liebe Kayla«, flüsterte Silvia tröstend und strich ihr eine dunkle Locke aus der glatten Stirn. Der Tod war nahe. Sie fühlte es. Sie erkannte die Zeichen.
    Michaela schloss die Augen; ihre Miene war plötzlich ohne Hoffnung, als sie zu akzeptieren schien, dass alles für sie verloren war. »Nimmst du mich … als Wirt?«
    Silvia nickte; der Kloß, der in ihrem Hals steckte, machte es ihr unmöglich, zu sprechen. Oh, Michaela, wie soll ich weiterleben, wenn du nicht mehr da bist? Sie versuchte, ruhig zu klingen, als sie sich zwang, das zu sagen, was sie zu all den anderen gesagt hatte, denen sie in ähnlichen Situationen begegnet war. »Wenn es etwas gibt, das du in deiner Welt unerledigt zurücklässt, dann sage es mir, und ich …« Ein tiefes Schluchzen entrang sich ihrer Kehle, doch sie zwang sich dazu, fortzufahren. »Und ich schwöre, ich werde dafür sorgen, dass es getan wird.« Die Worte kamen ihr so leicht über die Lippen, als habe sie sie schon Hunderte Male ausgesprochen. Und in der Tat, das hatte sie.
    Doch diesmal war es anders. Das hier war Michaela . Die starb! Alle Höllen! Wie sollte sie das nur ertragen? Sie unterdrückte ein weiteres Schluchzen.
    Michaelas Augen öffneten sich wieder, und ihre trockenen Lippen bewegten sich. Silvia beugte sich zu ihr vor und wartete feierlich darauf, ihren letzten Wunsch zu vernehmen.
    Und sie hörte ihn, ein leises, schockierendes Flüstern. »Ich will, dass du … mit Bastian schläfst … heute Nacht, an meiner Stelle … lass ihn glauben, du wärst ich«, krächzte Michaela. »Ich will, dass du dich ihm hingibst. Und sage ihm, ich – du – sage ihm, dass ich ihn liebe.«
    Silvia starrte sie schockiert an, zu verblüfft, um etwas erwidern zu können. Heute Nacht war Vollmond! Während der Rufnacht mit Bastian zu schlafen, das würde weit mehr bedeuten, als sich ihm nur ein Mal hinzugeben. Es war wohlbekannt, dass die Satyrn sich in jenen Nächten von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang fleischlichen Genüssen hingaben. Ohne es zu bemerken, begann sie, den Kopf zu schütteln.
    Michaela packte sie mit überraschender

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